Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
bei ihr für die Belästigung entschuldigte.
»Nanu, was ist denn mit Frau Hanke los?«, fragte sie ihren Mann.
»Im Grunde ist sie ein armes Hascherl, wie sich herausgestelIt hat. Man hat sie zur Stiefmutter gestempelt. Sie wollte es wohl gar nicht werden, aber mit der Zeit hat man es ihr von allen Seiten einsuggeriert, und in der Trotzreaktion hat sie Fehler über Fehler gemacht. Hätte sie schon vorher mal so mit mir geredet, anstatt mir auch dauernd mit irgendwelchen eingebildeten Wehwehchen zu kommen, wäre manches wohl besser gewesen. Vielleicht«, fügte er gedankenvoll hinzu, »ob jetzt noch etwas zu retten ist, steht in den Sternen.«
*
Im Hause Albrecht sah es ganz anders aus. Da herrschte vollkommene Harmonie. Stefan wurde von Frau Bürkel pünktlich geweckt. Er konnte sich an einen liebevoll gedeckten Frühstückstisch setzen und die Freude genießen, dass sein Papi sich dafür auch Zeit nahm.
»Setzen Sie sich doch zu uns, Frau Bürkel«, sagte Martin herzlich. »Es gibt doch noch einiges zu besprechen.«
»Zurechtfinden tu ich mich schon«, erklärte sie. »Und wenn Sie mir sagen würden, was ich so kochen soll?« Ein bisschen schüchtern war sie schon noch, aber sie hatte sich ja auch nicht vorgestellt, dass der Herr Professor so ein freundlicher Mann war.
Stefan zählte gleich auf, was er gerne aß. Vor allem nichts aus Büchsen, das hatte er zu lange vorgesetzt bekommen. Er hatte seinem Papi zwar versprochen, sich nicht allzu sehr über Tante Hella zu beklagen, aber Frau Bürkel hatte schnell herausgefunden, dass hier manches im Argen zu liegen schien.
Martin gab ihr Geld, damit sie Besorgungen machen konnte, dann war es aber auch Zeit, dass sie sich auf den Weg machten.
»Ich komme schon pünktlich heim, Frau Bürkel«, versprach Stefan. »So halb eins bin ich da.« Dann lachte er sie an und sagte: »Sie sind sehr nett.«
Martin brachte Stefan zur Schule. Er bestellte Grüße an Kerstin.
»Tausend ganz liebe«, sagte er, »und einen Kuss kannst du ihr auch von mir geben, wenn es keiner sieht.«
Das tat Martin dann auch. Allerdings kam er erst am späten Vormittag dazu. Er musste ihr auch erzählen, dass nun Frau Bürkel den Haushalt versorgte.
»Dann braucht ihr mich ja gar nicht mehr«, sagte sie verschmitzt.
»Dich wollen wir ja nicht als Haushälterin«, erwiderte er zärtlich.
»Ich wage es kaum zu sagen, aber wäre es dir möglich, mir einige Sachen aus meiner Wohnung zu holen?«
»Natürlich, mein Liebes.«
»Ich habe schon aufgeschrieben, wo du alles findest. Es tut mir leid, dass ich dir nichts als Arbeit mache.«
»Ich werde gleich zusammenbrechen«, scherzte er.
»Wenn ich mich doch nur bewegen könnte«, seufzte sie.
»Ich bin froh, dass du davongekommen bist, du ungeduldiges Mädchen, und dass du eine so gute Konstitution hast.«
»Ich habe halt immer solide gelebt und viel Sport getrieben. Im Bett halte ich es nicht mehr lange aus, Martin.«
»Wir wollen froh sein, dass nichts anderes gebrochen ist, sonst müsstest du es viel länger aushalten. Nicht ungeduldig werden, Kerstin. Mit den Rippenbrüchen ist nicht zu spaßen.«
»Ich kann aber schon wieder lachen, ohne dass es wehtut.«
Aber ganz ohne Schmerzen ging es doch nicht ab. Sie nahm sich nur höllisch zusammen, doch Martin müsste kein so erfahrener Arzt gewesen sein, um das nicht zu merken. Mit ihrem Allgemeinbefinden konnte er jedoch recht zufrieden sein.
Von Schloss Riebling bekam er keine erfreulichen Auskünfte. Hella lag im Koma. Alle Bemühungen waren bisher erfolglos gewesen. Ihr Körper hatte jede Widerstandskraft aufgezehrt. Ihre Gehirnzellen arbeiteten nicht mehr.
