Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
mir an meinem Leben. Die Menschen, die ich treffe, die müssen mich so nehmen, wie ich bin, ohne Familiengeschichte, ohne Geld, nur mit meinen Idealen. Ich selbst will die Menschen auch so sehen. Nur so kannst du einen Menschen wirklich beurteilen, wenn du ihn dir ohne jeden materiellen Besitz vorstellst. Und so sehe ich dich, Katrin. Du bist eine sehr schöne, junge Frau, eine wunderbare, junge Frau. Ich kann in deinen Augen lesen und was ich darin lese, das gefällt mir sehr gut.«
»Was liest du da?«
»Du bist wunderschön, liebevoll und ehrlich.«
Katrin seufzte.
»Rede weiter, es ist Balsam für meine Seele«, seufzte Katrin.
Till lachte leise.
»Ich war damit noch nicht am Ende. Ich wollte noch sagen, dass ich sehe, dass du sehr stark bist. Du kannst sehr hart sein. Aber im Grunde deines Herzens bist du weich und mitfühlend, aber auch sehr verletzlich.«
»Ich habe mir einen Panzer zugelegt. Ich habe früh gelernt, dass ich damit besser durch das Leben komme. Schon als Kind habe ich das gelernt, es war eine schmerzliche Lektion.«
Katrin erzählte, dass die Kinder in Waldkogel oft Murmel spielten. Wer gewann, durfte die Murmeln behalten. Später fingen die Buben an, um kleine Beträge zu spielen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Mädchen vom Spiel ausgeschlossen. Nur sie hätten sie weiter mitspielen lassen, da sie ja aus einer Familie von Spielern käme und deshalb anders sei als die anderen Madln.
»Kinder können grausam sein, Katrin! Das kenne ich auch!«
Er fuhr ihr mit der Hand zart über die Wange.
»Du solltest es ihnen nicht nachtragen. Kinder reden oft nur das daher, was sie irgendwo aufgeschnappt haben. Die meisten Menschen machen doch andere Menschen nur schlecht, um selbst besser dazustehen. Kinder müssen erst lernen, zu unterscheiden.«
»Du bist klug, Till. Aber das wundert mich nicht. Sicherlich kommst du viel herum, wenn du so unterwegs bist und hast auf diese Weise eine Menge Lebenserfahrung gesammelt.«
»Ja, das habe ich!«
Katrin schaute ihn an.
»Ich bin froh, dass dich dein Weg nach Waldkogel geführt hat und du hier bist. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn du länger bleiben würdest.«
»Ich bleibe so lange du willst, dass ich bleibe! Du gefällst mir, Katrin. Als ich dich beim Doktor in der Wohnküche gesehen habe, da habe ich mich in dich verliebt. Mein Herz machte einen Sprung und fing heftig an zu schlagen.«
»Deshalb hast du mich so angesehen. Jetzt verstehe ich. Du hast mir auch gefallen. Aber es war alles zu viel. Vater, sein Zusammenbruch – und dann bist du plötzlich da!«
Sie schauten sich an. Zaghaft drückte ihr Tillmann einen Kuss auf das Haar. Katrin legte ihren Kopf an seine Schulter.
»Till, ich habe dir viel von mir erzählt und weiß wenig von dir, deiner Familie, wo du herkommst, was du gemacht hast. Aber irgendwie stört es mich nicht mehr. Pfarrer Zandler sagte, wir sollten keine Fragen stellen.«
»Katrin, ich bin ehrlich. Ich habe keine kriminelle Vergangenheit. Ich bin nur voller Ideale und versuche danach zu leben.«
»Und du suchst jemanden, der dich versteht! Stimmt es?«
»Woher weißt du das?«
»Ich lese es in deinen Augen!«
Ihre Gesichter kamen sich näher. Katrin schloss die Augen. Ihr Herz klopfte. Sie spürte, wie seine Umarmung noch fester wurde. Dann berührten sich ihre Lippen. Ein jeder spürte die Wärme und Zuneigung des anderen. Es war ein Band der Liebe, das durch Berührung ihrer Lippen ihre Herzen zusammenband.
»Katrin, ich liebe dich!« flüsterte Till leise. »Ich kann dir nichts geben als meine Liebe! Meine Treue! Ich will verlässlich sein und dir immer eine Stütze, Trost und Zuflucht in trüben Tagen sein, wenn eine Wolke über dem Gipfel des ›Höllentors‹ steht.«
»Ich liebe dich, Till! Ich spüre, dass du es ehrlich meinst. Halte mich fest, lass mich nie mehr los.«
»Ich halte dich und will dich auf Händen tragen, jetzt erst einmal nur auf einer Hand, zwangsweise.«
Sie lachten.
