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von wegen früher war alles besser. Hermann GrabherЧитать онлайн книгу.

von wegen früher war alles besser - Hermann Grabher


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schwammen - ein schönes Schauspiel. Alles hatte jedoch seine Tücken. Einmal in jeder Stunde schritt er zu seinen Aquarien, grub kleine Würmer aus einem geheimnisvollen Erdpott, zerhackte diese mit seinem Taschenmesser auf einem Holzbrettchen als wären die Tierchen Schnittlauch und streifte die noch immer zappelnde Masse mit den Fingern in eines der Aquarien. Dann klappte er in einer Art Ritual das Taschenmesser langsam zu und lief anschliessend eiligen Schrittes zurück zu seinem Pult vorne im Zimmer. Dabei putzte er im Verbeigehen bei einem der Mädchen – immer kam ein anderes Kind an die Reihe - seine Wurm-Finger in deren Haaren ab. Je mehr die Mädchen kreischten, umso mehr Freude empfand er. Und auch die meisten der Buben hatten ihren Spass dabei und lachten mit. Ich lachte nie, im Gegenteil! Ich fand sein Verhalten krank. Sein Leibspruch war (leider viel zu oft gehört): «Keine Bange, Würmer sind sehr reinliche Tiere!»

      In der dritten Klasse der Sekundarschule erhielten alle Klassen neue Lehrer zugeteilt, auch unsere. Einer der Lehrer war Professor H., ein katholischer Geistlicher. Ausser Religionsunterricht erteilte er erstaunlicherweise auch weltliche Fächer wie Deutsch, Geschichte und Französisch. In den Fünfzigerjahren war noch kein Priestermangel zu spüren, sodass man sich solcher Art Luxus anscheinend leisten konnte. Der Professor sprach schnell und leise. Er hatte die Eigenart hinter fast jedem Satz ein «nicht wahr» anzufügen, was nervte. In der Klasse meines Bruders Werner wirkte Professor H. als Klassenlehrer, war somit ein Hauptlehrer mit vielen Lektionen. Unter diesen Umständen war sein stereotypes «nicht wahr» fast nicht auszuhalten. Ein Kollege von Werner mit Namen Schöner wollte es einmal wissen und machte bei jedem «nicht wahr» einen Strich auf einen Zettel, so ähnlich wie beim Jassen. Schöner war ein humorvolles und intelligentes Bürschchen, aber – entgegen nomen est omen – mit eher wenig attraktivem Äusseren. Er war dicklich und leicht gebeugt, seine Augenlider drohten unablässig nach unten zu fallen, sodass er seinen Kopf stets in einer eigenartigen Position nach oben recken musste, um aus den untersten Schlitzen gucken zu können. Beim vierundfünfzigsten Strich fragte der Professor: «Was machst Du da, Schöner? Die Stunde ist zum Lernen da, nicht für Allotria, nicht wahr!» Wieder machte Schöner einen Strich, den fünfundfünfzigsten in dieser Stunde. Keine Antwort des Schülers. Der Professor: «Aber ich möchte gerne wissen, was Du machst, Schöner, nicht wahr!» Wieder ein Strich, aber erneut keine Antwort. Der Professor wurde wütend: «Es ist mein Recht zu wissen, was Du tust, Schöner, nicht wahr!» Strich. In diesem Moment dämmerte es dem Lehrer und er verharrte eine Minute in Schockstarre, vielleicht ähnlich der Salzsäule in Lod am Toten Meer. Von diesem Augenblick an fiel das «nicht wahr» kein einziges Mal mehr. Eine sehr erstaunliche Konzentrationsleistung des Professors.

      Unsere neu zuständige Lehrperson in Deutsch und Französisch war nun Y, ein dicker Mann von etwa fünfzig Jahren, der zwar während einer Lektion nie rauchte, dafür die restliche Zeit ohne Pause. Dabei benützte er stets ein sehr langes Filtermundstück, was seinem Rauchen eine gewisse Eleganz und Lässigkeit im Stil eines Dandys verlieh. Die negativen Folgen seines Rauchens waren monumentale Hustenanfälle, an denen er manchmal fast zu ersticken drohte. Y war gepflegt, hatte volle, leicht gewellte Haare. Er trug schöne, weit geschnittene Anzüge der damaligen Mode entsprechend, die wohl das Ziel hatten, seine Fettleibigkeit zu verbergen. Seine Krawatten waren auffallend attraktiv, vermutlich von ziemlich edler Qualität (was ich damals allerdings überhaupt nicht beurteilen konnte). Zuhause hatte Y eine junge Frau und mehrere kleine Kinder, wie die bösen Buben in der Klasse mit höhnischem Zwischenton berichteten – ein viel zu alter, viel zu dicker Vater, wurde befunden! Y war zu den jungen Mädchen in der Klasse ganz besonders lieb, aber auch zu uns Buben nicht unfreundlich. Unsere Klassenkameradinnen liebten allerdings die Zuneigung des Lehrers augenfällig überhaupt nicht. Die Mädchen sassen im Block vorne auf der linken Seite, die Buben im Block auf der rechten Seite. Die bösen Buben der Klasse besetzten in corpore die vordersten Reihen. Sie fielen durch laute Zwischenbemerkungen und gemeinsame Lachsalven auf. In seinen Deutsch- und Französisch-Lektionen rief der Lehrer jeweils einen Schüler oder eine Schülerin auf, einen Text aus dem Buch vorzulesen. Wenn Mädchen an der Reihe waren, erhob sich Y nicht selten von seinem Stuhl und stellte sich hinter das grosse Kind. Seine Hand griff dann von hinten über die Schulter des Mädchens nach unten in Richtung Pultplatte, sein Zeigfinger wies auf die Zeile, die zu lesen war. Dabei streifte die Hand des Lehrers offensichtlich zufällig die Brust des Mädchens. Natürlich ist mit fünfzehn nicht jede Mädchenbrust identisch weit entwickelt, weshalb die bösen Buben zwischen Herzlichen und Herzlosen unterschieden. Lehrer Y schien sich diesbezüglich bevorzugt mit Herzlichen zu befassen, was unter den gegebenen Umständen nachvollziehbar schien. In diesen Fällen reckten die bösen Buben die Hälse und ihre Frage war wiederkehrend: Hatte Y nun eine Beule vorne in der Hose bekommen oder nicht. Man konnte dies als reine Wahrheit betrachten oder aber als Bubenfantasie abtun, dem Alter der Jungs entsprechend. Ich persönlich kann gar nichts bezeugen, weil mein Platz viel zu weit hinten war. Da ich den bösen Buben in der Klasse grundsätzlich nicht traute und vieles, was aus ihren Mündern kam, nicht goutierte und ohnehin das meiste nicht glaubte, zuckte ich auch in diesem Fall mit der Achsel. Just in einer solchen Situation machte es PLOP und ein grosser Knopf von vier Zentimeter Durchmesser hüpfte zwischen den vordersten Bänken und dem Lehrerpult auf den Boden. Ein Schüler aus der ersten Reihe stürzte sich aus seiner Bank und hob den Knopf auf, streckte diesen in die Höhe, so als wäre er eine einzigartige Trophäe. Die bösen Buben lachten: „Solch gigantische Knöpfe hat er vorne rum am Hosenladen, damit alles gut zusammenhält!“ Aber natürlich stammte der Knopf nicht von der Hose des Lehrers, sondern von seinem Wintermantel, der am Kleiderhaken hing und dort zufällig abgefallen war.

