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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Essen ein. Nachdem er sich umgezogen hatte, fuhr er noch zu Julia. Bewaffnet mit einem riesigen Blumenstrauß drückte er auf den Klingelknopf.

      Julia öffnete und sah ihn voller Freude an. »Sie? Ich habe Sie doch erst morgen erwartet.«

      »Haben Sie für einen hungrigen Globetrotter etwas zu essen da, Julia?«

      »Natürlich, Enno.« Sie wusste, dass sie kein Recht hatte, sich so zu freuen. Enno war kein freier Mann. Trotzdem strahlte sie vor Glück, als sie in die Küche ging, um ein kleines Abendessen vorzubereiten.

      Er folgte ihr, setzte sich auf den Küchenstuhl und sah ihr zu. »Julia, ich liebe Sie«, sagte er ernst. »Ich habe lange mit mir gekämpft, ob ich es Ihnen sagen soll. Aber wir sind erwachsene Menschen und können ruhig über unsere Gefühle sprechen. Ich habe Betty noch niemals wirklich betrogen, obwohl sie mir genügend Grund dafür gegeben hat. Aber Betty und ich haben uns auseinandergelebt. Sobald sie wieder gesund ist, werde ich ihr den Vorschlag machen, zu ihren Eltern nach Amsterdam zurückzukehren. Und da sie sowieso kein Interesse an Pieter hat, behalte ich den Jungen. Pieter liebt Sie, Julia.«

      »Mein Gott, Enno, das ist doch unmöglich. Ihre Frau liebt Sie.«

      »Nein, das glaube ich nicht. Und ich habe sie auch nur deshalb noch nicht fortgeschickt, weil sie die Mutter meines Sohnes ist. Julia, liebst du mich auch?«, fragte er fast flehend.

      »Das weißt du doch.« Sie lächelte ihn unter Tränen an. »Aber wir beide wissen doch auch, dass wir vernünftig bleiben müssen. Dass wir …«

      »Nein, Julia, ich bin all die Jahre vernünftig gewesen. Ich will endlich einmal glücklich sein. Glücklich sein mit dir und Pieter.«

      Julia sträubte sich nicht, als er sie auf seinen Schoß zog. Wie einfach wäre es doch, wenn sie offen mit ihm über Pieter sprechen könnte, dachte sie. Aber sie brachte es ganz einfach nicht über sich, ihm diesen Schmerz zuzufügen.

      »Julia …«

      Warum sollte sie nicht ein einziges Mal von dem so lange ersehnten Glück kosten? Sie wollte nicht an das denken, was morgen sein würde. Sie wollte …

      »Julia, ich sehne mich so sehr nach dir«, flüsterte er erregt zwischen seinen immer leidenschaftlicher werdenden Küssen. »Ich muss immer nur an dich denken. Ich liebe dich unendlich.«

      »Mein Gott, Enno …« Noch einmal bäumte sie sich gegen ihre aufsteigende Schwäche auf. »Nein …« Aber er verschloss ihr den Mund mit einem langen Kuss. Sie spürte, wie ihre Kraft erlahmte, und ihr Verlangen, ihm ganz zu gehören, sie wie ein glühender Lavastrom überschwemmte.

      *

      Enno verließ sie erst am späten Morgen. Julia bereute nichts. Mit einem entspannten Lächeln küsste sie ihn noch einmal zum Abschied und schloss dann die Entreetür hinter ihm. Weit breitete sie die Arme aus, so, als wollte sie die ganze Welt umarmen.

      Dann ging sie ins Badezimmer und ließ heißes Wasser in die Wanne laufen. Sie konnte es kaum erwarten, wieder mit ihm beisammen zu sein. Enno und sie wollten gemeinsam Mittagessen. Vorher aber würde sie noch ein bis zwei Stunden im Werk sein und sich ganz so benehmen, als sei nichts vorgefallen.

      Ob sie dazu fähig war? fragte sie sich, als sie ihr schmales Gesicht im Spiegel über dem Waschbecken musterte. Sah ihr nicht jeder an, wie glücklich sie war? Glücklich wider alle Vernunft?

      »Ich liebe dich, Enno«, flüsterte sie mit einem kleinen Lachen und stieg in die Badewanne.

      Enno war es dagegen nicht gegönnt, seinen glücklichen Erinnerungen nachzuhängen. Er wurde rau aus seinen Träumen gerissen. Als er seine Privat­räume im Werk betrat, erwartete ihn seine Sekretärin mit hochroten Wangen. »Wir haben den ganzen Morgen versucht, Sie zu erreichen, Herr Cornelius«, sagte sie leise und wich seinem erstaunten Blick aus. »Sie möchten doch bitte sofort im Sanatorium anrufen.«

      »Ist etwas geschehen? Geht es meiner Frau nicht gut?«, fragte er erbleichend.

