Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
»Ich frage mich, was ich jetzt machen soll? Wie soll ich mich verhalten? Soll ich ihm eine Szene machen? Oder soll ich so tun, als hätte es den gestrigen Abend nicht gegeben?«
Anna schaute Alexandra an.
»Was fühlst du im Herzen? Liebst du Fabian?«
»Oh, Anna, sicher liebe ich ihn! Das weißt du doch! Er hat mir vom allerersten Augenblick an gefallen. Ich war vorsichtig, zurückhaltend. Dieses Mal wollte ich nicht so schnell mein Herz verschenken. Du weißt, was ich für Erfahrungen gemacht habe. Ich habe hier in den Bergen viel nachgedacht und sagte mir, dass ich es den Burschen vielleicht einfach zu leicht gemacht habe. Ich habe ihnen nicht das Gefühl gegeben, dass sie um mich werben mussten. Sie mussten nicht um mein Herz kämpfen. Also hielt ich dieses Mal mein Herz unter Verschluss. Und jetzt ist er fort!«
Alexandra seufzte erneut.
»Ich muss mich damit abfinden, dass ich kein Glück in der Liebe habe. Dabei habe ich ganz deutlich gespürt, dass er mich liebt, als er mich küsste. Aber ich habe mich wohl geirrt. Anna, ich bin einfach unfähig zu beurteilen, was Liebe ist und was keine Liebe ist. Es war alles genau so, wie du mir die wahre Liebe beschrieben hast. Aber das gilt wohl für alle auf der Welt, nur für mich nicht.«
»Was willst du jetzt machen?«, fragte Anna.
»Keine Ahnung! So tun, als hätte ich viel Arbeit! Ich male! Tue so, als wäre nichts gewesen. Außerdem wird der Container bald abgeholt. Sag mal, Toni, kannst du Fellbacher nicht bitten, dass das Ding früher dort weg muss?«
»Des ist schon zu machen, denke ich! Es sieht auch schlimm aus, dieser weiße Kasten auf der Wiese. Ist kein schöner Anblick!«, sagte Toni. »Ich werde mit dem Fellbacher gleich reden.«
»Sage ihm, dass ich ihm auch ein schönes Bild für sein Büro male. Er soll mir sagen, was er gerne hätte.«
Das war für Anna das Stichwort.
»Da habe ich eine gute Idee! Hör mal, Alex! Du könntest nach Kirchwalden fahren und dir Kopien aller eingemeindeten Ortschaften von Waldkogel holen. Die bekommst du auf der Kreisverwaltung im Archiv. Dort soll es auch alte Urkunden von Waldkogel geben, bezüglich der Gemeinderechte und so. Besorge dir davon eine Kopie. Dann malst du dem Fellbacher diese Kopie als Wandschmuck für sein Büro im Rathaus. Das freut ihn bestimmt.«
»Das ist eine Superidee, Anna!«, rief Toni aus.
Dann wandte er sich an Alexandra.
»Auf dem Amt musst ein bisserl diskret sein. Darfst auf keinen Fall durchblicken lassen, dass du dem Fellbacher einen Gefallen tun willst. Weißt, unter den Parteibazis gibt es auch immer wieder Neider. Dir wird sicherlich eine harmlose Ausrede einfallen, wenn dich jemand danach fragt, warum du dich dafür interessierst.«
»Ach, da mache dir mal keine Sorgen, Toni. Die Amerikaner sind ganz wild auf gemalte Wappen und Urkunden aus dem guten alten Europa«, beruhigte ihn Alexandra.
»Magst du etwas essen, Alex? Soll ich dir Eier mit Speck machen?«
»Danke, Toni! Aber ich nehme gern eine Laugenbrezel. Die kann ich unterwegs essen. Ich werde mich gleich auf den Weg nach Kirchwalden machen. Da habe ich eine schöne Aufgabe und denke bestimmt weniger an Fabian Metzger!«
»Wie du willst! Wenn du ihm aus dem Weg gehen willst, dann kannst du auch gern einige Tage zu uns auf die Berghütte kommen«, sagte Anna.
»Das ist ein verlockendes Angebot, das ich gerne annehme! Außerdem, habt ihr nicht etwas von einem anstehenden Hüttenabend mit Tanz erzählt?«
»Ja, der ist heute Abend!«
»Großartig! Ich bin dabei! Die feschen Burschen der Bergwacht kommen auch, Leo und seine Kameraden?«, fragte Alex übermütig.
