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Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon


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haben einen Beruf?« gelang es ihm einzuwerfen, ohne wieder von ihr mit einem vernichtenden Blick bedacht zu werden.

      »Mein Vater wollte, daß ich Medizin studierte.« Sie verzog triumphierend das Gesicht. »Aber ich fühlte mich nicht dazu berufen. Ich bin zur Uni gegangen, weil er es so gern wollte. Aber jetzt bin ich schlicht und einfach Übersetzerin. Es ist, als hätte eine höhere Macht mich geführt. Die Arbeit kann ich sehr gut zu Hause verrichten. Ich übersetze Bücher aus dem Französischen und natürlich aus dem Englischen, und die Arbeit macht mir Spaß. Man verdient gar nicht schlecht dabei.«

      »Aber, Susanne.« Er nahm den Blick von ihrem Gesicht. Wenn er sie ansah, wenn er das bezaubernde, so empfindsame Profil betrachtete, fiel es ihm schwer, klare Gedanken zu fassen.

      »Sie werden mit Mühe diese kleine Familie über Wasser halten können, aber…«

      Sie winkte ungeduldig ab und streifte ihn mit einem Blick, der ihn ärgerte.

      »Sie dürfen nicht von sich auf andere schließen. Sie fühlen sich schon durch Kinderlachen gestört, vielmehr noch von Kinderweinen, und wenn ein Hund bellt, drehen Sie durch. An solche Männer dachte ich natürlich nicht. Es gibt auch Männer, die Kinder gern haben, die bereit sind, persönliche Bequemlichkeiten zurückzustecken und an die Kinder zu denken. Man muß diese Männer nur finden.«

      »Sind Sie wirklich so töricht, oder tun Sie nur so«, fuhr er sie ungeduldig an. »Eine Ehe dürfte doch mehr sein, als nur das, was Sie im Auge haben. Sie denken doch nur an die Kinder, Sie drehen sich ja im Kreis.«

      Das war gar nicht das, was er sagen wollte, aber die großen blauen Augen, die so klar waren wie der Sommerhimmel, brachten ihn total durcheinander.

      »Es ist doch natürlich, daß dieses Problem für mich vorrangig ist. Klar kann ich nur daran denken. Und leider ist mir der Rechtsanwalt überhaupt keine Hilfe.« Sie nagte an ihrer Unterlippe und krauste die Nase.

      »Wir haben natürlich noch ein wenig Zeit. Zum Glück waren sie vom Jugendamt damit einverstanden, daß ich mit den Kinder Urlaub machte. Es muß mir in diesen Wochen eine Lösung einfallen. Wenn es nicht anders geht, muß ich einfach eine Annonce aufgeben.«

      Er starrte sie an, als wäre er sicher, daß sie den Verstand verloren hatte.

      Aber er kam nicht dazu, sein Entsetzen in Worte zu fassen. »Entschuldigung, daß ich störe«, murmelte Hannes gut erzogen.

      Sie starrten den Jungen an, daß es Hannes ganz heiß wurde. Sie sahen ja aus, als hätten sie seine Existenz vergessen.

      »Thomas möchte nach Hause, er friert immer noch, und Hunger haben wir auch. Es ist nämlich so, daß Charlie alles aufgefressen hat.« Empörung flog über sein bedrücktes Gesicht. »Glaube nur nicht, Susanne, daß er ein schlechtes Gewissen hat. Er tut, als wäre es sein gutes Recht, das Essen, das für uns bestimmt war, in seinen Bauch wandern zu lassen.«

      Susanne war schon aufgesprungen.

      »Entschuldige, Hannes. Ich habe die Zeit vergessen. Natürlich muß Thomas auf dem schnellsten Weg ins Bett. Ich glaube, ich habe mich nicht einmal bei Ihnen bedankt. Ohne Sie wäre die Geschichte böse ausgegangen.«

      Jonathan winkte ab. Auch er war aufgestanden, stand ein wenig unschlüssig zwischen den Steinen. War es angebracht, seine Hilfe anzubieten?

      Johann nahm ihm die Entscheidung ab, und Jonathan war froh darüber.

      »Haben Sie Zeit, mit zu uns zu kommen? Susanne will Waffeln backen. Der Teig ist schon fertig. Wenn die Mädchen helfen, geht das ruck zuck.«

      Ein wenig hilflos sah Jonathan auf Susanne, die sprang leichtfüßig übe die Steine. Drehte den Kopf und rief ihm zu:

      »Von mir aus können Sie gern mitkommen. Aber es geht bei uns natürlich lebhaft zu. Bevor wir geruhsam die Waffeln essen, gibt es Unruhe.«

      »Die stört Sie doch nicht, oder?« wollte Hannes argwöhnisch wissen. »Ich meine, so alt sind Sie doch noch nicht.«

      Er ärgerte sich über dieses Mädchen, das keinen Blick mehr für ihn hatte und davonlief. In seinen Augen war sie törichter als ein Kind, hatte Ideen, die haarsträubend waren. War es nicht sogar seine Pflicht, an ihren Verstand zu appellieren?

