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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Beinen auf dem Boden stand. Nichts an ihr war gekünstelt. Sie hatte weder Lippenstift, noch sonst ein Make-up getragen. Ihre Natürlichkeit war ihre besondere Schönheit. Sie ist ein richtig fesches Madl, wenn sie auch ganz anders ist, als man sich so im Allgemeinen ein fesches Madl vorstellt. Florian wusste auch nicht genau, wie er Saskia einordnen sollte. Er wusste nur, sie war anders, ganz anders als alle jungen Frauen, die er sich bisher näher angesehen hatte. Ihre großen Augen hatten ihn verzaubert. Es lag so viel Leben darin und Neugierde, Erwartung und Interesse auf alles. Sie zierte sich nicht, als wir ihr anboten, mit auf die Weide zu kommen, um bei der Niederkunft des Kalbes dabei zu sein. Dort zierte sie sich nicht. Sie blieb ruhig, stellte keine dummen Fragen. Sie hielt sich im Hintergrund und fotografierte. Da muss ich auch auf den Fotos sein, dachte Florian. Ob sie mich betrachtet, wenn sie die Bilder ansieht? Er hoffte es. Gleichzeitig ärgerte er sich, dass er ihr nicht angeboten hatte, ein Bild von ihr mit der Kuh und dem Kalb zu machen. Was bin ich für ein Dussel, dachte er. Ich hätte sie zuerst mit ihrem Handy ablichten und dann ein Bild mit meinen Handy machen können. Sie hätte keine Einwände haben können, und es wäre nicht verdächtig gewesen. Aber ich habe nicht daran gedacht. Florian ärgerte sich über sich.

      Er saß eine ganze Weile da, schaute in die Sterne und betrachtete Saskias Bild in seinem Herzen, das einzige Bild, das er von ihr hatte. Einen Augenblick lang überlegte er, ob er zur Berghütte wandern sollte. Ich könnte unsere Begegnung zwanglos darstellen. Toni habe ich, seit ich damals fortging, nicht mehr gesehen. Seine Frau Anna kenne ich nur vom Hörensagen und die beiden Adoptivkinder Sebastian und Franziska auch.

      Florian rieb sich das Kinn. Er schmunzelte über sich. Da sitze ich nun und überlege, ob ich einem Madl nachlaufen will, das offensichtlich nichts von mir wissen will, denn sonst wäre sie geblieben. Zugleich hoffte Florian, dass er bei Saskia einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte. Er lächelte vor sich hin, als er sich erinnerte, wie verlegen Saskia geworden war und sie ihre aufsteigende Röte zu verbergen versuchte.

      Wieder schaute Florian hinauf in die Sterne. Es wäre schön, wenn ich jetzt nicht alleine hier sitzen würde, dachte er.

      Bisher war er bewusst alleine durch das Leben gegangen. Das hieß nicht, dass er keine Frauenbeziehungen gehabt hatte, doch Florian hatte sorgfältig darauf geachtet, dass sich eine Beziehung nie zu einer festeren Bindung entwickeln konnte. Dann wäre es vielleicht zu Fragestellungen gekommen, die er unbedingt hatte vermeiden wollen. Als er damals den Basler-Hof verlassen hatte, hatte er das nicht grundlos getan. Es hatte ihm das Herz geblutet. Florian erinnerte sich, wie ihm die Tränen über die Wangen gelaufen waren, als er im Bus gesessen hatte. Aber bleiben hatte er auch nicht können. Es war ihm unmöglich gewesen, weiter in Waldkogel zu leben. Jeder, der ihn auf der Straße grüßte, ließ die eine Frage in ihm aufsteigen, eine Frage, auf die er keine Antwort bekommen würde. Eine Fragestellung, die ihm jedes Weiterleben in Waldkogel unmöglich gemacht hätte. Obwohl Florian sich ein neues Leben eingerichtet hatte und auch glücklich war, so lag immer noch dieser Schatten auf seiner Seele, der ihm die Unbefangenheit, die Freiheit des Herzens genommen hatte.

      Es war einsam mit dem Bauern auf der Alm. Aber Florian war das recht. So ging er Fragen aus dem Weg. Ich werde Saskia nicht auf die Berghütte folgen, dachte er. Ich kann nicht. Ich muss mir die Begegnung mit Toni und seiner Familie auch versagen. Belügen will ich Toni nicht. Ausreden liegen mir fern. Also lasse ich es so, wie es ist.

      Florians Herz schmerzte. Es zog ihn zu Saskia. Aber dazu hätte er sein selbstgewähltes Schneckenhaus verlassen müssen. Das fiel ihm nicht nur schwer, sondern es war ihm unmöglich. So litt er still vor sich hin. Saskia, Saskia, Saskia, flüsterte sein Herz bei jedem Schlag. Er suchte nach einer Möglichkeit, ihr zwanglos zu begegnen. Vielleicht an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit? Es durfte nicht in Waldkogel sein.

