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Die Kreuzfahrer - milites diaboli. Jens - Uwe NebauerЧитать онлайн книгу.

Die Kreuzfahrer - milites diaboli - Jens - Uwe Nebauer


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immerhin noch zu beinahe Dreivierteln gefülltes Fass des zwar sauren, aber doch trinkbaren Tropfens hatten die Brüder bei ihrem letzten Beutezug aus dem Keller eines Pfarrhauses mitgehen lassen, ungeachtet der heftigen Proteste seines früheren Besitzers. Da die Gegend um die Burg Gleichen von dem unersättlichen Heer der Belagerer bereits bis zur Gänze ausgesogen worden war, hatten sie für diesen seltenen Fang schon bis an den Rand des im Süden emporwachsenden Waldgebirges reiten müssen, was aber ihrer Freude über die gewonnene Beute keinen Abbruch tat.

      „Was denkt ihr? Wann wird der Kaiser stürmen lassen?“, warf ein kleingewachsener Mann mit zotteligem Bart und kleinen, in Fettpolstern schwimmenden Kugelaugen in die Runde, während er den Würfelbecher schüttelte.

      „Hast wohl Angst, Rudolf, dass du es die Leiter nicht hinauf schaffst“, spöttelte Gunthard von Falkenburg, ein drahtiger Aschblonder, der seinem noch spärlichen Bartwuchs zufolge, bestenfalls Anfang der Zwanzig sein mochte und schon etwas angetrunken war. „So eine Mauer besteigt sich viel weniger einfach als das fette Trossweib, hinter dem du seit Beginn der Belagerung her schnüffelst.“

      Mit einer heftigen Bewegung knallte der Rudolf genannte Mann den Becher auf den Tisch. „Was weißt du Naseweis schon vom Besteigen einer Burgmauer, geschweige denn von dem eines lüsternen Weibes! Riech du erst mal überall dahin, wo ich schon hingefurzt habe, bevor du dich mit Erwachsenen anlegst, kleiner Falkenburger.“

      Er hob den Becher und seine Augen funkelten in hämischer Freude. „Einmal die Fünf, einmal die Sechs! Macht zusammen elf“, lachte er und strich die auf dem Tisch liegenden Münzen mit einer schnellen Handbewegung ein.

      Sie spielten „Doppelte Sechs mit Glück“, eine vereinfachte Abart der bekannten Zwölferjagd, ein Spiel, bei dem man der hohen Einsätze wegen, schnell eine beachtliche Summe verlieren konnte, wenn man nicht höllisch aufpasste.

      Gunthard ärgerte der erneute Verlust des Geldes sichtlich und er legte nach: „Wie viel musst du deinem schwabbligem Trampel eigentlich dafür bezahlen, dass sie dich auf sich erträgt und dich nicht so abwirft, wie neulich dein alter Klappergaul!“

      „Das „neulich“ ist bereits mehr als zwei Jahre her und lag nur daran, dass den Braunen eine Bremse gestochen hat“, entgegnete Rudolf, der seiner geringen Größe wegen von den anderen meist „Winzling“ oder auch „Winzel“ genannt wurde. „Und was die Bertha, meine kleine, griffige Metze angeht, so kann ich dir flüstern, dass du froh sein könntest, wenn dich so ein richtiges Weib wie sie, mal ordentlich rannehmen würde, du Milchbart!“

      „Seid friedlich, ihr beiden“, erklang es von der hinteren Längsseite des Tisches, an dem Heinrich von Spatenburg, ein Kriegsmann mit blonden, glatten Haaren und grauen Augen, auf einem Schemel hockte. „Unter Nachbarn sollte man sich nicht streiten. Habt ihr übrigens schon gehört, dass man uns in Franken und Schwaben jetzt Ritter nennt?!“

      „So so, Ritter also“, wiederholte Gottfried, der ältere Bruder Gunthards, gedehnt. „Ich meine …“

      „Uns?“, fiel ihm da der erfolglose Würfelspieler mit schwerer Zunge ins Wort. „Wen meinst du damit, Heinrich?“

      „Na uns eben“, entgegnete der Gefragte mit einer alle Insassen des Zeltes umfassenden Geste. „Alle Miles wie mich und Rudolf, dich und Gottfried und wie unsere Vettern Lothar und Dietmar.“ Er wies auf die beiden anderen noch mit am Tisch sitzenden Männer, die sowohl durch ihre roten Haare als auch durch ihre Schweigsamkeit auffielen. „Wir alle, die wir freigeborene, zu Pferde streitende Kriegsleute sind, tragen seid Neuesten die ehrenvolle Bezeichnung „Ritter“.“

      „Was Ritter?“, schnauzte Gunthard. „Was wir alle? Wir, die Falkenburger, sind edelfreie, auf unserem eigenen Besitz hausende Herren, und ihr seid nichts weiter als Ministerialen; Dienstleute des Bischofs von Mainz, die eine seiner vielen Burgen verwalten. Ihr seid uns - Ritter hin oder her - niemals ebenbürtig!“

