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Wasserschloss zu vererben. Usch HollmannЧитать онлайн книгу.

Wasserschloss zu vererben - Usch Hollmann


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ihr in den Weg stellt und sie nach kurzer, korrekter Begrüßung bittet, für einen Augenblick mit in sein Büro zu kommen. Es sei da in Bezug auf irgendwelche fragwürdigen Abrechnungen des Heu liefernden Bauern etwas zu klären.

      Beklommen und mit beschleunigtem Herzschlag entspricht Claudia seiner Aufforderung.

      In von Gliesens Büro angekommen, fehlen beiden zunächst die Worte, bis Claudia, Interesse an der angeblich fragwürdigen Rechnung vortäuschend, zu sprechen beginnt.

      „Was ist mit …“

      Der Baron unterbricht sie.

      „Claudia, was uns da vorgestern passiert ist – das darf sich nicht wiederholen.“

      Er senkte die Stimme zu kaum mehr als einem Flüstern. „Nein, es darf sich nicht wiederholen. Bitte versteh mich recht: Ich liebe meine Frau – es würde ihr wehtun, wenn sie es erfahren würde, aber ich möchte ihr nicht wehtun. Claudia, dich habe ich an jenem Abend auch geliebt, du warst so … ich konnte mich nicht beherrschen.“

      Er nimmt Claudias Hände.

      „Ich hätte den Rotwein im Schrank lassen sollen. Er hat uns wegen der Geburt von Avras Fohlen in eine so euphorische Stimmung versetzt, dass wir …“

      Er lässt ihre Hände los und beginnt, mit gehetztem Schritt das kleine Büro hin und her zu durchqueren.

      „Du bist so jung und schön und begehrenswert und heiter und unbekümmert und … die Gefühle haben mich einfach überwältigt. Meine Frau ist seit Monaten so verändert, so melancholisch, so wenig heiter und schon gar nicht unbekümmert. Aber ich habe ihr Treue versprochen und meine es ernst damit.“

      Er schließt die Augen und spricht leise weiter, wie zu sich selbst.

      „Sonja und ich schlafen nur noch miteinander in der Hoffnung, ein Kind zu zeugen. Unser Beischlaf ist zu einer Pflichtübung geworden. Wir leiden beide darunter … ihr verzweifelter Wunsch nach einem Kind ist übermächtig, aber es klappt nicht bei uns.“

      Er schweigt und schlägt die Hände vors Gesicht.

      Claudia geht auf ihn zu und nimmt ihn vorsichtig und scheu in den Arm.

      „Du hast recht, Peter, es darf und es wird sich nicht wiederholen, auch wenn es atemberaubend schön war. Ich verdanke dir ein Erlebnis, das ich so nicht erwartet hatte. Auch mich haben die Gefühle überwältigt – Gefühle, die ich bis dahin nicht kannte. Wir werden den Abend als unser beider Geheimnis hüten, denn auch ich habe Michael Treue versprochen, wenn auch noch nicht – wie du – vor dem Traualtar.“

      Sie streicht ihm übers Haar, zieht mit schüchterner Hand den glatten blonden Scheitel nach und versucht ein unsicheres Lächeln.

      „Vielleicht solltet ihr beide bei einer nächsten Gelegenheit denselben Wein trinken, der uns dermaßen in Stimmung versetzt hat, dass wir …“

      Sie lässt ihn los, schüttelt ‚nie wieder‘ flüsternd den Kopf und wendet sich einem Stapel Papier auf seinem Schreibtisch zu. „Was also ist mit dieser ominösen Rechnung?“

      Peter Gliesen geht zu seinem Bürostuhl, nachdem er Claudia einen freundschaftlichen Kuss auf die Stirn gedrückt hat.

      „Du wirst also künftig nicht mehr mit schlechtem Gewissen versuchen, mir auszuweichen so wie eben?“

      „Wir werden uns ohnehin nur noch selten sehen, ich fliege nämlich für ein Jahr nach Amerika, auch wenn ich dafür bei meinen Eltern noch Überzeugungsarbeit leisten muss. Ich habe eine Stelle als Au-pair in Aussicht und hoffe, bei einer amerikanischen Familie mit Kindern mein Englisch noch verbessern zu können. Wer weiß – vielleicht kann ich damit Michael in seiner zukünftigen Anwaltspraxis eines Tages dienlich sein, denn er will sich auf Europarecht spezialisieren, und sein Englisch ist nicht halb so gut wie meines. Also – her mit der Rechnung!“

      „Ach, das war doch nur ein Vorwand, dich vom alten Wegener weg und in mein Büro zu locken. Ich musste mit dir sprechen, weil ich ein schlechtes Gewissen habe wegen des vorgestrigen …“

      Er sucht nach einem passenden Wort.