      »Nein, es geht ihr nicht gut. Sie …« Das Mädchen stockte. Sie brachte es nicht übers Herz, ihm die Hiobsbotschaft zu übermitteln.

      Als das Telefon schnarrte, begann sein Herz wie rasend zu schlagen. Er meldete sich. Fassungslos lauschte er dann. Mehrmals fuhr er sich über die Augen, so, als ob er ein hässliches Bild wegwischen wollte. Ja, er hatte das Gefühl zu träumen. Aber dann wurde ihm klar, dass es kein Albtraum war, sondern bittere Wirklichkeit.

      Betty war gegen Morgen, als er noch bei Julia gewesen war, an einer Tablettenvergiftung gestorben. Wie sie zu den vielen Tabletten gekommen war, konnten sich die Ärzte nicht erklären.

      Und er hatte Betty noch Geld gegeben. Mein Gott, vermutlich hatte sie sich damit das Gift verschafft. War er damit schuld an ihrem Tod? Aufstöhnend verbarg er das Gesicht in seinen Händen.

      Nein, und nochmals nein, sagte er sich dann. Betty hätte auf alle Fälle einen Weg gefunden, zu den Tabletten zu kommen. Sie hatte auch Teile ihres wertvollen Schmucks mit ins Sanatorium genommen, der sich leicht zu Geld machen ließ.

      Enno wusste nicht, wie lange er so dagesessen hatte, als Julia sein Zimmer betrat. Sie hatte inzwischen erfahren, was geschehen war. Auch sie machte sich nun die bittersten Vorwürfe. Sie hatte in Ennos Armen gelegen, während Betty Cornelius mit dem Tod gerungen hatte.

      »Julia, du?« Er sah sie schmerzerfüllt an. »Das habe ich nicht gewollt. Ob Betty Selbstmord begangen hat? Die Ärzte stehen vor einem Rätsel. Vielleicht hat sie auch nur aus ihrer Sucht heraus zu viele Tabletten genommen? Wahrscheinlich werden wir das niemals erfahren. Das Furchtbare ist, dass alles in mir tot ist, dass ich momentan nichts empfinde. Ich …«

      Julia strich ihm zart über das Haar. »Es tut mir so leid, Enno«, sagte sie.

      »Auch Pieter wird nicht um seine Mutter trauern«, erklärte er erschüttert. »Sie ist ihm immer fremd geblieben. Bettys Verhalten ihm gegenüber hat mich oft vor den Kopf gestoßen. Oft hätte man zweifeln können an ihrer Mutterschaft.«

      Julia zuckte zusammen. Mehr denn je war sie nach Bettys Tod zum Schweigen verurteilt. Als Enno ihre Hand ergriff und seine Wange an sie schmiegte, schluchzte sie leise auf.

      *

      Noch am gleichen Tag fuhr Enno in die Eifel, um alles für Bettys Überführung nach Essen zu veranlassen. Julia hatte in seinem Namen ein Telegramm an Bettys Eltern in Amsterdam aufgegeben. Dann war sie nach Sophienlust gefahren, um Pieter den Tod seiner Mutter beizubringen.

      Nun stand Julia vor ihrem Sohn. Jäh wurde ihr die tragische Situation bewusst, in der sie sich befand. Sie, als Pieters leibliche Mutter, musste ihm den Tod seiner Mutter mitteilen.

      Mit gesenktem Kopf hörte der Junge ihr zu. Dann hob er den Kopf und sah sie ernst an. »Ist es sehr schlimm, wenn ich nicht weinen kann, Tante Julia?«, fragte er bedrückt.

      »Ach, Pieter, viele können nicht so leicht weinen«, erwiderte sie und wusste sogleich, wie banal ihre Worte waren.

      »Ich bin aber nicht sehr traurig, Tante Julia. Trotzdem bin ich froh, dass ich nicht zum lieben Gott gebetet habe«, sagte er mehr zu sich selbst. »Sonst müsste ich …« Er sprach nicht weiter, sondern fasste nach ihrer Hand. »Nimmst du mich mit nach Hause?«

      Julia nickte. »Wenn du mitfahren möchtest, nehme ich dich mit.«

      So geschah es auch. Pieter saß still neben Julia, als sie die Autobahn entlangfuhren. Noch immer blieben seine Augen trocken.

      »Ich bin so froh, dass ich bei dir bin«, sagte er schließlich.

      »Ich bin auch froh, dass du bei mir bist, mein Liebling.« Julia fuhr langsamer und blickte in die hellen Kinderaugen. Und in diesem Augenblick wusste sie, welchen Weg sie einschlagen musste.

      Enno war dankbar, dass sie Pieter mitgebracht hatte. Als der Junge darauf bestand, an der Beerdigung seiner Mutter teilzunehmen, hatte er nichts dagegen einzuwenden.

      Pieter wich in den Tagen bis zu Bettys Beisetzung kaum von der Seite seines Vaters. Selbst als seine Großeltern


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