Rom kämpft um den Rhein. Walter KrügerЧитать онлайн книгу.
Haeduer und mit ihnen verbündeter Krieger verschiedener Stämme. Doch zog Caesar es vor, nach diesem Sieg das Land der Tiguriner weder zu besetzen noch zu unterwerfen. Er verzichtete auch auf Tribute und andere Verpflichtungen. Offensichtlich hatte er erkannt, dass nicht der Stamm gegen ihn kämpfte, sondern ein von dem Haeduer Dumnorix angeheuertes Söldnerheer. Es genügte ihm, diesen starken Stamm hinter dem Jura zu wissen und ihm sein Einflussgebiet an der Saône genommen zu haben, sofern man überhaupt davon sprechen kann.
Die Saône verlängert ab Lyon (Lugdunum) die von Nord nach Süd fließende Rhone entlang der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsachse Westeuropas. Zwischen den Stammesländern der Haeduer und Sequaner im Norden und der römischen Provinz Gallia Transalpina im Süden bestanden über diese Flüsse und über sie begleitende wichtige Fernwege feste und gesicherte Verbindungen auf dem Wasser und zu Lande. Die Stämme der Sequaner und Lingonen im Einzugsgebiet der Saône gerieten unter römischen Einfluss.
Im Teil I wurde weiterhin dargelegt, dass sich Caesar mit dem Erreichten nicht zufrieden gab. In seinen Überlegungen bildete der Zugang vom Oberrheintal zum sequanischen Stammesgebiet über den wichtigen Fernweg, der von dort entlang des Doubs zur Saône und Rhone führte, einen Unsicherheitsfaktor. Dieses Gebiet am Rhein wurde von dem swebischen König Ariovist (so von den Römern betitelt) beherrscht. Seit 71 v.Chr. hatte er als mächtigster Mann dieser Region die Sequaner und Averner darin unterstützt, sich gegen die Vorherrschaft der Haeduer zu wehren und 61 v.Chr. in einer bedeutenden Schlacht deren Drängen ein Ende gesetzt. Seitdem mussten sich die Haeduer verpflichten, Tribute an die Sieger zu zahlen und dies durch Geiseln, die bei den Sequanern verblieben, bekräftigen. Zum Zeitpunkt, als Caesar in den Stammesgebieten der Sequaner und Haeduer gegen die Tiguriner kämpfte, hielten sich keine Sweben mehr dort auf. Dennoch stürzte er den Fürsten der Haeduer, Dumnorix, der sein Gegner war, und setzte dessen romtreuen Bruder Diviciacus als neuen Fürsten ein. Mit diesem Mann heckte er den Plan aus, Ariovist anzugreifen. Der Grund, den er dafür anführte, die Tyrannei des Sweben über die Haeduer, war eigentlich mit der Ernennung Diviciacus als neuen Herrn dieses Stammes aufgehoben worden. Doch konstruierten sie beide alle möglichen zweifelhaften Vorwürfe für einen Kriegsgrund gegen Ariovist und fielen in das Land der Triboker, einem seiner Klientelstämme im südlichen Elsass, ein. Selbst die Verhandlungen dort zwischen Caesar und Ariovist waren nur noch ein vorgetäuschtes Manöver, in dem er erkennen wollte, ob er die Sweben und ihre Verbündeten als unterlegen einschätzen und deshalb besiegen könne. Caesar zwang schließlich Ariovist, der immer wieder versuchte, dem Krieg auszuweichen, zur Schlacht. Ariovist verlor sie. Diese militärische Schwächung war dem Römer wichtig. Gleichzeitig musste er erkennen, dass seine Kraft nicht ausreichte, die swebischen Stämme am Rhein zu unterwerfen. Vogesen und Jura wurden ethnische Grenzen zwischen Sweben und Tigurinern einerseits und Kelten andererseits.
Die Eroberung belgischer Stammesgebiete 57 v.Chr.
Die Eroberung der Gebiete des belgischen Stammesverbandes erfolgte von Besançon und Bibracte aus, den Hauptorten der Sequaner und Haeduer, die Caesar 58 v.Chr. unterworfen und besetzt hatte. Alle Ereignisse dieser Feldzüge wurden im Teil II dieses Buches - Caesars Kriege gegen die Belger 57 v.Chr.-51 v.Chr. - ausführlich beschrieben.
Den Einmarsch in die belgischen Stammesgebiete hatte er mit einem Aufstand der Belger, die er als eine geschlossene Stammesgruppe ansah, begründet. Wie ein freier Stammesverband gegen die Römer, oder mit Caesars Worten gesprochen, gegen das römische Volk, eine Erhebung planen konnte, obwohl er bisher nicht unter römischer Herrschaft stand, bleibt sein Geheimnis. Es ist ein an den Haaren herbeigezogener Kriegsgrund. Vorbereitet hatte Caesar diesen Krieg durch eine Stammesspaltung wie schon bei den Haeduern. Den größten Stamm bildeten die Suessionen südlich der Oise, geführt von König Galba und dessen belgischer Allianz. Von diesem Stamm gelang ihm die Abspaltung eines großen Teils, der sich als Remer bezeichnete. Diese Römerfreunde, wie schon der Name sagt, blieben Caesar bis zu Ende der Kriege dafür dankbar und treu.