»Dann hoffe ich, dass die Verletzung an der Hand bald heilt.«
»Bei dieser wunderbaren Pflege wird sie sicherlich bald heilen.«
Till begann zu erzählen, wie es dazu kam, dass er sich verletzt hatte.
»Zum Glück ist nicht mehr passiert!«, seufzte Katrin und kuschelte sich an ihn.
»Übrigens, ich heiße mit vollem Namen Tillmann, Till ist nur eine Abkürzung. Und mein Familiennamen ist Berg, wie die Berge.«
»Ein schöner Name ›Berg‹. Das klingt so stark und verlässlich.«
»Du kannst dich immer auf mich verlassen, Katrin.«
Er küsste sie wieder. Sie fühlte, wie sehr er sie liebte.
»Katrin, eines will ich dir noch sagen. Das musst du so hinnehmen. Ich muss von Zeit zu Zeit vagabundieren. Da hält es mich nicht mehr daheim. Das wird nie etwas mit dir zu tun haben. Ich werde aber immer wiederkommen, das verspreche ich dir.«
»Ich verstehe es nicht, Till. Aber ich vertraue dir. Ich bin sicher, dass du mir eines Tages erzählst, warum das so ist. Sicherlich hast du auch deine Geschichte.«
»Ja, die habe ich, Katrin. Doch an die Vergangenheit will ich jetzt nicht denken, sondern nur an die Zukunft mir dir. Ich liebe dich! Diese Liebe wird mein Leben verändern. Diese Liebe hat mein Leben schon verändert.«
»Mein Leben auch! Ich fühle mich stark. Wenn du bei mir bist, bin ich zuversichtlich und bin auch nicht mehr ängstlich.«
»Das ist gut so!«
Katrin kuschelte sich an Tillmann.
»Lass uns noch einen kleinen Augenblick hier sitzen, dann muss ich schlafen gehen. Ich muss morgen nach Kirchwalden zur Arbeit. Ich arbeite in der Verwaltung eines Hotels. Aber am Wochenende habe ich frei.«
»Ich freue mich darauf! Du musst mir alles zeigen. Ich will viel lernen über Landwirtschaft und den Hof, über Schweine und Kühe und Hühner und Almen und so weiter.«
»Ja, das werde ich tun! Aber mit den Lektionen fangen wir erst morgen Abend an, jetzt nicht. Haben wir jetzt nicht viel Besseres zu tun?«
»Oh ja!« Till lächelte sie an.
Sie nahmen sich wieder in die Arme und küssten sich. Sie kuschelten sich aneinander und waren sich so nah. Die Welt, das ganze Universum mit all den Sternen über ihnen, versank. Es gab nur sie beide. Ihre Herzen hatten sich gefunden.
Die Turmuhr der schönen Barockkirche schlug Mitternacht. Eng umschlungen gingen sie langsam nach vorne. Till brachte Katrin bis zur Haustür. Sie gaben sich einen langen, einen sehr langen Gutenachtkuss. Dann ging Katrin ins Haus. Till setzte sich auf der anderen Hofseite vor dem Altenteil auf die Bank. Er betrachtete das Haus und wartete, bis hinter Katrins Fenster das Licht ausging. Dann ging er hinein und legte sich hin.
*
Tillmann konnte nicht einschlafen. Er dachte an Katrin. Sein Herz war voller Liebe und Zuneigung, wie er es noch niemals in seinem Leben für einen Menschen empfunden hatte. Danach habe ich gesucht, erkannte Tillmann. Deshalb war diese Unruhe in meinem Leben. Ich suchte die Liebe, auch wenn ich mir dessen nicht bewusst war. Ich suchte einen Hafen, eine Heimat, den anderen Teil, der zu mir gehört. Das trieb mich weiter und weiter. Jetzt habe ich das Glück gefunden, wonach ich immer gesucht habe. Es hat einen Namen und es heißt ›Katrin‹, Katrin Küchler.
Pfarrer Zandler hat recht. Es hat im Leben alles einen Sinn. Ich musste heute nach Waldkogel kommen. Ob die Engel vom ›Engelssteig‹ etwas dazu getan haben, überlegte Tillmann. Die wenigen Geschichten, die Pfarrer Zandler Till vom ›Engelssteig‹ und ›Höllentor‹