Physikalische Chemie. Peter W. AtkinsЧитать онлайн книгу.
bekannt und in Abb. G-7 dargestellt. Aus der Maxwellverteilung, die in Kapitel 20 hergeleitet, vertieft und diskutiert werden wird, kann man herleiten, dass die mittlere Geschwindigkeit υm der Moleküle wie folgt von der Temperatur T und ihrer Molmasse M anhängt:
Abb. G.6 Die Boltzmannverteilung der Besetzungszahlen für Rotations-, Schwingungs- und elektronische Energieniveaus bei Zimmertemperatur.
(g.11)
Mit anderen Worten: Die mittlere Geschwindigkeit nimmt mit der Wurzel aus der Temperatur zu und mit der Wurzel aus der Molmasse ab, sie ist folglich für leichte Moleküle bei hoher Temperatur am größten
Die Verteilung liefert noch mehr Informationen als nur die mittlere Geschwindigkeit. Beispielsweise ist der Ausläufer der Funktion zu hohen Geschwindigkeiten hin bei hoher Temperatur länger als bei niedriger Temperatur, was zeigt, dass bei hohen Temperaturen mehr Moleküle in der Probe eine Geschwindigkeit weit über dem Mittelwert besitzen.
Abb. G.7 Die Verteilung der Molekülgeschwindigkeiten als Funktion der Temperatur und der Molmasse. Die wahrscheinlichste Geschwindigkeit (das Maximum der Verteilung) nimmt mit steigender Temperatur und abnehmender Molmasse ab; gleichzeitig wird die Verteilung breiter.
G.5.2 Der Gleichverteilungssatz
Die Boltzmannverteilung kann auch verwendet werden, um die mittlere Energie zu berechnen, die in jedem Freiheitsgrad der Bewegung in einem Molekül vorliegt (wie wir im Detail in den Kapiteln 15 und 16 sehen werden). Für bestimmte Freiheitsgrade (genauer gesagt die Translation beliebiger und die Rotation aller außer der leichtesten Moleküle) existiert jedoch eine Abkürzung, der so genannte Gleichverteilungssatz. Dieses Theorem (das aus der Boltzmannverteilung hergeleitet werden kann) besagt
In einer Probe mit der Temperatur T haben alle quadratischen Beiträge zur Gesamtenergie denselben Mittelwert von .
Interaktive Übung: (a) Zeichnen Sie verschiedene Verteilungen für eine konstante Molmasse von 100 g mol–1 und Temperaturen von 200 bis 2000 K. (b) Verwenden Sie eine geeignete Software oder die Living-Graph-App von der Website des Buches, um den Anteil der Moleküle mit Geschwindigkeiten zwischen 100 und 200 m s–1 bei 300 und 1000 K zu berechnen. (c) Geben Sie auf der Grundlage Ihrer Beobachtungen eine molekulare Interpretation der Temperatur.
Ein „quadratischer Beitrag“ bedeutet dabei einfach einen Beitrag, der vom Quadrat des Ortes oder der Geschwindigkeit (oder des Impulses) abhängt. Da die kinetische Energie eines Objekts der Masse m, das sich frei in drei Dimensionen bewegen kann, gleich
Wir werden den Gleichverteilungssatz häufig verwenden, um eine schnelle Einschätzung von Moleküleigenschaften zu geben oder das Ergebnis des Wettstreits zwischen den ordnenden Wirkungen der zwischenmolekularen Wechselwirkungen und den die Ordnung zerstörenden Wirkungen der thermischen Bewegung abzuschätzen.
G.6 Das elektromagnetische Feld
■ Das Wichtigste in Kürze: Elektromagnetische Strahlung ist durch ihre Ausbreitungsrichtung, ihre Wellenlänge, Frequenz und Wellenzahl sowie ihren Polarisationszustand gekennzeichnet.
Abb. G.8 (a) Die Wellenlänge λ einer Welle ist der Abstand von Maximum zu Maximum. (b) Die Welle bewegt sich mit einer Geschwindigkeit c nach rechts. An einem festen Ort variiert die momentane Amplitude der Welle durch einen vollständigen Zyklus (die sechs Punkte zeigen einen halben Zyklus), während die Welle den Ort passiert. Die Frequenz ν gibt die Zahl der Zyklen an, die an einem festen Ort pro Sekunde durchlaufen werden. Wellenlänge und Frequenz hängen gemäß λν = c zusammen.
Licht ist eine Form von elektromagnetischer Strahlung. Die klassische Physik interpretiert elektromagnetische Strahlung anhand des elektromagnetischen Feldes, einer oszillierenden elektrischen und magnetischen Störung, die sich als harmonische Welle durch den freien Raum, das Vakuum, ausbreitet. Die Welle pflanzt sich mit einer konstanten Geschwindigkeit fort, der so genannten Lichtgeschwindigkeit c = 3 × 108 m s–1. Wie ihr Name nahe legt besteht eine elektromagnetische Welle aus zwei Komponenten, einem elektrischen Feld, das mit (ruhenden oder bewegten) elektrisch geladenen Teilchen wechselwirken kann, und einem Magnetfeld, das nur mit bewegten geladenen Teilchen wechselwirkt. Wie jede periodische Welle ist auch das elektromagnetische Feld durch eine Wellenlänge λ (lambda) gekennzeichnet – die Entfernung zwischen zwei benachbarten Maxima der Welle – sowie durch ihre Frequenz ν (nu) – die Häufigkeit, mit der ihr Wert an einem bestimmten Punkt innerhalb eines Zeitintervalls (meist einer Sekunde) wieder zu ihrem ursprünglichen Wert zurückkehrt (Abb. G-8). Die Frequenz wird in Hertz gemessen, 1 Hz = 1 s–1. Die Wellenlänge und die Frequenz einer elektromagnetischen Welle hängen gemäß
(g.12)
zusammen. Je kürzer also die Wellenlänge ist, desto größer ist die Frequenz. Man kann eine Welle auch durch Angabe ihrer Wellenzahl
(g.13)
Eine Wellenzahl kann als die Zahl von vollständigen Wellenlängen interpretiert werden, die in eine bestimmtes Längenintervall hineinpassen. Wellenzahlen werden meist in reziproken Zentimetern (cm–1) angegeben; eine Wellenzahl von 5 cm–1 bedeutet dann, dass von dieser Welle fünf komplette Wellenlängen in einen Zentimeter passen. Typische Wellenzahlen von sichtbarem Licht liegen um 15 000 cm–1 entsprechend 15 000 vollständigen Wellenlängen in einem Zentimeter. Die Einteilung des elektromagnetischen Feldes nach seiner Frequenz bzw. Wellenlänge ist in