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Mami Staffel 9 – Familienroman. Stephanie von DeyenЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 9 – Familienroman - Stephanie von Deyen


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Kopf lief er vorwärts, wurde immer schneller. Längst hatte er den Schloßgarten verlassen und ging die Straße entlang. Es war wie eine Flucht. Er wollte seine Gedanken ordnen, wollte sich über seine Gefühl klar werden.

      Wie hatte er sich in Maurena nur so täuschen können!

      *

      Katjas Reisegesellschaft bestand durchweg aus Männern und Frauen jenseits der Fünfzig. Darauf mußte sie als Reiseleiterin Rücksicht nehmen. Einige der Teilnehmer waren gehbehindert, andere hatten einen hohen Blutdruck und durften sich deshalb keine Anstrengungen zumuten. Eine ältere Dame litt an Asthma, zwei andere hatten mit Allergien zu kämpfen. Wirklich gesund war kaum jemand. Eine Tatsache, die Katjas Arbeit erschwerte. Der Reiseveranstalter erwartete von ihr, daß sie den Teilnehmern der Rundfahrt Andalusien zeigte mit all seinen Schönheiten, die sich häufig nur dem offenbarten, der beschwerliche Wege nicht scheute.

      Hier einen Kompromiß zu finden, war nicht leicht, doch Katja meisterte diese Aufgabe mit der Zuversicht und der Sorglosigkeit der Jugend.

      Sie war schon mehrmals im Süden Spaniens gewesen und hatte sich speziell auf diese Reise sorgfältig vorbereitet.

      »Wir kommen heute nach Ronda«, sagte sie an diesem Morgen betont munter ins Mikrophon. Zwei ihrer Reisegäste waren nicht rechtzeitig zur Abfahrt erschienen, weshalb sich eine Verzögergung ergab. Katja ließ sich den Ärger nicht anmerken. Freundlich lächelnd wandte sie sich ihrer Reisegruppe zu. »Ronda ist eine der ältesten Städte Spaniens. Es wurde gegründet durch die Iberer, dann von den Karthagern erobert, von den Römern und Mauren besetzt. Diese kleine Stadt liegt auf einem Felsplateau. Schon sehr früh hat man Stierkämpfe hier…«

      Ein spitzer Schrei unterbrach Katjas Vortrag. Er kam aus einer der hinteren Reihen. Die Reisegäste, die weiter vorne saßen, drehten sich erstaunt um. »Fräulein Stein…«

      Katja legte das Mikrophon weg und ging durch den Mittelgang nach hinten. Obwohl die Sitze auf beiden Seiten ausgeschoben waren, blieb für ihre zierliche Figur noch genügend Platz. »Was ist, Frau Müller-Ibach?« erkundigte sich die junge Reiseleiterin besorgt. Es kam immer wieder vor, daß es den Gästen im Bus schlecht wurde, dann waren Katjas Kenntnisse in erster Hilfe gefragt.

      »Meine Tabletten«, stöhnte die grauhaarige Frau. »Ich habe sie im Hotel vergessen. Und ich brauche sie doch. Der Doktor hat gesagt, daß ich sie zu jeder Mahlzeit einnehmen muß. Und wenn wir nun in Ronda essen…«

      Solche und ähnliche Anliegen hörte Katja täglich. Sie war darauf eingestellt.

      »Kein Problem«, meinte sie und war froh, daß der Zwischenfall relativ harmlos war. »Ich rufe im Hotel an und bitte darum, daß man Ihre Tabletten nach Ronda bringt. Sind sie fürs Hotelpersonal gut zu finden?«

      »Ja, auf meinem Nachttisch.«

      »Vermutlich müssen Sie die Kosten fürs Taxi übernehmen.«

      »Iiich?« Von dieser Aussicht war Frau Müller-Ibach nicht begeistert.

      Darum konnte sich Katja allerdings nicht kümmern. Sie ging durch den Bus zurück zu ihrem Platz neben dem Fahrer. »Ronda hat eine berühmte Stierkampfschule mit langer Tradition«, nahm sie ihre Ausführungen wieder auf. »Von Ronda aus wurden…«

      Wieder unterbrach man Katjas Vortrag. Diesmal war es ein älterer Herr, der sich zu Wort meldete. »Wenn wir in Ronda essen, und es gibt Fisch, kann ich mir dann etwas anderes bestellen?«

      Katja mochte solche Zwischenfragen, die nichts mit dem Thema zu tun hatten, nicht. Trotzdem ging sie freundlich darauf ein. »Selbstverständlich können Sie sich auch ein Steak bestellen.«

      »Und wie bringe ich das dem Kellner bei? Der versteht mich doch nicht.«

      »Ich werde mich darum kümmern«, versprach Katja und wollte gerade in ihren Ausführungen über Ronda fortfahren.

