Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
haben uns dieses Leben gewünscht.«
»Und wir sind zufrieden«, sagte Mildred.
Sie waren aus einer anderen Welt, in der man sie nicht zufrieden ließ, geflohen, das konnte sich Dr. Cornelius nun schon zusammenreimen, obgleich er bis zu dieser Stunde nur Vermutungen gehegt hatte. Es war wirklich schön hier, aber er konnte nicht ewig bleiben, und er wollte auch nicht unverrichteterdinge gehen.
»Würden Sie bitte gestatten, daß ich mich ein paar Minuten mit Ihrem Mann allein unterhalte, Frau Woldan?« fragte Dr. Cornelius.
Sie war leicht verwirrt, nickte dann aber. »Ich würde mir gern die obere Alm ansehen«, sagte Dr. Cornelius leicht verlegen.
Mildred und Bob tauschten einen bedeutsamen Blick.
»Zum Verkauf steht hier nichts«, sagte Bob reserviert.
»Darum handelt es sich nicht«, sagte Dr. Cornelius. »Worüber ich mit Ihnen sprechen möchte, ist nicht für Kinderohren bestimmt«, fügte er rasch hinzu, als die beiden Buben jetzt zu einem Wagen liefen, vor den ein Maulesel gespannt war, der von einem alten Mann geführt wurde.
Mit dem Ausruf: »Der Bastian kommt«, waren sie davongelaufen.
»Die Buben sind jetzt untergebracht«, sagte Bob Woldan. »Sie brauchen den beschwerlichen Weg nach droben nicht zu machen, Dr. Cornelius. Was gibt es denn Wichtiges? Worum handelt es sich?«
»Um einen Patienten namens William Docker«, sagte Dr. Cornelius rasch.
Er sah in zwei versteinerte Gesichter. »Er ist Patient bei Ihnen?« fragte Bob Woldan dann heiser.
»Und er hatte einen schweren Kreislaufkollaps. Ich nehme an, daß er nicht nur in diese Gegend kam, um eine Kur zu machen. Er hält sich ja für kerngesund, was durch die jüngsten Ereignisse jedoch widerlegt wurde. Er wollte seine Schlaflosigkeit bei uns auskurieren. Vielleicht wissen Sie den Grund für diese Schlaflosigkeit.«
»Was wissen Sie?« fragte Bob Woldan vorsichtig.
»Ich vermute nur und kombiniere. Er hat den Namen Woldan ein paarmal gemurmelt, als er halb bewußtlos war. Docker und Woldan haben keine Ähnlichkeit miteinander, aber Sie, Herr Woldan, haben eine unübersehbare Ähnlichkeit mit Mr. Docker. Sie sind sein Sohn, nicht wahr?«
»Ich war es«, stieß Bob zwischen den Zähnen hervor. »Es führt kein Weg zurück.«
»Sei nicht so hart, Bob«, sagte Mildred in englischer Sprache, in einem sehr guten Englisch ohne amerikanischem Akzent. »Was soll Dr. Cornelius denken?«
»Er kann gut kombinieren«, sagte Bob. »Und vielleicht weiß er mehr, als er zugeben will.«
»Mr. Docker ist ein kranker Mann, und er plagt sich mit seinem Gewissen«, sagte Dr. Cornelius.
»Mein Vater hat nie etwas im Leben bereut«, sagte Bob hart. »Er denkt in Zahlen. Er hat keine Gefühle.«
»Bob, ich bitte dich«, sagte Mildred.
»Du hast schon gar keinen Grund, einzulenken, Darling«, sagte Bob und streichelte zärtlich ihre Hand. »Dr. Cornelius, ich liebe meine Frau über alles. Mein Vater wollte das nicht verstehen. Weil Mildred sich ihren Lebensunterhalt in einer Bar verdienen mußte, hat er sie in eine Kategorie von Frauen eingeordnet, zu der sie nie gehört hat. Ich traf meine Entscheidung. Ich weiß, wohin ich gehöre. Wir sind glücklich und werden uns unser Glück nicht zerstören lassen.«
»Vielleicht will er gutmachen, nicht zerstören«, sagte Dr. Cornelius.