      Der Lehrer Doktor Z war möglicherweise ein Genie in Physik und Chemie, aber sicher nicht als Erzieher. Er sonnte sich in seinem offensichtlich überragenden Wissen und dieses verlieh ihm anscheinend das Recht, seine absolut ignoranten Schüler systematisch zur Schnecke zu machen. Die Lektionen von Z waren für jeden Schüler eine Tortur und echt, ich hätte mir manchmal lieber einen Zahn ohne Narkose ziehen lassen wollen, als die quälende Physik- oder Chemie-Stunde ableiden zu müssen. Dieser Lehrer plagte eigentlich jeden Schüler, die ganze Klasse, wobei er fortwährend ausrief, wie idiotisch die heutige Jugend sei, er müsse jedes Jahr einen noch dümmeren Jahrgang ertragen, der zu überhaupt nichts fähig sei. Wie habe er sich nur ein solches Leben verdient, in dem er sich mit einer solch gewaltigen Ansammlung von Trotteln und Idioten Tag für Tag herumschlagen müsse. Er fragte sich, fortwährend mit sich selbst gestikulierend, wohin diese Katastrophe wohl führen werde…? Halt eben zum Niedergang des Abendlandes, nichts anderes könne man erwarten! Immer wieder griff er Schüler physisch und in Worten an. Zu einem sagte er: „Der Sieber der wird Zimmermann, das sieht man seinem Grinde an!“ Und in der Tat machte der Sieber schliesslich eine Lehre als Zimmermann. Der arme Kerl war offensichtlich von Z so paralysiert, dass er es wohl beinahe als schicksalhaft betrachtete, den Zimmermanns-Beruf erlernen zu müssen.

      Auch ich musste einmal einen Übergriff dieses Sadisten Doktor Z über mich ergehen lassen. Es war nach einer Pause und die Schüler waren wieder an ihren Plätzen in Erwartung einer Physiklektion. Aber es ging nicht los, weil Z fehlte. Das Physik-Zimmer war nach hinten ansteigend, sodass jeder bei Chemie- oder Physik-Versuchen eine gute Sicht nach vorne hatte. Der Klassenraum war in direkter Verbindung zum Lehrerzimmer, in dem die Lehrpersonen ihre Pausen verbrachten. Mein persönlicher Platz in diesem Zimmer war vorne links, was in diesem Fall höchst unvorteilhaft war. Unvermittelt stürmte Doktor Z in seinem wallenden weissen Kittel von hinten ins Klassenzimmer, wütend, schreiend, die Hände verwerfend, beschwerte er sich über uns, diese Saubande… OK, es war vielleicht etwas laut, aber da sassen ja keine Mönche und Klosterfrauen in den Exerzitien, sondern normale, lebhafte Schüler von 15 Jahren. Unvermittelt schlug der Lehrer mir von hinten seine Faust mit dem dominanten Siegelring an den Hinterkopf, sodass ich blutüberströmt vom Stuhl fiel. Ich war nicht der Lauteste der Klasse, sondern ich hatte nur das Pech, an der exponiertesten Stelle zu sitzen, exakt in der Reichweite seiner Faust. Er wollte mich bestimmt auch nicht persönlich strafen. Ich war zufällig als sein Blitzableiter auserkoren und musste sozusagen als Opferlamm der Schulklasse herhalten. Ich rappelte mich auf, versuchte mit meinem Taschentuch das Blut zurück zu halten, was nur mässig gelang. In kürzester Zeit war ich übervoll von Blut, das munter weiter sprudelte. Es war nicht der Schmerz, der mir zusetzte, sondern die Ungerechtigkeit, die mir widerfahren war. Wortlos packte ich meine Sachen in die Tasche und schickte mich an, den Raum zu verlassen. In der Klasse


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