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Mami Staffel 8 – Familienroman. Lisa SimonЧитать онлайн книгу.

Mami Staffel 8 – Familienroman - Lisa Simon


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      »Der Kerl hat wirklich ’ne Makke.« Lea schüttelte den Kopf, daß eine Strähne ihrer Haare Jonathans Arm streifte. »Bildet er sich etwa ein, er hätte als Einziger das Haus entdeckt? Wie kann ein Mensch nur so eingebildet sein.«

      »Er ist kein Mensch, er ist ein Hund«, stellte Johann richtig.

      Jonathan hörte nicht zu. Er sah das Häuschen zwischen den Dünen liegen. Es sah aus wie sein Haus und doch so ganz anders.

      Die Fenster waren blitzblank, spiegelten sich in der Sonne. Blumen standen vor der Holztür, der man die Jahre ansah, als wäre sie eine uralte Frau.

      Alles atmete Behagen aus. Tisch und Bänke, die in der Mulde standen, waren blank gescheuert, Gräser standen in einer Schale.

      »Ich nehme Ihnen den Jungen ab.« Bevor er noch etwas sagen konnte, hatte Susanne schon das Kind von seiner Schulter gehoben. Charlie lag platt auf dem Weg, streckte alle viere von sich und ließ die Zunge weit heraushängen.

      »Das ist seine Art, uns zu zeigen, daß seine Arbeit erledigt und er total geschafft ist. Weißt du was, Charlie, du solltest zum Zirkus gehen«, lachte Lea übermütig.

      Thomas wurde von Susanne liebevoll in den Liegestuhl gebettet. Fridolin robbte auf allen Vieren zu Charlie und legte sein Köpfchen gegen Charlies Rücken, er steckte den Daumen in den Mund und schlug die langen Wimpern über die Augen.

      »Ich bringe zuerst Fridolin ins Bett«, erklärte Susanne. Jonathan sah ihr zu. Sie beugte sich über das Kind, nahm ihn auf ihre Arme. Die aufgeschlossene, weiche Zärtlichkeit, die Anmut des Mädchens beeindruckten Jonathan mehr, als gut für ihn war.

      Er war müde und sehnte sich nach seinem Sessel, in dem er behaglich seinen Whisky schlürfen konnte.

      Sie mußte doch auch müde sein! Die Kinder hatten sich einfach auf den Boden geworfen. Lea strampelte mit den Beinen in der Luft, hielt die Hände hinter dem Kopf und sah in den Himmel. Thomas ließ keinen Blick von Susanne, wie ein Häuflein Unglück lag er im Liegestuhl. Die Körbe mit dem restlichen Picknick standen auf den Steinen.

      Laura seufzte, im Schneidersitz hockte sie im stachligen Gras. »Das war ein toller Tag. Und ein Abenteuer haben wir auch gehabt. Gleich backt Susanne Waffeln, und vielleicht können wir sie überreden, daß wir heute abend grillen. Aber ich glaube, dann muß noch jemand ins Dorf gehen und Fleisch kaufen.«

      »Das werdet ihr doch hoffentlich Susanne nicht zumuten«, brach es aus Jonathan heraus. »Sie muß doch genauso müde sein, wie ihr es seid.«

      »Das bin ich aber nicht.« Wie konnte sie in dieser kurzen Zeit das Kind ins Bett gebracht haben? Sogar das Haar hatte sie sich gekämmt. Aber keineswegs war sie dankbar, daß er Rücksicht auf sie nahm. Sie warf ihm einen Blick zu, der sich aus Ärger und Spott zusammensetzte. Der Teufel solle dieses Mädchen holen. Eine gesunde Wut wallte in Jonathan auf. Aber bevor er etwas sagen konnte, rief Lea:

      »Sanne, ich helfe dir, Waffeln backen. Es macht mir Spaß, wenn ich mit dir zusammen bin. Aber vielleicht willst du dich vorher noch ein wenig ausruhen?«

      »Bloß nicht«, stöhnte Laura. »Mir ist schon ganz schlecht vor Hunger.«

      Nach einem Blick auf Jonathan sprang sie auf. »Ich räume die Körbe aus«, erklärte sie bereitwillig. »Freiwillige vor! Das Ausräumen ist nach einem Picknick immer die blödeste Arbeit.«

      Susanne drehte sich so, daß sie Jonathan ansehen konnte.

