Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
lachend fest.
»Trotzdem scheint der Junge manchmal Heimweh zu haben, was ja auch verständlich ist.« Renate fuhr sich über ihr dunkles Haar. »Mich zieht diesmal nichts nach Ulm«, gestand sie. »Bis jetzt hat mir mein Beruf viel Freude gemacht. Aber auf einmal wünschte ich mir, dass ich nicht mehr ins Krankenhaus zurück müsste.«
»Nicht wahr, du liebst ihn?«, fragte Regine ernst.
»Ihn? Roy Bennet? Ja, ich liebe ihn, Regine. Es ist merkwürdig, wie seltsam das Leben manchmal spielt. Bevor ich nach Sophienlust kam, glaubte ich, in unseren Oberarzt Dr. Jürgen Aigner verliebt zu sein.«
»Und er? Ich meine diesmal den Oberarzt.«
»Dr. Jürgen Aigner mag mich sehr. So etwas spürt man doch. Aber wir sind einander nie nähergekommen. Das habe ich früher bedauert, doch nun bin ich froh darüber. Ich weiß aber auch, dass meine Liebe zu Roy Bennet kaum Widerhall in seinem Herzen finden wird. Er hat seine Frau zu sehr geliebt, Regine.«
»Aber seine Frau ist tot, Renate. Das Leben geht weiter. Auch für ihn. Eines Tages wird er sich nach einer neuen Lebensgefährtin umsehen. Schon wegen der Kinder. Jeremy ist erst vier und Daisy acht.«
»Du denkst doch auch nicht mehr an eine Ehe, Regine.«
»Bei mir ist das etwas anderes, Renate.« Die Stimme der Kinderschwester senkte sich. Tränen standen plötzlich in ihren Augen. »Ich habe auch meine kleine Elke verloren. Wäre sie am Leben geblieben, hätte ich vielleicht versucht, noch einmal ein Glück zu finden. Er muss schon für seine Kinder einen neuen Anfang wagen. Warum solltest du nicht seine zweite Frau werden?«
Renates Brust weitete sich vor Glück. Vielleicht war ihre Liebe gar nicht so aussichtslos? Mit einem glücklichen Lächeln dachte sie an Roys Briefe. Sie waren nicht sehr ausführlich und fast ein wenig kühl, aber es stand vieles zwischen den Zeilen.
»Möchtest du noch ein Glas Wein?«, fragte Regine.
»Lieber nicht, Regine. Du musst morgen in aller Frühe aus den Federn«, erklärte Renate. »Ich lasse dich jetzt allein.« Sie erhob sich und umarmte ihre Freundin. »Es war der beste Einfall deines Lebens, dass du mich nach Sophienlust eingeladen hast«, fügte sie enthusiastisch hinzu.
»Das finde ich auch.« Regine gab ihr einen Kuss.
Renate schlief an diesem Abend sofort ein.
Am Morgen veranlasste sie irgendetwas, heftig zu niesen. Sie schlug die Augen auf und blickte direkt in Jeremys schelmische Augen. Auch entdeckte sie sogleich die Vogelfeder in seiner Hand. »Du Schlingel!«, rief sie auf deutsch.
»Es is spät«, erwiderte er eifrig.
»Sehr gut, mein Junge. Ja, es ist spät. Schon fast acht.«
»Gleich breakfast«, erklärte er.
»Ich beeile mich, Jeremy.«
»Good. I speak good deutsch.«
»Sehr good«, entgegnete sie lachend. Doch dabei zog sich ihr Herz schmerzhaft zusammen. Morgen früh würde sie allein in ihrer kleinen Wohnung in Ulm aufwachen und dann zum Krankenhaus fahren. Jeremy würde hierbleiben.
Als Renate eine gute halbe Stunde später den Speisesaal betrat, saßen die Kinder noch beim Frühstück. Jeremy rutschte sogleich von seinem Stuhl und kam auf sie zugelaufen. »Heidi sagt, dass du heute wegfährst«, stellte er halb fragend in seiner Muttersprache fest. »Aber du sollst nicht fortfahren.«
»Jeremy, ich habe einen Beruf, und mein Urlaub ist leider abgelaufen. Aber ich komme am Wochenende wieder.«
»Dauert es lange bis dorthin?«, fragte Jeremy traurig.
»Ach wo, Jeremy. Dir gefällt es doch hier gut?«
»Natürlich gefällt es ihm!«, rief Irmela Grotte auf englisch. »Jeremy, wenn du nicht mehr bei uns bleiben würdest, könnte Heidi nicht mehr so viele Worte Englisch lernen.«
Jeremy drehte sich um und sah Heidi an. Er hatte das kleine Mädchen sehr lieb. Fast so lieb wie Daisy. »Gut, dann bin ich nicht mehr traurig«. Er lächelte seine kleine Freundin jetzt an.
