Zeit für Liebe. Diana RichardsonЧитать онлайн книгу.
Körper in sexueller Vereinigung bilden ein kraftvolles Magnetfeld und lassen Bioenergie zirkulieren.
Um die Sexenergie zu aktivieren, ist es wichtig, die Brüste der Frau liebevoll und achtsam zu berühren.
BEWUSSTSEIN VON KÖRPER UND GEIST
Die einfachste Definition der Kunst des Tantra ist, dass es Sex und Meditation verbindet. Es ist sowohl ein körperliches wie ein spirituelles Ereignis, bei dem aus zwei scheinbar gegensätzlichen Extremen eine Einheit wird. Wenn dies geschieht, entsteht eine magische Atmosphäre. Wir haben das Gefühl, dass wir in eine andere Dimension eintreten, in der uns der gegenwärtige Augenblick ganz erfüllt – alles funkelt und strahlt. Die Augen beginnen zu leuchten, wir tragen ein Lied in unserem Herzen und beginnen, unsere Umgebung, unseren Liebsten und uns selbst neu wertzuschätzen. Wir fühlen uns sensibel und durchlässig, denn eine universelle Energie, pulsierende Lebensenergie, bewegt sich durch uns hindurch.
Beim konventionellen Sex erreichen wir diese Feinfühligkeit und Lebendigkeit nicht, denn wir nehmen normalerweise gar nicht bewusst wahr, was passiert. Wir haben einfach Sex, oft mechanisch oder routinemäßig, und haben (hoffentlich) Spaß daran, aber wir verlieren uns in der Regel in der Aktivität. Beim bewussten Sex versuchen wir, mit dem zu sein, was in jedem Augenblick geschieht, und dadurch entsteht die Chance jedes Mal eine weitere, bereichernde Liebeserfahrung zu machen. Das ist so, weil wir die wahre Natur der sexuellen Energie verstehen– Bewusstheit verwandelt Sex in Liebe.
Eine Meditation
Aus diesem Grunde lädt uns Tantra dazu ein, präsent zu sein und uns bewusst wahrzunehmen, während wir Liebe machen. Wir verlieren uns nicht und werden nicht mechanisch; unsere Aufmerksamkeit ist nach innen gerichtet. Wir bleiben bei dem, was wir wahrnehmen und fühlen, wir sind „hier“. Während wir Liebe machen, entsteht so Meditation ganz von selbst. Für die meisten Menschen bedeutet Meditation, allein zu sein, aufrecht zu sitzen und sich nicht zu bewegen, aber das ist einfach eine Form von Meditation.
Die Bewegungen beim Sex sollten nicht chaotisch, sondern voller Ruhe sein. Sie können um einen Kern von Stille herum geschehen, wie beim Ballett oder bei Tai Chi. Entgegen der allgemeinen Auffassung kann Meditation während des Sexaktes ganz leicht entstehen, denn dessen Intensität, die körperlich angenehm ist, hilft uns, zwingt uns sogar, mit dem zu sein, was geschieht, während es geschieht.
Sich des Augenblicks bewusst zu sein, während er sich entfaltet, lässt uns erfahren, wie es ist, „hier“ und „präsent“ zu sein, und daraus entsteht innere Stille und Entspannung. Das ist die Erfüllung, nach der wir in der Meditation suchen. Die einfache Tatsache, das Bewusstsein dazu zu bringen im Körper zu sein, egal ob wir uns bewegen oder stillliegen, lässt Ruhe, Tiefe und Präsenz entstehen. Der Körper kann sich ganz natürlich bewegen und die Stellung ändern, aber das Bewusstsein bleibt still und gelassen.
Langsamer werden und sich Zeit zu lassen beim Liebemachen ist der Weg, wie wir beginnen können Bewusstheit zu erfahren. Wir müssen uns Zeit nehmen, um zu lauschen, und unsere Aufmerksamkeit nach innen lenken auf die Feinheiten, die aus dem Präsentsein oder der Stille entstehen. Wenn ein Paar immer wieder auf diese entspannte Art Liebe macht, wird die Wahrnehmung mit der Zeit und mit wachsender Erfahrung feiner werden und die Empfindungsfähigkeit nimmt zu. Das Erleben wird schöner und ekstatischer, dehnt sich mehr über den Körper aus. So kann Sex zu einer tiefen, andauernden Meditation werden, bei der sich Körper und Seele zweier Menschen wirklich miteinander verbinden.
Wenn wir davon sprechen, die Art, wie wir Liebe machen, zu verändern, ist Bewusstsein der entscheidende Schlüssel. Bewusstheit ist der Weg, um Sex auf eine neue, höhere Ebene zu bringen. Der erste Schritt ist, dass wir die ganze Zeit auf unseren Körper achten und auf das, was wir tun und fühlen, wenn wir Liebe machen. Langsam, langsam nehmen wir jede Bewegung, jede Geste, jeden Atemzug wahr. Wenn wir lernen, alles zu beobachten, was sich in unserem Körper abspielt, und damit einfach sind, dann wird der Sex an sich zum Fokus unserer Wahrnehmung. Und allein die Tatsache, dass wir präsent sind und alles beobachten, bewirkt schon Transformation.
