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Wasserschloss zu vererben. Usch HollmannЧитать онлайн книгу.

Wasserschloss zu vererben - Usch Hollmann


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habe ich die eigentlich so lange nicht mehr getragen? Echte Perlen müssen getragen werden, sonst verlieren sie ihren Schimmer, aber seit Fürst Raimund vor vier Jahren starb …“

      Wehmütig betrachtet sie ihre Hand mit den beiden Eheringen. Plötzlich kommt ihr ein Gedanke.

      „Ob ich die Kette an Esther weiterverschenke? Sie könnte sie an ihrem Geburtstag tragen, Dahlmann, was meinst du?“

      Dahlmann äußert vorsichtige Bedenken.

      „Wenn Sie mich so fragen – Esther ist ja doch eher etwas … etwas flippig, möchte ich es nennen, und zu ihren bunten Schlabberkleidern passen die niedlichen bunten Glasperlenketten vom Flohmarkt eigentlich besser als wertvolle echte Tiefseeperlen, oder?“

      „Ja, du hast wieder mal Recht. Vielleicht sollte ich sie ihr erst zum Abitur in drei Wochen schenken … Was haben wir eigentlich Claudia damals geschenkt, als sie ihr Abi bestanden hatte? Kannst du dich daran erinnern?“

      Agnes Dahlmann spielt mit den Bändern ihrer Schürze.

      „Oh ja, das weiß ich noch. Sie haben ihr nach langen erbitterten Diskussionen erlaubt, die heiß ersehnte Au-pair-Stelle in Amerika anzutreten. Fürst Raimund war dagegen und Sie hatten es seinerzeit auch bereut, ihr diese Auszeit als Belohnung für ihr glänzend bestandenes Abitur versprochen zu haben. Aber Claudia hat nicht lockergelassen. Die Reise in die Staaten, das war Ihr Abiturgeschenk an sie. Das Kind war so glücklich, als sie in den Flieger stieg …“

      „Und sie war völlig verändert, als sie nach knapp einem Jahr schon wieder zurückkam. Nicht nur, dass sie zugenommen hatte, was wohl an der für uns Europäer eher ungewohnten amerikanischen Küche gelegen haben mag. Und die überzähligen Pfunde waren ja auch schnell wieder verschwunden. Bei der Hochzeit mit Michael war sie jedenfalls gertenschlank und hübsch wie eh und je, aber irgendwie verändert. Das fiel sogar meinem Mann auf. Sie war eigenartig mild und fügsam geworden, längst nicht mehr so aufmüpfig wie vorher. Wir haben uns oft gefragt, was sie wohl so verändert haben mag. Hat sie sich dir gegenüber auch nicht geäußert?“

      Agnes Dahlmann schüttelte den Kopf.

      „Nein, sie hat auch mir nie viel von ihrem Amerikaaufenthalt erzählt, obwohl ich sie mehrfach gebeten hatte, mir zum Beispiel von dem so häufig zitierten ‚way of life‘ der Amerikaner zu berichten. Aber es kam nicht viel dabei heraus. Es habe häufig ‚Fast Food‘ gegeben und dazu Cola, das Lieblingsgetränk der Amerikaner, deshalb habe sie auch so zugenommen. Und sie hat ihr Fahrrad vermisst, in Boston würden auch die kleinsten Entfernungen mit dem Auto erledigt. Stattdessen würde in der Freizeit gejoggt, was das Zeug hält … nein, viel Neues war da nicht zu erfahren.“

      „Aber die Familie, deren Kinder sie als Au-pair-Girl zu betreuen hatte, soll doch eigentlich nett gewesen sein, oder nicht?“

      „Ja, das habe ich auch so verstanden, besonders das Baby sei so süß gewesen … an dem hat sie wohl gehangen, aber ansonsten waren keine Details aus ihr herauszubekommen. Sie muss sehr unter Heimweh gelitten und viel geweint haben.“

      „Wir waren enttäuscht, dass sie so selten angerufen hat – vielleicht deshalb, weil sie nicht zugeben wollte, dass sich dieser Trip doch nicht als das ideale Abiturgeschenk erwiesen hat – obwohl sie es sich so sehr gewünscht hatte. Arme Claudia … Wie gut, dass sie sich sofort nach ihrer Rückkehr ihrem Michael in die Arme gestürzt hat. Ich denke gern an diese Hochzeit zurück. Was für ein schönes Paar sie waren, das sagten alle. Und mein Mann war so glücklich, endlich einen ‚Sohn‘ zu haben, wenn auch nur einen Schwiegersohn.“

      „Ja, sie waren ein schönes Paar, ich erinnere mich auch gern an den Tag. So hat sich dann doch alles zum Guten gewendet. Fürst Raimund war später so begeistert von Esther, seiner kleinen Enkelin, auch wenn er sich womöglich auch da wieder insgeheim einen männlichen Erben erhofft hatte – und er hat das Kind trotz seiner immer auffälliger werdenden gesundheitlichen Probleme viele Jahre genießen können. Nicht traurig sein an so einem herrlichen Frühlingstag … Wir sollten lieber darüber nachdenken, was ich heute kochen könnte. Wie wär’s mit frischem Spinat aus dem Treibhaus? Weggi hat schon vor ein paar Tagen voll Stolz berichtet, man könne eine erste Mahlzeit ernten. Also?“

      Die Fürstin schenkt ihrer Haushälterin ein dankbares Lächeln.

