Ace in Space. Judith C. VogtЧитать онлайн книгу.
schlecht beleuchtet, meist die, die in die chaotisch in die alten Minen gebauten und ziemlich beengten Wohnviertel führten. Andere waren breit wie Einkaufsstraßen und mit in Mustern verlegten Dioden schummrig erhellt, hier trafen sich die Bewohnenden zum Essen und Reden. Die Wohnungen waren meist zu klein für Küchenzellen, und auch die Nasszellen ließen zu wünschen übrig. Große Kantinen und öffentliche Bäder bildeten daher feste Eckpunkte im Alltag.
Danai hatte keine Lust auf den Käfig ihrer viel zu dunklen Zelle, ihr war aber auch nicht nach den dämmrigen Korridoren, in denen sich die Normalsterblichen des Devil’s Rocks trafen. Überhaupt war einfach alles hier viel zu dunkel. Corp-Turf-Raumstationen gaukelten immerhin mit Bildschirmen Landschaften außerhalb des Fensters vor oder gewährten sogar Aussicht ins All. Im Devil’s Rock war alles aus Metall und klaustrophobisch verwinkelt.
Danais Weg führte von den breiten Passagen in die schmaleren und endete an einer Theke. Es war nicht das Loco Hana, und die Cocktails sahen tödlich aus, weshalb sie sich ein Bier bestellte. Die Musik wummerte laut, und da irgendwo immer Nacht war, wiegten sich bereits ein paar Körper auf der Tanzfläche, obwohl es nach der Norm-Tageszeit des Asteroiden kurz nach Mittag war.
Das Bier hatte einen leicht galligen Geschmack, aber vieles hier auf der Station schmeckte irgendwie unappetitlich wiederaufbereitet, und Danai begann, sich ein wenig dafür leid zu tun, dass sie hier gelandet war.
Ganze Sternensysteme lagen zwischen ihr und Valoun, doch sie hatte Valoun und Hadronic nicht davonlaufen können.
Selbstmitleid machte sich breit. Nun steckte sie ausgerechnet bei einer Bande toxischer Egosmasher fest. Ja, sie hatte die Corp-Turf-Regeln gehasst. Natürlich war sie die gewesen, die bei Vorgesetzten aneckte, ihr Ding durchzog, die Regeln überdehnte – was sie sich nur aufgrund ihres fliegerischen Talents (und der Unterstützung ihres Vaters, wie sie sich eingestehen musste) hatte leisten können. Eigentlich hätte ihr die Anarcho-Attitüde der Jockeys gelegen kommen müssen. Aber selbst bei Regeln, die ihr auf die Eierstöcke gegangen waren, hatte sie gewusst, wofür sie da waren: für Ordnung, Disziplin, und oft genug für den Schutz einzelner vor der Meute der anderen. Und war es wirklich gut, dass hier niemand gebremst wurde? Dass nichts diese Jockeys vor ihren eigenen Egos beschützte?
Danai war nicht für das Leben auf diesem Felsen gemacht.
Auf der Tanzfläche änderten sich nun Rhythmus und Licht, sodass ein paar Leute, die dem Teenageralter erst knapp entronnen waren, einen ziemlich kuschligen Tanz begannen, bei dem sich besonders die Person in der Mitte recht ansehnlich räkelte. Ihre Augen hingen an ihm, ohne dass sie viel dagegen tun konnte – sie war wirklich länger nicht mehr mit jemandem im Bett gewesen.
Gerade setzte sie ihr zweites Bier an, als ihr Tablet in der Jackentasche vibrierte. Da sie die meisten Notifs ausgeschaltet hatte, sah sie nach: eine Nachricht von Kian.
Sie wandte einem Typen, der sie gerade hatte anquatschen wollen, so abrupt die Schulter zu, dass diese ihn am Kinn streifte. Warum war er ihr auch so nah? War er einer von denen, die ihr in die Haare grapschen wollten? Oder hatte er ihren hungrigen Blick Richtung Tanzfläche fehlgedeutet? Dass sie sich im Frust, den sie wegzutrinken versuchte, an geschmeidig wippenden Hüften erfreute, hieß nicht, dass sie wahllos geworden war!
//Hey, wo bist du hin, heute kein Loco Hana? Es gibt doch was zu feiern
//Kein Interesse, danke
//Was ist los? War’s dir zu rau?
//Leck mich
//Okay, da ich das nur lese und keinen Tonfall höre: no yolo oder yolo?
//Du sollst mich nicht wirklich lecken, Prophet.