Der Feldzug durch die südlichen belgischen Gebiete verlief für Caesar ohne besondere Anstrengungen und mit geringen Opfern. Als er die Suessionen, Bellovaker und Ambianer unterworfen hatte, setzte er sich gegen die nordbelgische Allianz unter den Nerviern in Bewegung. Zu deren Verbündeten gehörten die Atrebaten und Viromanduer. Zum ersten Male traf Caesar auf ernsthaften Widerstand. Die germanische Abstammung, auf die, wie er sagt, die meisten Belger stolz seien, zeigte ihre Wirkung in der Schlacht an der Selle, die das römische Heer nur mit großer zahlenmäßiger Überlegenheit unter großen Opfern gewinnen konnte.
Sie besiegelte das Schicksal der Atrebaten und Viromanduer, die nunmehr in einem römischen Protektorat leben mussten. Die Nervier dagegen blieben weiterhin unabhängig, auch wenn sie künftig auf militärischen Widerstand verzichten sollten. So bekam Caesar innerhalb eines Feldzugs 57 v.Chr. den überwiegenden Teil des belgischen Stammesverbandes in seine Hände. Die Moriner, ein kleiner Stamm am Kanal, und die Nervier versuchten weiterhin, ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Bis 55 v.Chr. dauerte es, die Moriner zur Aufgabe ihres Kampfes zu zwingen. Auch die Nervier gaben sich nicht geschlagen und kämpften ausdauernd, ehe sie am Ende eines Vernichtungsfeldzugs 53 v.Chr. unterlagen.
Caesar richtete sich häufig und gern in den wohlhabenden belgischen Gebieten ein, in dem er dort Winterlager anlegte und seine Provinzversammlungen abhielt.
Dennoch gab es immer wieder Freiheitsbestrebungen, die ganz besonders durch den Widerstand der Eburonen und den Aufstand der Kelten im Jahr 52 v.Chr. befördert wurden. Erst 51 v.Chr. gelang es den römischen Truppen, die Heere der Bellovaker und Atrebaten endgültig zu besiegen und den letzten Widerstand der Belger zu brechen. Insgesamt sieben Jahre dauerte es, bis sich die Belger endgültig geschlagen und besiegt geben mussten. Die Unterwerfung der belgischen Gebiete 57 v.Chr. war mehr als ein territorialer Zugewinn für die Römische Republik. Der kluge Stratege Caesar blickte über die Belger hinweg nach Britannien, das ganz nahe, nur durch den Kanal getrennt, vor ihm lag. Im Süden bereits von Belgern besiedelt, könnte es eine willkommene Hilfsquelle im Kampf gegen die Römer darstellen. Diese Quelle musste geschlossen werden.
Caesars Blick richtete sich nach Norden und Osten über die Belger hinweg auf den größten westeuropäischen Strom, den Rhein. Könnte dieser Fluss einmal die Grenze der Römischen Republik sein, wie der Euphrat im Osten? Verlockend, mystisch fast, und doch in seiner Vorstellung durchsetzbar.
In der Abb.1 wird gezeigt, dass 57 v.Chr. Caesar bereits den größten Teil Westeuropas besetzt und als römisches Protektorat unterworfen hatte. Eine Schraffur deckt dieses Gebiet ab. In diesem, von Ihm „ganz Gallien“ genannten Gebiet, mussten die Aquitanier, Kelten, Aremoriker und Belger unter ihm als Statthalter leben. Nur die Nervier, der größte belgische Stamm, blieben noch im Besitz ihres Landes.
Dieser schnelle Vorstoß in bisher überwiegend unbekannte Gebiete beflügelte den Feldherrn, seine Vision von einer bis an den Rhein reichenden Provinz umzusetzen.
Die Eroberung germanischer Stammesgebiete
Der Raum zwischen den Belgern und dem Rhein war von einem fremden Volk bewohnt. Es nannte sich selbst Germanen. Als Germanen werden von mir die Stämme am Niederrhein bezeichnet. Die Nachfolger der Teutonen. Alle Ereignisse, die Caesar uns von diesen Eroberungszügen überliefert, werden den Inhalt des Teils III dieser Buchreihe bestimmen.
In der Abb.1 zeige ich die ethnischen Grenzen Westeuropas, wie sie von Caesar selbst anfänglich gezogen wurden. Später verschob er sie aus noch zu schildernden Gründen. Entgegen dem wissenschaftlich begründeten Germanenbegriff behalte ich mir vor, unter Germanen tatsächlich nur die am Niederrhein lebenden Stämme, die sich selbst so nannten, zu verstehen. Deshalb werden die Treverer und die Sweben farblich abgesetzt voneinander. In Abstammung und Sprache gibt es zwischen diesen Völkern stark verbindende Glieder, dennoch keine übergreifende soziale und kulturelle Gemeinsamkeiten, von politischen ganz zu schweigen.
Abb.1
Westeuropa und seine Völker vor dem Gallischen Krieg 59v.Chr.
Im wissenschaftlich korrekten Ausdruck sind alle Kriegshandlungen Caesars