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Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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Tommy, du bist ja auch ganz nass!«, rief er, als der Irish-Terrier angelaufen kam und leise winselte.

      Es erging Daisy in diesem Augenblick nicht anders als ihrem Vater. Der Anblick des nassen Hundes riss sie aus ihrer Verzweiflung. Auf einmal war sie voller Tatendrang. Sie überlegte, was Mummy in einem solchen Fall getan hätte und erinnerte sich, dass sie Tommy dann immer mit einem alten ausrangierten Badetuch gründlich abgetrocknet hatte.

      Dasselbe tat nun auch Daisy. Tommy leckte ihr dankbar die Hände, als er wieder trocken war. Erst danach zog Daisy das nasse dunkle Mäntelchen und die völlig durchnässten Schuhe aus. Sie lief hinauf ins Badezimmer und ließ warmes Wasser in die Wanne einlaufen.

      Das heiße Wasser tat Daisy gut. Als sie sich abseifte, lauschte sie unwillkürlich nach unten. Wenn sie früher gebadet hatte, war ihre Mutter immer heraufgekommen und hatte nach ihr geschaut. Oder Jeremy hatte seinen Kopf ins Badezimmer hereingesteckt und gefragt: »Bist du bald fertig, Daisy?«

      Aber diesmal blieb alles im Haus still. Auch ihr Daddy war nicht zu hören. Da wurde es Daisy auf einmal so schwer ums Herz, dass sie wieder zu weinen begann.

      Dann war Roy plötzlich bei ihr. Er wickelte sie in ein großes Badetuch ein und trug sie in ihr Zimmer. Dort half er ihr beim Anziehen. Obwohl es Sommer war, zog er ihr einen dicken Pullover über den Kopf.

      »So, Daisy, nun komm nach unten«, sagte er. »Ich habe inzwischen Tee aufgebrüht. Starker süßer Tee wird dir guttun.«

      Später saßen Vater und Tochter einander stumm am Küchentisch gegenüber. Daisy nahm die Tasse zwischen beide Hände und schlürfte den heißen Tee. Dabei entdeckte sie einige Flecke auf der geblümten Tischdecke. »Daddy, wir müssen eine neue Tischdecke auflegen«, erklärte sie. »Mummy hat niemals erlaubt, dass wir von einer solchen Decke aßen.«

      »Gut, Daisy.« Roy war alles gleichgültig. Er war auf einmal unendlich müde und fühlte sich so leer wie ein ausgeschöpfter Brunnen. Er dachte an die vielen täglichen Verpflichtungen, die für Mary eine Selbstverständlichkeit gewesen waren, und irrte durch die Räume des Hauses. Überall fand er Dinge, die ihm zum Bewusstsein brachten, dass Mary sie berührt hatte.

      »Mary, geliebte Mary«, flüsterte er mit gebrochener Stimme, als er den Kleiderschrank öffnete und ihre Kleider sah. »Es kann einfach nicht wahr sein, dass du nie mehr zu mir zurückkommst. Es kann wirklich nicht wahr sein …«

      Daisy suchte nach ihrem Vater und fand ihn im Schlafzimmer. Dort saß er mit hängenden Schultern auf Mummys Bett. Er bemerkte sie nicht einmal. Dann zog Daisy sich auch wieder still zurück.

      An diesem Tag fand Daisy nur Trost bei Tommy. Er schien zu spüren, wie einsam und verlassen sie sich fühlte. Sie saß mit dem Hund auf der Ofenbank in der Küche und blickte hinaus in das triste Wetter. Als es zu dämmern anfing, hörte sie Schritte über sich. Dann vernahm sie das Öffnen einer Tür, und kurz darauf erschien ihr Daddy in der Küche.

      »Daisy, du musst etwas essen«, sagte Roy mit rauer Stimme. »Das Leben geht für uns beide weiter.«

      »Ja, Daddy. Ich will Mummy vertreten. Wir haben doch jetzt niemanden, der uns hilft. Barbara ist doch so krank.«

      »Leider ist es so.« Einen Augenblick dachte Roy an Renate Hagen und die selbstverständliche Art, mit der sie in sein Leben eingegriffen hatte. Er wünschte sich, dass sie jetzt

      hier sei. Ihr stilles zurückhaltendes Wesen erinnerte ihn an Mary. In den wenigen Tagen in Sophienlust war er viel mit ihr beisammen gewesen. Dass Jeremy in ihrer Obhut war, beruhigte ihn sehr.

      An diesem Abend bereitete Roy für sich und seine Tochter ein Abendessen aus Konservendosen zu. Daisy hatte plötzlich Hunger, um ihr zu gefallen zwang sich Roy ebenfalls zum Essen.

      Als Daisy ihn dann bat, bei ihm schlafen zu dürfen, nickte er. Auch Tommy bekam sein Lager im Schlafzimmer. Er blieb aber vor Daisys Bett liegen.

      Daisy schlief sofort ein. Roy lag dagegen die halbe Nacht wach. Erst als der Morgen graute, fielen ihm vor Erschöpfung die Augen zu.