»Ja, ja, die kommen auch!«
Toni und Anna schauten Alexandra erstaunt an. Ihre Traurigkeit war ganz von ihr abgefallen wie ein altes Kleidungsstück. Sie sah jetzt aus, wie jemand, der sich in ein Abenteuer stürzen wollte.
»Nun schaut nicht so, Anna und Toni! Wie heißt es? Man kann Feuer nur mit Feuer bekämpfen! Und das werde ich tun. Ich werde tanzen und küssen und einen wunderschönen Hüttenabend erleben, und dann wird der Katzenjammer über Fabian bald vorbei sein.«
Sie stand auf.
»So, Freunde, das war es! Dann bis heute Abend! Pfüat di, wie ihr hier in den Bergen sagt.«
Alexandra umarmte die völlig überraschte Anna und schüttelte Toni die Hand. Dann rannte sie davon.
»Himmel, Anna, was war das? Des Madl hat es vielleicht erwischt! Die ist ja völlig deppert! Die muss den Fabian sehr lieben!«
»Ja, das tut sie! Nur zugeben will sie es nicht, dass es ihr sehr weh tut. Und irgendwie finde ich auch Fabians Verhalten sehr sonderbar. Ach, Toni, warum ist das mit der Liebe oft so kompliziert?«
Toni legte seine Arme um Anna und küsste sie.
»Das mit der Liebe ist nicht kompliziert! Die Leut’ machen es nur kompliziert! Es ist doch ganz einfach! Entweder lieben sich zwei oder sie lieben sich nicht!«
Er sah Anna in die Augen.
»Und wir lieben uns! Anna, ich liebe dich! Das muss ich dir mal wieder sagen. Oft habe ich das Gefühl, dass unsere Liebe unter der vielen Arbeit etwas zu kurz kommt. Dass ich es dir nicht oft genug sage!«
»Ich liebe dich, Toni! Und wir sagen es uns mit jedem Tag, den wir gemeinsam auf der Berghütte verbringen, auch wenn wir es nicht aussprechen!«
Sie nahmen sich fest in die Arme und küssten sich.
»Ach, Toni, ich wünsche mir so, dass Alexandra auch glücklich wird.«
»Das wird sie schon! Irgendwann wird die Liebe schon den Burschen zu ihr bringen, der zu ihr gehört!«
Toni und Anna gingen engumschlungen hinein in die Berghütte.
*
Es war schon dunkel, als Alexandra aus Kirchwalden zurückkam. Sie parkte ihr kleines Auto auf der Wiese hinter der Oberländer Alm, um sich sofort auf den Weg auf die Berghütte zu machen.
»Grüß dich, Alex!«, rief ihr Hilda zu.
»Grüß Gott, Hilda! Geht es dir gut? Ich hoffe! Auf der Berghütte ist heute Abend Hüttenabend. Ich habe es eilig. Ich komme die Tage mal wieder vorbei!«
»Net so eilig, Alex!«, rief ihr Hilda zu. »Nur auf ein Wort! Ist dringend!«
Alex blieb stehen. Sie schaute verwundert in Hildas Richtung und ging schließlich zu ihr.
»Was gibt es?«
Hilda senkte bewusst die Stimme.
»Während du in Kirchwalden warst, ist die Firma hiergewesen und hat den Wohncontainer abgeholt. Sie hatten einen großen Kran dabei.«
»Ja und? Bin froh, dass dieser Klotz wieder fort ist!«
»Ja, das ist aber noch nicht alles! Jetzt steht neben deiner Almhütte ein Steinsockel. Den haben die Leute mit dem Kran aufgestellt. Und darauf steht das Schrottauto von dem Fabian. Was sagst du dazu? Wenn er dir damit die Aussicht verschandelt, musst du dann nicht erst deine Zustimmung dazu geben?«
Alexandra stemmte die Arme in die Seite.
»Sicherlich!«, rief Alex voller Empörung.
»Dann wäre es vielleicht besser, wenn du erst mal heimgehst und nachsiehst. Also, da sind heute merkwürdige Sachen geschehen rund um deine Almhütte.«
Alexandra packte Hilda Oberländer an den Schultern.
»Danke, Hilda!«
Alexandra ließ Hilda stehen und rannte los, quer über die Wiesen in der Richtung ihrer Almhütte.
Schon von weiten sah sie, dass darin Licht brannte.
Atemlos