      »Haben Sie Lust? Oder sind Sie von dem Theater hier geschafft? So ein Junggeselle hat es doch eigentlich gut«, überlegte sie ud rieb mit ihrem Zeigefinger über die Nasenspitze. »Der braucht nur für sich selbst zu sorgen, keiner bringt ihm was durcheinander. Wenn er schlafen will, schläft er, und wenn er lesen will, liest er. Keiner hat was zu bestimmen, nur er.«

      »Halt’ keine langen Reden ans Volk«, fuhr Hannes sie an. »Arbeite lieber. Von Dingen, von denen man nichts versteht, soll man auch nicht reden.«

      Wie vor einigen Minuten Fridolin, so streckte sie ihm jetzt die Zunge heraus. Jonathan fühlte sich vollkommen fehl am Platz.

      Und doch genoß er später das Essen in der fröhlichen Runde. Dabei machte er sich nichts aus süßen Sachen, aber es schmeckte. Susanne trug ein lustiges Dirndlkleid, ihre Wangen waren gerötet und die Augen hatten ihre Traurigkeit verloren. Ihre Fröhlichkeit schien ansteckend zu sein, sogar Jonathan strahlte über das ganze Gesicht.

      Er wäre gern noch ein wenig mit Susanne allein gewesen, aber das ergab sich leider nicht. Die Kinder umlagerten sie, die beiden Mäd-chen hatten ihre Arme um sie gelegt, und Fridolin kroch so nahe an sie heran, daß nicht ein Tüchlein dazwischen Platz gehabt hätte.

      Jonathan hatte nur einen verstohlenen Blick in das Häuschen geworfen.

      Wie ganz, ganz anders war es, als sein Haus, obwohl die Räumlichkeiten die gleichen waren. Auf dem altmodischen Küchenschrank standen noch die Reste des Backens, eine bunte Tischdecke verdeckte die ramponierte Tischplatte. Überall lagen Dinge herum, die den Kindern gehörten.

      Das Haus barst vor Leben. Ja, das war es. Und Susanne hatte eine wundervolle Gabe, ein Haus in ein Zuhause zu verwandeln.

      Es fiel ihm schwer, sich zu verabschieden.

      »Nein, sie müssen noch bleiben«, bat Laura schläfrig. »Susanne muß noch das Abendlied spielen. Holst du die Flöte, Hannes?«

      Auch das bewunderte er an Susanne. Sie zierte sich nicht, sie ließ sich nicht lange bitten.

      Hannes kam mit der Querflöte zurück und reichte sie ihr.

      Jonathan war sicher, daß er diesen Abend nie vergessen würde. Der Wind spielte im Dünengras, der Himmel war übersät mit Sternen, man hörte das monotone Rauschen des Meeres, es schwoll an, erstarb. Das Kreischen der Möwen war schwach geworden, vom Dorf herauf schallte Glockengeläut.

      Sie setzte die Flöte an die Lippen. Reine, zauberhafte Töne perlten durch die Luft.

      Mit leisen Stimmen setzten die Kinder ein.

      Der Mond ist aufgegangen,

      die goldnen Sternleinprangen…

      Leise sang er mit. Jonathan wußte nicht, wann er zum letzten Mal gesungen hatte. Er mußte sich zwingen, Susanne nicht anzusehen, er starrte auf das Gras zu seinen Füßen, und eine Unruhe war in ihm, für die er keinen Namen wußte.

      Er verabschiedete sich und bedankte sich für den wunderschönen Abend.

      »Wenn ich nicht so müde wäre, würde ich Sie ein Stück begleiten«, gähnte Laura. »Aber meine Beine wollen einfach nicht mehr. Was war das heute für ein himmlischer Tag! Einfach super. Ich bin gespannt, was morgen passiert. Vielleicht haben wir morgen wieder ein Abenteuer.«

      Wie selbstverständlich ging Charlie neben ihm, als er langsam zu seinem Häuschen zurückging.

      »Wir gehen unter Sternen«, murmelte eine Stimme hinter ihm. Als er sich umdrehte, sah er sie.

      Er konnte Susannes Gesicht nicht erkennen. Ihre Augen wirkten dunkel, der Mund leuchtete rot. Furcht und Sehnsucht erfüllten ihn.

      »Ich begleite Sie ein Stück.«

      »Sie müssen doch müde sein, Susanne«, protestierte er. Er hörte das leise Lachen in ihrer Stimme.

      »Sorgen Sie sich immer um andere? Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, ich bin stark wie ein Baum. Ich hoffe nur, der Lärm meiner kleinen Familie ist Ihnen nicht auf den Magen geschlagen. Sie haben ja kaum etwas gegessen.«

      Und er hatte gedacht, daß sie ihn gar nicht beachtet hatte.

      »Ich war nicht hungrig.«

      Er wollte ihr so vieles sagen. Die Gedanken purzelten durch seinen Kopf, lasteten auf seinem Herzen. Aber er, der die Worte in seinen Büchern so gut setzen konnte, er fand die Richtige nicht.

      »Charlie hat Sie akzeptiert«, behauptete sie. »Sehen Sie nur, wie nahe er


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