      Florian dachte nach. Nein, es war noch schlimmer. Er wollte Saskia nie mehr sehen. Ich werde nicht mehr an sie denken. Das ist besser. Ich will keinerlei Risiko eingehen. Nur so kann ich allem entgehen. Bei dem Gedanken schnürte der Schmerz sein Herz zusammen. Ich muss sie vergessen! Es war ja nur eine kurze Begegnung. Ich werde sie vergessen. Irgendwann wird mir eine andere Frau begegnen, nicht in Waldkogel, und das wird besser sein. Es wird vielleicht noch eine Weile schmerzen, aber dann wird die Erinnerung an Saskia verblassen, redete er sich ein. Das Leben hatte ihn hart gemacht und ihm nichts geschenkt, ihm schon als junger Mann die Last auferlegt, die er zu tragen hatte. Damit der Schmerz darüber nicht noch mehr zerstörte, hatte sich Florian für das Leben entschieden, das er führte. Davon durfte ihn nichts abbringen.

      Florian schnäuzte in sein Taschentuch. Er stand auf und ging zur nächs­ten Weide. Er versuchte sich ganz auf seine Arbeit zu konzentrieren. Das hatte er im Leben immer so gemacht. Arbeiten und nichts anderes zu tun, als zu arbeiten, nur das hatte ihn vieles überstehen lassen. Abends war er so müde gewesen, dass er gleich in einen tiefen Schlaf gefallen war und er nicht ins Nachdenken und ins Grübeln gekommen war. Florian beschleunigte seine Schritte.

      *

      Als Anna auf die Terrasse der Berghütte kam, saß Saskia auf einem Stuhl und hatte die Füße auf das Geländer gelegt. Sie schaute hinauf in die Sterne.

      »Es ist ein besonders schöner Sternenhimmel heute Nacht«, bemerkte Anna.

      »Ja! Ich liebe den Himmel über Waldkogel!«

      »Hier, ich habe uns einen Grog gemacht! Darf ich mich zu dir setzen?«

      »Bitte!«

      Saskia schaute sich um.

      »Toni hat sich zurückgezogen. Das ist gut, dann können wir Weiber ein bisserl reden, ohne dass wir uns beobachtet fühlen«, sagte Anna. »Es geht nichts über ein gutes Gespräch unter Frauen. Frauen reden anders miteinander als sie mit Männern reden. Und sie reden noch anderes, wenn keine Männer in der Nähe sind.«

      Sie nippten an den Bechern.

      »Schmeckt gut, Anna! Der Grog ist schön kräftig und süß, so wie ich ihn mag.«

      »Saskia, dich bedrückt doch mehr, als du mir vorhin angedeutet hast. Ich will nicht in dich dringen. Ich will dir nur sagen, dass du in mir eine gute Zuhörerin hast, falls du reden willst.«

      »Danke, Anna! Ich gestehe dir, ich bin heute sehr verwirrt.«

      »Das habe ich bemerkt! Dich beschäftigt etwas, vor dem du gerne davonlaufen würdest, aber es dir versagst. Du drehst dich im Kreis.«

      »Du bist eine gute Menschenkennerin, Anna.«

      »Man lernt viel über Menschen hier auf der Berghütte. In der Einsamkeit der Berge kann es vorkommen, dass langverdrängte Gefühle, Erinnerungen und Konflikte an die Oberfläche steigen, dass sie aufbrechen. Im Alltag sind die Menschen mit so vielen Aufgaben beschäftigt, dass sie das, was sie wirklich bedenken und vielleicht auch lösen sollten, dem sie sich stellen sollten, verdrängen können. Hier in den Bergen bei der Ruhe, ohne Radio, Fernsehen, Kino, Internet ist das nicht so einfach. Hier gibt es nur den kleinen Menschen und die großen Berge.«

      Saskia trank wieder einen Schluck. Sie umklammerte den Becher mit beiden Händen, als wollte sie sich an ihm festhalten.

      »Ich bin hierher gekommen, um zwei Ausgaben der Wochenendbeilagen zu schreiben. Ich habe auch schon einige Themen. Ich war heute Zeugin, wie eine Kuh gekalbt hat. Und ich sage dir, es war ein ganz besonderes Erlebnis. Dann habe ich die Herzen an der Felswand fotografiert. Ich versuche, die Paare aufzustöbern und sie zu ihrem Leben befragen. Zumindest hoffe ich, einige zu finden.«

      »Frage Meta, sie kennt alle! Meine Schwiegermutter ist ein wandelndes Geschichtsbuch, was Ereignisse in Waldkogel angeht.«

      »Daran habe ich auch schon gedacht.«

      Anna trank einen Schluck Grog.

      »Wer hat dir von der ›Wolfsgrub‹ erzählt, Saskia?«, fragte Anna direkt.

      »Ach, ich bin nach meiner Ankunft gleich losgegangen. Ich wollte nur einen harmlosen Abendspaziergang machen …«

      Saskia brach den Satz ab.

      »Klingt, als sei dieser geplante Spaziergang dann ganz anders verlaufen?« Anna zeigte Verständnis und ermutigte


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