      »Gibt es auch fleischlose beziehungsweise fischlose Gerichte?« wollte jetzt eine alleinreisende Junggesellin wissen, der man ansah, daß sie allen Genüssen abgeneigt war.

      »Sicher. Aber das hat ja noch Zeit. Wir kommen doch eben gerade vom Frühstück, liebe Gäste.« Katja schmunzelte. Die vielen persönlichen Anliegen ihrer Reisegruppe waren tatsächlich nur mit Humor zu ertragen.

      »Wie Sie sehen, fahren wir im Moment durch eine sehr reizvolle Gegend. Zu beiden Seiten der Straße gibt es Oliven-Plantagen. Oliven sind die Haupteinnahmequelle dieser Region. Die Früchte werden zu Oel verarbeitet oder in eine Salzlauge eingelegt, so, wie wir sie bei uns kaufen können. Erntezeit ist…«

      »Ich kaufe immer griechische Oliven, weil die am besten schmecken«, erklärte eine Hausfrau aus Konstanz.

      »Wir essen sie überhaupt nicht. Viel zu fett- und cholesterinreich«, erwiderte das Ehepaar, das vor der Konstanzerin saß.

      Katja konnte nicht verhindern, daß sich nun eine Diskussion um die ölhaltigen Früchte entwickelte. Jeder der Fahrgäste gab seine Zu- oder Abneigung bekannt. Katja kam nicht mehr zu Wort. Sie machte zwar auf einige kleine Orte aufmerksam, deren weißgetünchte Häuser sich an braune Felsen schmiegten, eine Kirche in der Mitte und ringsum nur Hänge, die mit Olivenbäumen bewachsen waren. Ihre schmalen Blätter schimmerten in der Sonne silbrig.

      Eine Stunde vor Mittag erreichte der Bus Ronda. Die Reisenden stiegen aus und folgten Katja, die sie zunächst in die Stierkampfarena führte. Davor dehnte sich die Plaza de toros, wo in Bronceguß die größten Helden unter den Stierkämpfern zu bewundern waren.

      »Mit Capa, Muleta und Espada trat der furchtlos dem Stier entgegen«, referierte Katja im Inneren der Arne. »Die Toreros fürchteten die Schande mehr als die Attacken des Stiers, und das ist bis heute…«

      »Fräulein Stein, welche Blende muß ich einstellen, wenn ich die Ränge aufnehmen will«, unterbrach Frau Müller-Ibach den Vortrag. Ihre Tabletten waren gebracht worden, und das Hotel hatte die Kosten übernommen, weshalb Frau Müller-Ibach in guter Stimmung war.

      Katja sah sich den Fotoapparat an. »Meines Erachtens arbeitet dieses Gerät vollautomatisch. Sie müssen gar nichts tun.«

      »Stimmt! Das hat mir der Verkäufer gesagt. Ich habe mich nur nicht mehr daran erinnert.«

      Inzwischen hatten sich Katjas Zuhörer verstreut. Die meisten von ihnen versuchten, die Arena im günstigsten Licht zu fotografieren oder zu filmen. Andere gingen fast ehrfürchtig über den Sandboden, wo schon so viele Stiere, aber auch Toreros umgekommen waren. Einige Reisegäste saßen inzwischen auch im Schatten und diskutierten über Sinn oder Unsinn des grausamen Spiels.

      Katja sah sich suchend nach dem Fahrer um, da sie die weitere Route mit ihm besprechen wollte. Sie hatten Zeit verloren, und es würde deshalb kaum möglich sein, das volle Programm durchzuziehen.

      Statt des Fahrers entdeckte Katja den Mann, der sie am Flughafen angesprochen hatte. Sie erkannte ihn sofort wieder. Interesselos stand der da und schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein.

      »Hallo, das ist eine Überraschung.« Katja ging geradewegs auf den Fremden zu.

      Er sah sie verblüfft an, ohne sich an die Flughafenszene zu erinnern. Irgendwo in Marbella hatte er ein Auto gemietet und war ziellos landeinwärts gefahren. Er mied absichtlich die Touristenzentren wie Sevilla oder Córdoba. Daß er in Ronda gelandet war, war dem Zufall zu verdanken.

      »Wie geht es der kleinen Emely?«

      »Emely?« für Mike war es, als käme so langsam Licht in das Dunkel seiner Erinnerung wie in einem Kino nach dem Film. An das Kind, mit dem der ganze Ärger angefangen hatte, dachte er überhaupt nicht mehr. Dafür ging ihm Maurenas Verhalten nicht aus dem Sinn.

      »Konnte die Mutter gefunden werden?« Hinter Katjas Frage war ein echtes Interesse zu erkennen.

      »Ich… ich…« Ich weiß nicht, wollte Mike sagen, verschluckte aber den letzten Teil des Satzes. »Noch nicht«, verbesserte er sich, denn diese Aussage erschien ihm am wahrscheinlichsten.

      »Dann kümmern Sie sich um die Kleine? Das finde


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