      „Und ihr“, fuhr Rudolf von Spatenburg auf, „seid nichts weiter als törichte Schwätzer und Eselsficker!“

      Wie von einer Natter gebissen schnellte Gunthard in die Höhe und riss sein Kurzschwert aus der Scheide. „Na warte, du fettes Schwein, dich will ich Mores lehren!“

      „Schluss!“, brüllte Gottfried und stieß seinen jüngeren Bruder unsanft auf die Bank zurück. „Seid ihr verrückt geworden? Was soll dieser Unfug! Wenn euch der Wein oder das Würfelspiel zu Kopfe steigen, dann lasst gefälligst die Finger von beidem!“

      Die Spatenburger standen auf und sofort erhoben sich auch ihre rothaarigen Vettern Lothar und Dietmar. „Wir gehen“, erklärte Heinrich in eiskaltem Ton. „Aber das lasst euch gesagt sein, die heute ausgesprochenen Beleidigungen werden wir euch niemals vergessen.“

      „Dann geht doch“, rief Gunthard den Hinausgehenden mit holpriger Zunge hinterher, „ihr könnt sowieso nichts anderes, als beim Würfeln bescheißen.“

      „War das nötig?“, fuhr Gottfried seinen Bruder an, nachdem die anderen Vier das Zelt verlassen hatten „Musstest du uns die Spatenburger mit Macht zu Feinden machen!“

      „Ach, die kriegen sich schon wieder ein“, brummte Gunthard und ging schwankend zu seinem Lager. „Und wenn nicht - was schert es mich.“

      Er ließ sich schwer auf sein Bärenfell fallen und nur wenig später zeugte ein lautes Schnarchen davon, dass er eingeschlafen war.

      *

      Der kommende Vormittag fand das Lager der Kaiserlichen in emsiger Bewegung. Bewaffnet und in voller Rüstung kamen die Krieger aus ihren Zelten und sammelten sich am Fuße des Burgberges in mehreren Haufen. Hörner gellten und hell schmetterten Trompeten.

      Über den von eisernen Helmen und ledernen Hauben bedeckten Köpfen der Männer schwankten lange Leitern und mit Fellen bezogene Schutzdächer. Speerspitzen blitzten und die metallischen Beschläge an den Schilden und Schwertscheiden flimmerten. Farbige Wimpel hingen träge an den Lanzenschäften herab.

      Eine Gruppe von zwanzig Fußknechten schleppte einen dicken, grob angespitzten Baumstamm heran, der als Rammbock zum Eindrücken des Burgtores verwendet werden sollte.

      Da der Burgberg im Süden und Westen vom Wasser eines großen Sees umspült wurde, ordneten der Kaiser und seine Bischöfe das Heer auf dem freien Feld nördlich der Veste. Sobald die erste Kolonne bereit war, setzte sie sich in Marsch und stieg den schmalen Burgstieg hinauf. Ein zweiter Haufen von wenigstens vierhundert Kriegern, der sich wie der Erste aus Bogenschützen, Fußkriegern und abgesessenen Reitern zusammensetzte, folgte in geringem Abstand, ein Dritter blieb am Fuße des Burgbergs als Reserve zurück. Eine Truppe von Leichtbewaffneten kletterte unterdessen den abschüssigen Berghang im Osten hinauf.

      Gottfried und Gunthard von Falkenburg waren dem Banner des Bischofs Liemar von Bremen zugeteilt, das an der Spitze der zweiten Sturmkolonne mit dem Aufstieg begann. Die Brüder trugen spitzkeglige Helme mit breiter Nasenschiene und mit eisernen Plättchen und großen Nieten verstärkte Rindslederpanzer. An ihren Gürteln hing neben dem langen - „Spatha“ genannten - Schlachtschwert, auch der kurze Sax, die berüchtigte Waffe, die dem Stamm der Sachsen seinen Namen gegeben hatte. Über den linken Arm gezogen, trugen sie die blattförmigen, normannischen Schilde, die mit einem Geflecht aus breiten Lederriemen bespannt waren.

      Nur wenige Schritte hinter den beiden liefen die Spatenburger, die ihre Nachbarn mit verächtlichen Blicken und eisigem Schweigen bedachten, als diese ihnen die Tageszeit boten.

      Der Aufstieg brachte die gerüsteten Männer trotz der kalten Novemberluft ordentlich ins Schwitzen. Rudolf, der dicke Winzel, keuchte und schnaufte wie ein Schmiedeblasebalg und auch der Bischof von Bremen, der den Haufen anführte, rang schwer nach Luft und musste einige Male erschöpft innehalten.

      Als sie sich den Mauern der Burg bis auf Bogenschussweite näherten, ließ der Kirchenfürst die Männer nach links ausschwärmen und sich in langen Reihen auf der abschüssigen Bergflanke verteilen.

      Mit in den Nacken gelegtem Kopf und zusammengekniffenen Augen betrachtete Gottfried von Falkenburg die dicht besetzten Wehrgänge über ihnen. Auch die Mienen


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