      „Man nennt das wohl einen Seitensprung, oder? Ich wollte, ich könnte ihn ungeschehen machen, das musst du mir glauben.“

      Claudia sieht nachdenklich hinaus in den noch immer herbstlich blühenden Garten. Ihr Blick schweift zu der alten steinernen Brücke, die die Gräfte überspannt. Jenseits, vor der dunklen Taxushecke, leuchten unzählige Dahlien und Gladiolen in der Morgensonne, und an der Backsteinmauer der Remise stehen üppige Reihen mit weiß- und blaublühendem Rittersporn Spalier.

      „Bring deiner Sonja einen Strauß Rittersporn mit – blau ist die Farbe der Treue, denn im Grunde bist du deiner Frau trotz allem treu. Ich möchte diesen Abend nicht vergessen, Peter, denn er hat in mir eine neue Saite zum Klingen gebracht. Aber ich werde in deiner Gegenwart nicht mehr darüber sprechen. Und nun möchte ich Avra nicht länger warten lassen.“

      Sie klopft mit dem Fingerknöchel Abschied nehmend dreimal auf die Tischplatte und verlässt das Büro in Richtung Reitstall.

      „Avra, meine Schöne, lass uns ein bisschen ausreiten und den goldenen Oktober genießen – jaja, dein Fohlen darf mit.“

      Sechs Wochen später.

      Eine SMS:

      „Lieber Peter, könntest du bitte morgen gegen 18 Uhr MEZ diese auf dem Display angegebene Nummer anrufen? Ich muss dich dringend sprechen. C.“

       3

       – Zwanzig Jahre später –

      „Ist das nicht ein wundervoller Frühlingstag, Dahlmann? ‚Nun will der Lenz uns grüßen‘ – haben wir früher in der Schule gesungen … Man wird ein anderer Mensch, wenn endlich die Sonne scheint – und sie wärmt sogar schon. Fühlst du es auch?“

      Fürstin Henriette steht in der offenen Gartentür des Frühstückszimmers von Schloss Wallburg und legt den Kopf in den Nacken, der milden Sonne entgegen. Unter der Rotbuche blühen wie jedes Jahr die blauen Zwerghyazinthen in üppiger Fülle.

      „Der Blumenteppich wird jedes Jahr etwas breiter, hast du das auch beobachtet? Als mein Mann noch lebte, war er längst nicht so ausladend. Schade, dass er diese Pracht nicht mehr erleben kann.“

      Agnes Dahlmann räumt weiter den Tisch ab und trägt das Geschirr in die Küche, ehe sie sich neben die Fürstin stellt und ebenfalls in den Park schaut.

      „Ja, Fürstin, die Sonne hat schon richtig Kraft … ich werde den Sonnenhut vom Dachboden holen. Sie sollten ihn aufsetzen, wenn Sie nach draußen gehen. Man holt sich um diese Jahreszeit schnell einen Sonnenbrand. Sie haben übrigens vor lauter Frühling Ihre Tabletten vergessen, hier, nehmen Sie sie jetzt, ehe ihre Stimmung wieder umschlägt.“

      Die Haushälterin reicht der Fürstin ein Glas Wasser und die alte Meißner Pillendose mit den Medikamenten.

      „Ach, Dahlmann, wenn ich dich nicht hätte … nein, meine Tabletten darf ich nicht vergessen. Manchmal bin ich schon stark versucht, sie abzusetzen, aber wenn ich damit riskiere, wieder so eine Psychose zu bekommen wie vor zwei Jahren – nein, ich werde brav sein und sie weiterhin schlucken … sieh mal da drüben, auf der anderen Seite der Gräfte, ist das nicht der alte Wegener? Was macht er denn da? Ach, er kümmert sich um den abgeblühten Rhododendron, dabei fällt ihm das Strecken und Bücken auch schon schwer. Aber er will ja um nichts in der Welt in Rente gehen. Der Park ist ihm nach wie vor Lebensinhalt. Welch ein Glück für mich. Ohne euch beide wäre ich in dem großen Haus einsam und alleine.“

      „Das dürfen Sie nicht sagen, Fürstin. Sie haben doch auch Claudia und Michael und vor allem Ihre Enkelin, Esther. Übrigens, hat die nicht in der nächsten Woche Geburtstag? Wird sie nicht sogar 18 Jahre alt und damit volljährig?“

      „Gut, dass du mich daran erinnerst, Dahlmann, ich möchte ihr so gerne irgendetwas


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