Physikalische Chemie. Peter W. AtkinsЧитать онлайн книгу.
qualitativen Überlegungen werden durch die kinetische Gastheorie, die wir in Kapitel 20 ausführlich besprechen wollen, quantitativ erfasst. Diese Theorie beruht auf drei Annahmen:
1 Das Gas besteht aus Molekülen der Masse m, die sich unablässig in zufälliger Bewegung befinden.
2 Die Größe der Moleküle ist vernachlässigbar in dem Sinne, dass die Durchmesser der Teilchen klein gegen die im Mittel zwischen zwei Zusammenstößen zurückgelegte Wegstrecke sind.
3 Die einzige Wechselwirkung zwischen den Molekülen besteht in kurzzeitigen, seltenen, elastischen Stößen.
Bei einem elastischen Stoß unterscheidet sich die kinetische Translationsenergie der Stoßpartner vor und nach der Kollision nicht. Aus den wenigen Annahmen der kinetischen Gastheorie folgt, wie wir in Kapitel 20 herleiten werden, dass der Zusammenhang zwischen Druck und Volumen des Gases durch
gegeben ist, wobei M = mNA die Molmasse der Moleküle und c die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit1) sind,
(1-11)
Wenn die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle nur von der Temperatur abhängt, gilt bei konstanter Temperatur offensichtlich p V = konstant; dies ist die Aussage des Gesetzes von Boyle. Wenn außerdem Gl. (1-10) der Zustands-gleichung eines idealen Gases entsprechen soll, muss ihre rechte Seite gleich n R T sein. Die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle in einem Gas mitder Temperatur T muss dann
betragen. Wir sehen also, dass die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Moleküle eines Gases proportional zur Wurzel aus der Temperatur und umgekehrt proportional zur Wurzel aus der Molmasse des Gases ist. Mit steigender Temperatur nimmt folglich die quadratisch gemittelte Geschwindigkeit der Teilchen zu, und bei einer gegebenen Temperatur bewegen sich schwerere Moleküle langsamer als leichtere. Aus Gl. (1-12) berechnet man zum Beispiel für N2-Moleküle bei 298 K eine quadratisch gemittelte Geschwindigkeit von 515 ms–1.
Gasmischungen
Wenn man sich mit Gasmischungen beschäftigt, stellt sich häufig die Frage, welchen Beitrag jede einzelne Komponente zum Gesamtdruck der Mischung liefert. Der Partialdruck pJ eines beliebigen, nicht unbedingt idealen Gases J in einer Mischung ist definiert als
mit dem Molenbruch xJ der Komponente J, der Anzahl von Molekülen J (Stoffmenge nJ im Verhältnis zur Gesamtzahl n der Moleküle in der Probe),
Wenn kein Molekül J vorhanden ist, wird xJ = 0; wenn nur J vorhanden ist, wird xJ = 1. Aus der Definition von Xj folgt unabhängig von der Zusammensetzung des Gemisches xA + xB + … = 1; folglich ist der Gesamtdruck gleich der Summe der Partialdrücke (auch dies gilt sowohl für ideale als auch für reale Gase):
Wenn sich alle Gase in der Mischung ideal verhalten, so entspricht der in Gl. [1-13] definierte Partialdruck dem Druck, den jede einzelne Komponente ausüben würde, wenn sie sich bei gleicher Temperatur allein im betrachteten Behälter befände (daher die Bezeichnung „Partialdruck", anteiliger Druck). Diese Feststellung bildet die Grundlage der ursprünglichen Formulierung des Gesetzes von Dalton:
Der Druck einer Mischung von Gasen ist gleich der Summe der Drücke, die die Einzelkomponenten ausüben, wenn sie das Volumen der Mischung jeweils allein ausfüllen.
Inzwischen wissen wir, dass die Beziehung zwischen dem Partialdruck (wie in Gl. [1-13] definiert) und dem Gesamtdruck (wie in Gl. (1-15) gegeben) für alle Gase gilt; die Gleichsetzung des Partialdrucks einer Komponente mit dem Druck, den sie allein im Behälter ausüben würde, gilt dagegen nur für ideale Gase.
Beispiel 1-3 Die Berechnung von Partialdrücken
Die Zusammensetzung trockener Luft in Höhe des Meeresspiegels (in Massen-%) ist etwa: 75.5 (N2), 23.2 (O2), 1.3 (Ar). Wie groß ist der Partialdruck jeder Komponente bei einem Gesamtdruck von 120 kPa?
Vorgehen Wir erwarten, dass eine Komponente mit einem großen Molenbruch einen entsprechend großen Partialdruck ausübt. Die Definition des Partialdrucks gibt Gl. [1-13]; zu ihrer Anwendung benötigen wir die Molenbrüche der Komponenten, definiert durch Gl. [1-14]. Zu ihrer Berechnung machen wir uns zunutze, dass die Anzahl der Moleküle J mit der molaren Masse MJ in einer Probe mit der Masse mJ gegeben ist durch nJ = mJ/MJ. Da die Molenbrüche relative Größen sind (also nicht von der Gesamtmasse der Probe abhängen), wählen wir eine willkürliche Masse (etwa 100 g), um uns die Rechnung zu erleichtern. Die Masse von N2 beträgt dann 75.5 % von 100 g, also 75.5 g.
Antwort Für die Masse von N2,O2 und Ar setzen wir 75.5 g, 23.3 g und 1.3 g ein. Die Stoffmengen der Gase in 100 g Luft betragen dann:
Wenn wir die Brüche ausrechnen, erhalten wir 2.69 mol, 0.725 mol und 0.033 mol; die Summe der Stoffmengen ist dann n = 3.45 mol. Die Molenbrüche ergeben sich, indem wir jede dieser Stoffmengen durch 3.45 mol teilen, und die Partialdrücke erhalten wir durch Multiplikation des Molenbruchs mit dem Gesamtdruck 120 kPa. Es ergibt sich:
N2 | O2 | Ar | |
Molenbruch | 0.780 | 0.210 | 0.0096 |