»Vielleicht will er das, Bob«, sagte auch Mildred. »Man soll nicht Gleiches mit Gleichem vergelten.«
»Soll ich zu ihm hingehen?« fragte Bob. »Nein, wenn er guten Willens ist, muß er den ersten Schritt tun. Das ist mein letztes Wort. Es tut mir leid, Dr. Cornelius. Ich habe Respekt vor Ihrer Tätigkeit. Sie wollen allen Menschen helfen. Meinem Vater werden Sie nicht helfen können. Er sitzt auf einem Thron. Er hat sich selbst darauf gesetzt. Er, nur er allein kann sich helfen, niemand sonst. Woldan ist übrigens der Mädchenname meiner Mutter. Sie hat hier gelebt. Ihrer Mutter gehörte diese Alm einmal. Für uns ist sie zur Heimat geworden. Auch für Mildred. Was heute daraus geworden ist, habe ich nur meiner Frau zu verdanken. Ich wurde nur zum Erben erzogen, zum Befehlen. Es hat mir nie gefallen. Hier befiehlt jedenfalls Mildred.«
»Er übertreibt, Dr. Cornelius«, sagte Mildred. »Er meint, alles gutmachen zu müssen, was Mr. Dockers Starrsinn uns versagen wollte.«
»Und wenn er doch den ersten Schritt tut?« fragte Dr. Cornelius leise.
»Er tut ihn aber nicht. Sie werden ihn noch kennenlernen«, sagte Bob. »Er müßte eine halbe Stunde bergan steigen, und das ist ihm zu mühsam. Er ist es gewohnt, bis vor jede Tür gefahren zu werden und daß ein roter Teppich unter seine Füße gebreitet wird. Er ist der King.«
Seine Worte klangen unversöhnlich. Dr. Cornelius fing einen bittenden Blick von Mildred auf.
Er erhob sich. »Ich muß jetzt wieder heim«, sagte er. »Ich wollte Sie nicht umstimmen. Es ist sinnlos, Menschen zu etwas überreden zu wollen, gegen das sich ihr Innerstes sträubt. Vielleicht kennen Sie Ihren Vater sogar besser als ich, Herr Woldan. Ich hätte mich wohl mehr mit ihm beschäftigen müssen, als mich spontan zu diesem Besuch zu entschließen.«
»Sie haben es gut gemeint«, warf Mildred ein.
Die Buben kamen wieder herbei. »Warum will der nette Herr schon gehen?« fragte Flori.
»Ich muß wieder heim«, erwiderte Dr. Cornelius.
»Kommst mal wieder?« fragte Flori.
»Das kann schon sein, wenn ich willkommen bin.«
»Sie sind immer willkommen, Dr. Cornelius«, sagte Mildred.
»Vielleicht geben Sie mir später doch mal die Möglichkeit, Ihre Gastfreundschaft zu erwidern«, sagte Dr. Cornelius. »Es würde mich freuen.«
*
»Was haben Sie mit mir gemacht«, polterte William Docker los, als Dr. Cornelius sein Appartement betrat.
»Was haben Sie mit sich oder aus sich selbst gemacht?« fragte der Arzt nachdenklich.
»So was ist mir noch nie passiert. Hier, ausgerechnet hier muß es geschehen.«
»Irgendwann wäre es überall geschehen«, erklärte Dr. Cornelius gelassen. »Ich bin gern bereit, Ihnen die Untersuchungsbefunde genau zu erklären. Aber Sie sind ja noch einmal davongekommen. Ärzte waren gleich zur Stelle. Erinnern Sie sich bitte, wie es angefangen hat.«
»Ich habe keine Luft mehr bekommen«, brummte William Docker. »Das Klima bekommt mir doch nicht.«
»Dann fahren Sie zurück in die Staaten, und machen Sie weiter so wie bisher«, sagte Dr. Cornelius. »Oder gehen Sie zu einem andern Arzt.«
»Reden Sie mit allen Ihren Patienten so?« fragte William Docker aggressiv.
»Mit jedem so, wie er es am besten versteht«, erwiderte Dr. Cornelius.
»Habe ich phantasiert?« fragte Docker nach einer kleinen Pause.
»Auch das.«
»Was habe ich gesagt?«
»Zusammenhanglose Worte. Wenn Sie meine Anordnungen jetzt strikt befolgen, werden Sie in ein paar Tagen auf den Beinen sein.«
»Oder tot, wenn ich nichts zu essen bekomme«, knurrte der andere.
»Sie werden zu essen bekommen, aber den Whisky lassen Sie gefälligst im Schrank.«
William Docker kniff die Augen zusammen. »Sie sind ein Tyrann«, sagte er.
»Sie auch«, gab Dr. Cornelius schlagfertig zurück.
Damit erschöpfte sich die Unterhaltung. William Docker sank in die Kissen zurück und schloß die Augen.
»Wie war er während meiner Abwesenheit?« fragte