Wenn wir unseren Körper bewusst wahrnehmen, werden wir überrascht sein, dort eine ganze Welt mit vielen verschiedenen Realitäten zu finden. Und alle sind hier gleichzeitig am Werk: Das Herz schlägt, der Atem hebt und senkt den Brustkorb, wir können über den Körper bestimmte Vibrationen spüren, ein Prickeln und Wärme, ja sogar Licht.
Wenn wir uns zu sehr mit Äußerlichkeiten beschäftigen, wenn unsere Gedanken mit etwas anderem oder jemand anderem beschäftigt sind, wird unsere Aufmerksamkeit nachlassen und nutzlos sein. Unsere Achtsamkeit lässt durch unser Interesse am Orgasmus schnell nach, denn wenn wir uns auf ein Ereignis in der Zukunft konzentrieren, verpassen wir den gegenwärtigen Augenblick. Selbst wenn wir uns nur einer einzigen Sekunde voraus sind: In Wahrheit sind wir abwesend. Wenn wir beginnen, diese Abwesenheit zu hinterfragen, fangen wir an, präsent zu bleiben. Wir lernen, im Hier und Jetzt, im Körper zu bleiben, und das braucht unsere ganze Aufmerksamkeit.
Der Fokus ist auf den Moment gerichtet
Sex gibt uns die Gelegenheit, Bewusstheit zu üben und zu verstärken, um im wahrsten Sinne den gegenwärtigen Augenblick zu erschaffen. Wir lernen, beim Sex mehr zu „sein“ und weniger zu „tun“. Daraus entsteht das magische tantrische Erleben. Plötzlich, wenn es kein Ziel gibt, werden wir spontan und ungehindert mit Lebensenergie beschenkt. Die natürliche Anziehung zwischen Penis und Vagina ist so stark, so voller Leben, dass es ganz leicht ist, in den Moment zu kommen.
Wenn wir spazierengehen, zum Beispiel, kann es leicht passieren, dass wir mit unseren Gedanken abschweifen, da der Kontakt des Fußes zum Boden über den Schuh nicht gerade ein erhabenes Gefühl ist (obwohl es das sein kann, wenn du das willst). Das Gleiche gilt beim Kochen, der Kochlöffel in unserer Hand lässt keine großartige Begeisterung entstehen, keine Faszination. Die Gedanken wandern dabei eher zu anderen Themen. Die Intensität der sexuellen Verbindung, die uns von Natur aus stark berührt, macht es uns daher leichter, im Moment zu sein. Anders sieht es da beim Gehen, Kochen oder bei irgendeiner anderen gewohnten Tätigkeit, der wir nachgehen, aus. Das Genießen wird beim bewussten Sex zu einer Erfahrung, die uns im gegenwärtigen Augenblick verankern kann.
Sei dir deiner selbst bewusst
Um uns zu helfen, in den Moment zu kommen, rät Tantra, unsere Aufmerksamkeit und Bewusstheit bei uns selbst zu lassen. Beim konventionellen Sex ging es mir generell so, dass die Aufmerksamkeit vor allem beim Partner war. Wir konzentrieren uns auf seinen oder ihren Genuss. Wie geht es ihm? Fühlt er sich gut? Mache ich es richtig? Er war fast wichtiger als ich. Während ich meine Aufmerksamkeit auf die eine oder andere Weise auf meinen Partner gerichtet habe, ist mir aufgefallen, dass ich keine echte innere Verbindung zu meinem eigenen Körper hatte und nicht das Gefühl, dass ich nach innen und unten geerdet war. Ich war mit meiner Energie nach oben und außen gerichtet, und im Grunde habe ich für jemanden anderen Liebe gemacht.
Durch Tantra habe ich gelernt, meine Aufmerksamkeit zu mir zurückzubringen, den Mann zu vergessen und mich zunächst um meine eigene Energie zu kümmern. Ich habe gelernt, meine Aufmerksamkeit nach innen und in den unteren Bereich meines Körpers zu lenken, meinen Bauch und meinen Atem zu spüren, mich für mich selbst zu interessieren, bevor ich mich dem anderen zuwende. Das klingt vielleicht verrückt, aber genau darin besteht der Unterschied! Daraus erwachsen eine Leichtigkeit und eine Entspannung, aus denen ganz natürlich Intimität und Anziehung entstehen und in denen sich Unsicherheiten leicht in nichts auflösen. Das heißt, dass ich zuerst meinem eigenen Körper Energie gebe und mich mit ihm eins fühle, bevor ich mit einem Partner zusammen bin. Ich nähere mich mit meinem Körper meinem Partner, bin innerlich in Einklang mit mir, lebendig, und voller Vorfreude, Liebe zu machen. Mit dieser Haltung, sich selbst an erste Stelle zu setzen, sich zu erden und zu zentrieren, kann beim Liebemachen so viel mehr geschehen.
Das wurde mir klar, während ich als Körpertherapeutin arbeitete und unterrichtete. Mein ganzes Leben lang schon habe ich es genossen, Massagen zu geben. Ich beschloss, mich so gut wie möglich zu qualifizieren.