      »Deine Tante hat seltsame Vorstellungen«, brummelte er. »Ich komme gern. Vielleicht kann ich euren Benjamin tragen?«

      *

      Fridolin war nur ein Fliegengewicht, und doch war es mühsam, ihn über den unebenen Weg zu tragen. Der Kleine tanzte auf seinem Arm, drehte seine Nase, hob sein Augenlid an, was Jonathan gar nicht gefiel.

      Und zu allem Überfluß lief Charlie ihm ständig vor die Füße, er wich nicht einen Schritt von Jonathan, den er argwöhnisch beäugte.

      »Der hat Angst, daß Sie mit unserem Benjamin abhauen«, lachte Lea den Hund aus. »Mensch, Charlie, du hast wirklich ’ne Macke.«

      »Ein Säugling ist ganz sicher das letzte, was Herr Nolde möchte.« Susanne warf ihm einen spöttischen Blick unter langen Wimpern zu. Sie hatte ihren Arm um Thomas’ Schulter gelegt. Der Junge drückte sich eng an sie. Das Gehen mußte für sie doch beschwerlich sein.

      Ich werde mit diesem widerborstigen Wesen kein Mitleid mehr haben, nahm Jonathan sich vor. Ihre spitzen Bemerkungen konnte sie sich sparen.

      »Au!« Fridolin versuchte, Jonathans Nase eine andere Richtung zu geben.

      »Laß das«, donnerte Johann den Bruder an. Der streckte ihm nur die Zunge heraus. Dieser kleine Bengel schien der ganzen Familie auf der Nase herumzutanzen.

      »Nehmen Sie ihn am besten auf die Schulter. Oder geben Sie ihn mir, bei mir macht er solche Zicken nicht. Ich mache nämlich das gleiche mit ihm. Dreht er meine Nase, drehe ich seine.«

      »Auge um Auge, Zahn um Zahn«, nickte Lea in einem Ton, als sagte sie ein Drama auf.

      Wenn Jonathan angenommen hatte, daß Susanne den verwöhnten Bengel zur Ordnung rief, so hatte er sich getäuscht.

      »Er ist müde«, erklärte sie mitleidig. »Müde ist er, Durst hat er«, sie sprach in einem eigentümlichen Singsang mit dem Kind. Er hätte gern darüber gespöttelt, aber sogar ihn beruhigte ihre Stimme. Er musterte ihr gerötetes Gesicht aus den Augenwinkeln. Vermutlich ist sie eine Hexe, dachte er spöttisch. In meinen Büchern würde ich sie jetzt auf einem Besenstiel davonfliegen lassen.

      Er konnte den Kleinen nicht sehen, er spürte nur, wie der kleine Körper sich entspannte, jetzt legte er sein Köpfchen auf Jonathans Haar.

      »Singen wir etwas«, schlug Susanne vor. »Sonst schläft er noch ein, und wir haben später Mühe, ihn wachzubekommen.«

      Sie ging vor ihm, der Weg war schmal, und Thomas mußte sich fest an sie drücken, wenn er nicht durch das stachlige Gras gehen wollte.

      Sie ging mit weit ausholenden Schritten, ihr ganzes Wesen war gewachsene Natürlichkeit. Ihr Haar wippte auf ihren Schultern. Der Zweig eines Sanddornbusches verfing sich in ihren Haaren, nicht einmal das brachte sie aus ihrem Konzept.

      Ihre Stimme klang glockenklar, es war eine ungeschulte Stimme, aber in Jonathans Ohren klang sie bezaubernd.

      Drei Zigeuner fand ich einmal

      liegen auf einer Weide

      als mein Fuhrwerk mit müder

      Qual

      schlich durch die sandige Heide.

      Die Kinder kannten das Lied, sogar Fridolin krähte mit, wenn er auch den Text nicht beherrschte. Ganz eigen wurde es Jonathan. Bisher war sein Leben in geordneten Bahnen verlaufen. Er ließ es nicht zu, daß jemand sein Leben durcheinanderbrachte. Das Schicksal war bisher auch sehr gut zu ihm gewesen.

      Ein wirklicher Kummer war noch nicht an ihn herangetragen worden. Er schaukelte geruhsam auf der Oberfläche der Wellen des Lebens.

      … geweint und gelacht, wie sie einander verachten…,


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