Sie sah, dass er tippte. Sah das Symbol verblassen. Sah es wieder erscheinen. Es blieb eine ganze Weile, dann verschwand es wieder. Er tippt irgendeinen anzüglichen Scheiß und löscht ihn dann wieder. Sie stützte den Kopf in die Hände. Diese Stimmung in der Gang, auf den Schwachstellen der anderen herumzureiten, widerte sie an. Es kam keine Nachricht von Kian, also beschloss sie, ihn aufzuklären.
//No yolo
//Ja, hab ich verstanden.
//Du hast mich durch die Trümmer fliegen lassen, um das danach für diese Stuntflugchallenge zusammenzuschneiden.
Sie war länger mit diesem Satz beschäftigt, das Bier ließ ihre Finger nicht immer die richtigen Felder finden. Die miese Laune breitete sich wie ein Sumpf in ihr aus.
//Ja, hab ich. Ich kann dir das erklären. Sollen wir uns treffen?
//Ich will gerade niemanden sehen.
Sie fuhr zu einem neuen Nebenmann herum, nein, eher eine Nebenfrau, die vertraulich eine Hand auf ihren Arm gelegt hatte. »Ich will gerade nicht angegraben werden, no verdammtes yolo, checkt ihr das!?«, zischte sie die Frau mit den schimmernden Metallaugmentierungen im Gesicht an, die den Mund verzog, dabei ein paar Metallzähne offenbarte und dann tanzen ging. Kurz fragte sich Danai doch, wie es wohl war, mit ihr herumzumachen, ob man das Metall in den Wangen wohl beim Küssen spürte. Dann schüttelte sie über sich selbst den Kopf und wandte sich wieder dem Tablet zu.
//Der Zusammenschnitt tut mir nicht leid, der ließ dich besser dastehen als alle anderen von uns, Princess. Aber mir tut’s leid, dass die anderen ein bisschen eskaliert sind. Und ja, war meine Schuld. Ich hab’s falsch eingeschätzt, und das tut mir leid. Sie waren in so einer Stimmung, nach gestern, nachdem Marlene so ausgerastet ist, das musste irgendwohin. Und jetzt die Aussicht auf ein Rennen. So sind sie halt, das heizt ihnen ganz schön ein, und wenn dann jemand zögert, stürzen sich alle drauf, um zu beweisen, dass sie die Geilsten sind
//Und jetzt wirst du mir sagen, dass du und ich ganz anders sind, oder?
//Hey, das hier ist keine Anmache! Aber, ja, ich bin anders, denn ich entschuldige mich gerade bei dir.
Sie seufzte genervt und trank am lauwarmen Bier.
//Vielleicht sollte ich mir doch Anmachsprüche und keine Entschuldigungen von dir anhören. Deine Entschuldigungen sind ja noch fader.
//Hey, aber ernster gemeint. Ich weiß, dass es hart ist, neu dazuzukommen. Und dass es gut ist, wenn Leute da sind, die schon länger dabei sind und die hinter dir stehen. Und das hätte ich sein sollen, nachdem wir da draußen auf Patrouille waren und du meine Wingpal warst. Als ich dir von Neval erzählt hab.
//Ja, hättest du.
//Verzeihst du mir trotzdem?
//Nur, wenn du mir verrätst, welchen Anmachspruch ich verpasst hab. Was ist dein schäbigster? Mit dem du niemals jemals jemanden rumkriegst?
//Dein Vater muss ein Ingenieur sein, denn er hat dir Gravitonium in die Augen gesetzt und nun ziehen sie mich an.
//Wow. Uff. Der war …
//Schäbig?
//Superschäbig.
//Leg los, und ich sag dir, ob ich’s schäbig finde.
//Das ist dein Versuch, mich ans Flirten zu kriegen.
Daumen hoch von ihm. Zwinkersmiley von ihr.
//Also du flirtest lieber ohne Worte?
//Ich bin Stotterin, natürlich flirte ich lieber ohne Worte.
//Schriftlich geht auch?
//Geht auch.
Er schickte ihr ein unschuldig pfeifendes Gesicht. Sie musste wider Erwarten grinsen.
//Ich trinke hier in Ruhe ein Bier und sage allen, dass ich kein Interesse habe. Dir kann ich das gern auch sagen. Hier sind allerdings ein paar Leute, die gut tanzen können. Vielleicht schau ich sie mir einfach weiter an.
//Oder du setzt dich in eine nette Ecke und schreibst mir flirty Nachrichten. Was klingt nach dem besseren Abend?
Sie verschluckte sich fast am Bier, als sie mitten im Schluck lachen musste. Sie leerte das Glas und bestellte ein drittes. Dann sah sie sich um. Tatsächlich, es gab ein paar Ecken, in denen man ihr nicht über die Schulter aufs Tablet