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Sie senden den Wandel. Viviana UrionaЧитать онлайн книгу.

Sie senden den Wandel - Viviana Uriona


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Praxis dagegen gering. Viel weiter trägt dort die inhaltliche Kritik an denen mit den kritisierten Begriffen in Zusammenhang stehenden Medieninstitutionen und deren Rolle in der Gesellschaft. Jürgen Habermas stellte 1962 in seiner Arbeit zum historisch-systematischen Strukturwandel der Öffentlichkeit fest: »Öffentlich« und »Öffentlichkeit« entstammen

      »[...]aus verschiedene(n) geschichtliche(n) Phasen und gehen, in ihrer synchronen Anwendung auf Verhältnisse der industriell fortgeschrittenen und sozialstaatlich verfaßten bürgerlichen Gesellschaft, eine trübe Verbindung ein.« (Habermas, J. 1990 [1962]: 54)

      Aber:

      »Wenn es gelingt, den Komplex, den wir heute, konfus genug, unter dem Titel ›Öffentlichkeit‹ subsumieren, in seinen Strukturen historisch zu verstehen, dürfen wir deshalb hoffen, über eine soziologische Klärung des Begriffs hinaus, unsere eigene Gesellschaft von einer ihrer zentralen Kategorien her systematisch in den Griff zu bekommen.« (Habermas, J. 1990 [1962]: 58)

      Das heißt, diese behauptete Öffentlichkeit (der approximativ Gleichen) existiert real noch nicht. Sie ist Utopie geblieben und die Behauptung der Realität der Utopie behindert deren Umsetzung. Der bürgerliche Liberalismus hat eben nicht die Gesellschaft der Freien und Gleichen hervorgebracht, sondern mit dem Kapitalismus eine Gesellschaft geschaffen, in der die Ungleichheit unter den für alle gleichen Gesetzen perpetuiert wird.

      Wir leben in einer Klassengesellschaft. Ihre Öffentlichkeit ist ebenso antagonistisch gespalten wie es die Interessen derjenigen sind, die diese Öffentlichkeit im Wege der Kommunikation beeinflussen wollen. Keine Information und keine Meinung kann separat gedacht werden von dem jeweiligen Nutzen oder Schaden, den sie vor dem Hintergrund entgegengesetzter systemischer materieller Interessenlagen bewirkt.

      Soweit nicht anders erläutert, liegt dieses Verständnis von »Öffentlichkeit« (als uneinheitliches Publikum) dieser Studie zugrunde.

      Ein zentraler Begriff dieser Studie ist der von der Kommunikation als einem Menschenrecht. Die in den USA und Lateinamerika übliche sprachliche Phrase »Kommunikation als Menschenrecht« ist im europäischen Raum bislang weitgehend unbekannt geblieben. Es bestehen auch große Unklarheiten hinsichtlich der Bedeutung des Begriffs.

      Teleologisch mag sich zunächst nicht erschließen, warum die menschliche Kommunikation durch irgendein Recht geschützt oder gestärkt werden müsse. Denn die Kommunikation scheint dem Menschen als Bedürfnis inne zu liegen. Doch so steht es ganz ähnlich mit dem Bedürfnis nach Nahrung. Die Tatsache, dass Menschen regelmäßig Hunger verspüren, macht sie noch nicht satt. Aus diesem Grund gewähren viele nationale Rechtsordnungen und auch bereits die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Artikel 22) einen sozialen Schutz durch die Gesellschaft. Ein Recht auf Kommunikation hat teleologisch keine andere Funktion: Es würde einem menschlichen Bedürfnis zu einer (umfassenderen) Erfüllung verhelfen.

      Für die Ausübung der allgemeinen Meinungsfreiheit im privaten Bereich mag dies zutreffend sein. Mit Blick auf die die Meinungsfreiheit konkretisierende Pressefreiheit »genießt« die übergroße Zahl der Menschen dieses Recht nur als Empfänger*innen von Informationen, weil es ihnen an den materiellen Grundlagen für eine wirksame Massenkommunikation fehlt. Es ist nun nicht ungewöhnlich, dass in einer arbeitsteiligen Gesellschaft Wenige etwas Konkretes für Viele produzieren. Das stört für sich genommen auch nicht sonderlich, wenn es um Grünkohl, Taschenrechner oder Jeans geht. Der Medienbetrieb (re)produziert jedoch als Hegemonie die Informationen, die die kapitalistische Struktur der Gesellschaft betreffen.

      Pressefreiheit ist das Recht von Wenigen, den Vielen die Welt zu erklären, und dies oft auch noch so, dass diese Vielen an dieser Welt besser nichts Entscheidendes ändern möchten. Was mögen sich dagegen wohl die Vielen zu erzählen beginnen, wenn sie sich gegenseitig zuhören könnten? Was würden sie dann verändern wollen? Es ist dieses Experiment eines symmetrischen Massen-Kommunizierens33, dem


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