      „Eine gute Idee, Dahlmann, junger Spinat mit Stampfkartoffeln, gerösteten Zwiebelringen und Spiegeleiern. Ich werde im Hühnerstall nachsehen, ob die Hennen schon in Legestimmung sind.“

      Sie öffnet die Flügeltür und will gerade die Terrasse betreten, als das Telefon klingelt.

      „Soll ich …?“ Dahlmann sieht die Fürstin fragend an.

      „Nein, ich gehe schon … Hallo Claudia, guten Morgen … Dahlmann und ich haben gerade von dir gesprochen, und davon, dass Esther nächste Woche Geburtstag hat und dass ich ihr gerne etwas besonders Hübsches schenken möchte … ich weiß nur noch nicht was. Hast du eine Idee? – Ach so, dann kann ich mir ja noch Zeit lassen …“

      Sie bedeckt die Sprechmuschel mit der freien Hand und wendet sich zu Dahlmann. „Sie werden nach Juist fliegen und an dem Tag gar nicht zu Hause sein“, informiert sie diese mit flüsternder Stimme.

      „Nun, wenn ihr dem Kind damit eine Freude macht, dann ist das sicher eine gute Idee? – Wie sind denn die Wetteraussichten? – Aber baden wird man noch nicht können, oder? – Ach so, das Hotel hat einen Wellnessbereich – Michael nimmt sich extra das Wochenende frei, gut so – nun ja, wenn die einzige Tochter volljährig wird …“

      Sie bedeutet Dahlmann mit einer Handbewegung, dass es ein längeres Gespräch werden wird und geht, den Hörer am Ohr, über die Terrasse in den Park. Mutter und Tochter unterhalten sich angeregt und ausführlich.

      „Gestern hatte Michael einen neuen Klienten, einen Amerikaner, dem Michaels Kanzlei empfohlen worden war, weil seine Frau – also ich – ein ausgezeichnetes Englisch bzw. Amerikanisch spräche und es deshalb keine Verständigungsprobleme geben werde. Da war ich richtig stolz, dass ich Michael auch dieses Mal helfen kann – es wird ein schwieriger und langwieriger Prozess werden, aber …“

      Die Fürstin unterbricht.

      „Dann war dein damaliges Jahr in Amerika doch keine verplemperte Zeit, oder? Wenigstens konntest du dich sprachlich so sehr verbessern, dass du auch in schwierigen juristischen Fällen dolmetschen kannst. Ansonsten hatten wir immer eher den Eindruck, dass du damals keine glückliche Zeit hattest – du hast jedenfalls nie viel erzählt. Sogar Dahlmann erinnert sich, dass du ein Gespräch über deine Zeit in Amerika nach Möglichkeit vermieden hast. Warum eigentlich?“

      „Ach, Mama, klammern wir dieses Thema endgültig aus, es liegt so weit zurück, lassen wir die Vergangenheit ruhen. Ich habe sofort nach meiner Rückkehr Vaters Wunsch entsprochen und Michael geheiratet, damit er endlich einen ‚Sohn‘ hatte, und …“

      Wieder unterbricht die Fürstin.

      „Soll das heißen, dass du Michael nur Vater zuliebe geheiratet hast? Das kann und will ich nicht glauben, dass diese Ehe für dich ein Opfer war. Nein, Claudia, du warst mit Michael verlobt und hast ihn auch geliebt und, soweit ich das als Mutter erkennen kann, führt ihr eine gute Ehe, seid gesellschaftlich anerkannt, habt keinerlei finanzielle Sorgen, und ein zusätzlicher Beweis von Liebe ist eure Tochter Esther. Mach mir nicht das Herz schwer, indem du das abstreitest.“

      „Mutter, bitte, noch einmal – lassen wir das Thema Amerika endgültig in der Versenkung verschwinden, zumal Esther gerade kommt und noch ein paar Worte mit dir wechseln möchte. Aber bitte nicht mehr zu lange, ich erwarte noch einige Anrufe … Bussi.“

      „Hallo Großmutter.“

      Esthers junge fröhliche Stimme erreicht das Ohr der Fürstin. „Hast du gehört, dass Papa sich zu meinem Geburtstag frei nimmt und wir mit einem Privatflieger nach Juist fliegen? Ist das nicht toll? Nur wir drei? Papa hat sogar versprochen, dass er das ganze Wochenende sein Smartphone abschalten und nicht anrühren wird. Da bin ich ja gespannt, ob er das durchhält … das wäre ein wirklich echtes Geschenk. Was sagst du dazu?“


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