      *

      Nur nach und nach normalisierte sich das Leben in Alvery wieder. Einige Familien, die die Mutter verloren hatten, zogen aus der Gegend fort. Die Kinder gingen inzwischen wieder zur Schule. Auch Daisy wurde jeden Morgen von ihrem Daddy zur Schule gebracht. Sie stellte fest, dass bei den anderen Kindern für die Mutter Schwestern, Tanten oder andere Verwandte einsprangen. Sie aber war immer noch mit ihrem Vater allein.

      Die alte Barbara war inzwischen gestorben. Auch das war für Roy ein harter Schlag gewesen. Er hatte im Stillen immer noch gehofft, dass sie wieder gesund werden und ihm im Haushalt helfen würde. Natürlich hätte er sich eine andere Frau für den Haushalt suchen können, aber Daisy wollte davon nichts wissen.

      Roys einziger Trost waren die regelmäßigen Briefe von Renate. Sie schilderte das Leben in Sophienlust und Jeremys Begeisterung, dort leben zu können. Ihre lieben, einfühlsamen Worte waren Balsam für sein gequältes Herz. Die Tage, an denen er keinen Brief von ihr erhielt, kamen ihm leer vor.

      Daisy bemühte sich rührend, die Stelle ihrer Mutter im Haus zu übernehmen. Obwohl immer wieder kleine Pannen passierten, war sie für ein achtjähriges Mädchen doch erstaunlich tüchtig. Mit verbissenem Ehrgeiz arbeitete sie neben der Schule im Haus. Sie wollte ihrem Vater beweisen, dass sie keine weibliche Hilfe im Haus benötigten.

      Aber Roy entging Daisys blasses Aussehen nicht. Außer auf dem Schulweg kam sie kaum noch an die frische Luft. Darum beschloss er sich an einem besonders schwülen Sommertag, eine entscheidende Veränderung in ihrem Leben zu treffen.

      Daisy hatte an diesem Tag ein Steak für ihn vorbereitet. Leider waren die Kartoffeln angebrannt. Als Roy das Haus betrat, roch er sofort, was passiert war.

      Daisy schluchzte leise vor sich hin, als sie den Topf mit einem Pfannenwender bearbeitete. »Gib her, mein Kleines«, sagte Roy zärtlich. »Die Arbeit wird allmählich zu viel für dich. Hast du denn überhaupt schon deine Schularbeiten gemacht?«

      Daisy schneuzte sich und strich Tommy schnell über den Kopf, als er ihr tröstend über die Hand leckte. »Die mache ich nach dem Abendessen, Daddy. Sei nicht böse, dass die Kartoffeln angebrannt sind. Aber ich hatte die Hühner gefüttert und …« Schon wieder schossen ihr Tränen aus den Augen.

      »Ich habe heute Lucy Miller getroffen. Sie wäre bereit, als Haushälterin bei uns zu arbeiten. Ich habe ihr gesagt, dass ich zuerst mit dir sprechen will, Daisy.«

      »Miss Miller?«, rief Daisy erschrocken. »Ich mag sie nicht. Sie will dich heiraten.«

      »Unsinn, Daisy.« Roy unterdrückte einen Seufzer. Es fiel ihm manchmal sehr schwer, Daisy gegenüber geduldig zu bleiben. Schon längst war ihm aufgefallen, dass sie jede Frau ablehnte. Aus diesem Grund hatte er ihr auch nie Renates Briefe vorgelesen. Er wusste, dass Daisy ihr ebenso ablehnend gegenüberstand wie jeder anderen Frau.

      »Aber ich will nicht, dass sie hierherkommt, Daddy. Mummy hat sie nicht leiden mögen.« Daisy sprach bewusst die Unwahrheit aus, denn ihre Mutter hatte immer gesagt, dass Lucy Miller besonders lieb sei.

      »Das ist mir neu.« Roy setzte sich auf die Ofenbank. »Ich werde eine Scheibe Brot zu dem Steak essen. Was isst du denn?«

      »Ich habe keinen Hunger, Daddy.« Diesmal sagte Daisy die Wahrheit. Sie fühlte sich viel zu erschöpft, um noch etwas essen zu können. »Ich trinke ein Glas Milch, Daddy.« Sie wischte sich die Tränen fort. »Nicht wahr, Daddy, du holst Miss Miller nicht zu uns?« Flehend sah sie ihn an.

      Roy hielt es für klüger, sich in dieser Beziehung im Moment nicht festzulegen. Gerührt blickte er in das so spitz gewordene Kindergesicht mit den großen ernsten Augen. Seit Mary tot war, hatte er Daisy noch kein einziges Mal lachen sehen. Vielleicht hätte er Jeremy doch mit heimnehmen sollen?, fragte er sich, als er seine Tochter am Herd beobachtete. Geschickt wendete sie das Steak, salzte und pfefferte es dann. Und genauso wie Mary sagte sie, als sie es vor ihn hinstellte: »Ich hoffe, dass das Steak auch zart ist.«

      Selbst wenn es steinhart gewesen wäre, hätte


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