Wieder quälte ihn die Frage, ob er das nicht hätte verhindern können. Er rief das Sanatorium an, in dem sie sich vor ein paar Jahren aufgehalten hatte. Aber auch von dort bekam er deprimierende Auskünfte. Mit einem nachhaltigen Erfolg der Entziehungskur hatte man dort nicht gerechnet. Sie sei der typische Rückfallpatient.
Jetzt war es nutzlos, sich über Unterlassungssünden den Kopf zu zerbrechen. Die Erkenntnis blieb, dass jeder Schwerkranke nur eine Chance bekam, wenn er Vertrauen in seinen Arzt setzte und Glauben in seine eigene Kraft. Ja, Liebe konnte helfen, aber wenn ein Mensch keine Liebe geben konnte, wie sollte er denn welche empfangen?
*
Stefan war pünktlich heimgekommen, wie er versprochen hatte. Lockende Düfte empfingen ihn. Schnuppernd hob er die Nase.
»Das riecht aber gut«, sagte er. »Ich habe mächtigen Hunger, Frau Bürkel.«
»Das habe ich mir gedacht«, erwiderte sie lächelnd. »Ich werde dich schon satt bekommen.«
»Papi kommt wohl nicht?«, fragte er.
»Doch, er wird gleich hier sein. Er hat eben angerufen.«
Es ging alles nach Wunsch. So geruhsam hätte Frau Bürkel sich ihre Tätigkeit gar nicht vorgestellt und als Stefan dann gegen sechs Uhr von seinem Vater wieder heimgebracht wurde, war sie richtig froh, Gesellschaft zu haben.
Martin fuhr zu Kerstins Wohnung. Das ganze Haus roch neu. Nur wenige Wohnungen waren bisher bezogen, wie es in den teuren Bauten jetzt gang und gäbe war. Einfach würde es gar nicht sein, diese Dachwohnung weiterzuverkaufen. Darüber machte sich Martin aber augenblicklich wenig Gedanken, denn als er die Tür aufschließen wollte, fand er sie unverschlossen. Und als er eintrat, sah er sich Tonio Laurentis gegenüber.
Die beiden Männer maßen sich mit einem feindseligen Blick.
»Was machen Sie hier?«, fragte Laurentis wütend.
»Das möchte ich Sie fragen«, konterte Martin scharf.
»Wie Sie bemerken dürften, bin ich im Besitz des Wohnungsschlüssels«, sagte Laurentis gehässig. »Ihre Schlüsse daraus können Sie selbst ziehen.«
Martin wurde es augenblicklich schwarz vor Augen. Seine Gedanken überstürzten sich, aber sein Verstand besiegte die Zweifel, die ihn jäh überfallen hatten.
»Schlüsse zu ziehen, erspare ich mir«, sagte er eisig. »Ich finde es befremdlich, dass Sie in eine Wohnung eindringen, deren Besitzerin ans Bett gefesselt ist.«
»Spielen Sie sich nicht auf. Diese Wohnung ist nicht mal zu einem Drittel bezahlt und ich habe noch beträchtliche Forderungen an Frau Torstensen zu stellen. Ich habe das Recht, mich zu vergewissern, dass aus dieser Wohnung nichts entfernt wird.«
»Kann ich das bitte schwarz auf weiß sehen?«, fragte Martin sarkastisch. »Ich möchte einige Sachen für Frau Torstensen holen. Sie hat mich beauftragt und Sie werden mich nicht daran hindern, Herr Laurentis.«
Er wollte an dem andern vorbeigehen, der wollte ihm den Zutritt zu den Räumen verwehren. Und in diesem Augenblick tat sich eine Tür auf und ein junges Mädchen, in einen Bademantel gehüllt, erschien. Martin verschlug es augenblicklich die Stimme.
»Ich habe die Wohnung untervermietet, damit Kerstin keine finanzielle Einbuße hat«, sagte Laurentis dreist.
»Wie interessant«, sagte Martin. »Nun, dann werde ich mal die Polizei anrufen und feststellen lassen, ob das rechtens ist.«
»Ich will nichts mit der Polizei zu tun haben«, kreischte das Mädchen los.
»Halt deinen Mund«, fauchte Laurentis sie an.
»Du hast gesagt, dass ich keine Schwierigkeiten bekomme, wenn ich hier wohne«, heulte sie.
Martin starrte sie an. Er sah auf dem Bademantel die Initialen K T und kalte Wut kroch in ihm empor.
»Und die Benutzung von Frau Torstensens Kleidung ist Ihnen auch gestattet worden?«, fragte er heiser.
Laurentis