Heidi fragte Nick, der wieder einmal in Sophienlust übernachtet hatte, leise: »Was heißt denn auf englisch, ich freue mich, dass du dableibst?«
»I am very glad, if you stay here.«
Heidi nickte aufgeregt und rief dann: »I am …« Sie sah Nick fragend an.
»… very glad«, flüsterte er ihr zu.
»… very glad …«
»… if you stay here«, raunte Nick ihr zu.
»… if you here«, plapperte sie ihm nicht ganz richtig nach.
Jeremy hatte sie trotzdem verstanden. »I like to stay here«, antwortete er.
»Wisst ihr, dass Garten garden heißt?«, mischte sich jetzt Vicky ein.
»Na klar!«, rief Pünktchen. »Und Haus heißt house.«
»Und Hand heißt hand!«, rief Fabian.
»Und come heißt kommen«, ergänzte Angelika.
Immer wieder fanden die Kinder Worte, die sich im Deutschen und Englischen auffallend glichen. Amüsiert horchten die Erwachsenen zu. Renate hatte inzwischen ebenfalls gefrühstückt und blickte nun auf ihre Uhr. »Ich muss jetzt gleich fahren«, sagte sie.
»Und wir fahren zum Tierheim«, schlug Nick vor, um Jeremy abzulenken. »Heute dürfen Heidi, Pünktchen, Jeremy und Fabian mitfahren.«
»Und ich werde mit euch anderen zum Waldsee gehen. Es ist heute ein herrlicher Badetag.« Schwester Regine sah sich in der Runde um.
Renate wurde noch von allen zu ihrem kleinen Auto gebracht. Als sie endlich losfuhr, hielten sich Jeremy und Heidi bei den Händen. Der kleine Junge dachte aber schon an das Tierheim. Das Liliput-Pferdchen Billy hatte es ihm besonders angetan. Nachdem nichts mehr von Renates Auto zu sehen war, sagte er: »Heidi, nicht wahr, wir bitten Magda, uns Zuckerstückchen für Billy zu geben? Er mag sie doch so gern. Wenn ich komme, wiehert er immer ganz laut vor Freude.«
Denise, die die fünf Kinder zum Tierheim brachte, sprach noch ein paar Worte mit Schwester Regine, bevor sie in ihren Wagen einstieg. Auch ihr tat es leid, dass Renate Hagen hatte abreisen müssen. Sie war extra an diesem Morgen von Schoeneich herübergekommen, um sich von der reizenden Krankenschwester zu verabschieden und sie einzuladen, jederzeit wiederzukommen.
Nick saß vorn neben seiner Mutter, die vier anderen Kinder drängten sich vergnügt auf dem hinteren Sitz zusammen.
Andrea, die von Frau Rennert auf den Besuch der fünf Kinder gut vorbereitet worden war, erwartete sie schon.
Die Kinder begrüßten die junge Frau und liefen dann zum Tierheim hinüber, wo sie von dem Tierpfleger Helmut Koster in Obhut genommen wurden.
Denise ging mit Andrea ins Haus. Zuerst begrüßte sie ihren kleinen Enkel Peterle, der bei ihrem Anblick fröhlich kreischte.
»Er wird von Tag zu Tag gescheiter«, meinte Denise lachend. »Andrea, wie geht es dir?« Besorgt forschte sie in den Zügen ihrer Stieftochter. »Du siehst ein wenig blass aus.«
»Kein Wunder, Mutti. Im Augenblick ist Hans-Joachim mit Arbeit überlastet. Sein Kollege in Roggendorf hat die Praxis vorübergehend geschlossen. Nun kommen alle zu uns. Und ich helfe Hans-Joachim natürlich, wo ich kann. Ein Glück, dass ich Betti habe. Sie ist eine wirkliche Perle. Ach, da kommt ja Hans-Joachim schon!«, rief sie und blickte ihrem Mann entgegen.
Der junge Tierarzt Dr. Hans-Joachim von Lehn war ein gutaussehender Mann mit blauen Augen und blonden Haaren. Er war ein sehr aufgeschlossener Mensch, der voll und ganz in seinem Beruf aufging und mit Andrea unendlich glücklich war. Stets neckte er sie und freute sich, wenn sie ihm nichts schuldig blieb. Heimlich amüsierte sich Denise über das junge Ehepaar.
Auch an diesem Tag forderte Hans-Joachim seine