Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
»Er ist keine Gefahr mehr für uns«, antwortete der Mann im Kamelhaarmantel selbstsicher. »Ich habe ihn völlig im Griff. Er ist so sanft wie ein Lamm.«
»Wenn wir uns nur nicht in den Finger schneiden«, warnte der Fahrer des Rover mißtrauisch.
»Er ist willenlos«, erklärte der schlanke Mann lächelnd, »mit einem toten Butler Parker können wir nichts anfangen. Ich brauche ihn noch für einige Leichen!«
*
Kathys Sprung vor den Wagen war nur noch eine Frage von Zehntelsekunden.
Sie spannte ihre Muskeln und … erstarrte dann förmlich. Etwas in ihr war stärker als der Wunsch, sich vor den Wagen zu werfen. Sie sah plötzlich klar, ihre Gedanken arbeiteten wieder normal. Sie warf sich zurück, stolperte und fing sich an der Hauswand ab. Schweiß brach aus und bedeckte ihre Stirn und Oberlippe.
Der Wagen fuhr dicht an ihr vorüber und verschwand in der Kurve. Kathy atmete tief durch, schaute sich verstohlen um und wurde sich bewußt, in welcher Todesgefahr sie sich befunden hatte. Ihr wurde klar, daß sie einen Moment lang unter einem fremden Zwang gestanden, unter einem Willen, der ihr normales Be-wußtsein ausradiert hatte. Wie stark mußte dieser Wille sein! Er hätte sie um ein Haar in den Selbstmord getrieben.
»Ist Ihnen nicht gut, Miß?« fragte eine Frauenstimme dicht neben ihr. Kathy schüttelte automatisch den Kopf, drückte sich von der Hauswand ab und ging staksig am Eingang der Teestube vorbei, wo die Servie-rerin erschien und ihr automatisch zulächelte, als hätten sie sich nie unterhalten und nie gesehen.
Kathy fühlte sich bereits wieder in Ordnung. Ihre Gedanken arbeiteten wieder frei. Sie fragte sich, wo der Hypnotiseur sich wohl aufgehalten haben mochte. Er mußte doch ganz in der Nähe gewesen sein, sonst hätte er nie seine Gedanken so nachdrücklich auf sie konzentrieren können. Oder wurde hier wirklich mit einem »Verstärker« gearbeitet, wie Butler Parker es vermutete?
Kathy sah sich die Häuser in der Nähe des Milchladens genau an, konnte aber nichts Verdächtiges fest-stellen. Es handelte sich um hübsche Einzelhäuser, die durchweg einen winzig kleinen Vorgarten hatten, die alle sehr gepflegt aussahen. Wo war der unheimliche Dämon, der seine Gegner auf eine völlig neuartige Weise in seinen Bann schlagen und vernichten wollte?
Erfreulicherweise vermochte Kathy sich noch an alle Einzelheiten ihrer Unterhaltung mit der Serviererin in der Teestube erinnern. Ihr Interesse galt jetzt den beiden Mosdale-Mädchen, wie die Frau in der Teestube sie genannt hatte. Dort war es zu diesem ungewöhnlichen, peinlichen Auftritt gekommen. Sie hatte die Absicht, sich mit Will Hazers zu unterhalten, um weitere Informationen zu bekommen. Vielleicht konnte der Besitzer des Gasthauses ihr mit neuen Details dienen.
Lange brauchte Kathy nach diesem Gasthaus nicht zu suchen.
An der Front eines alten Fachwerkhauses befand sich eine grelle Reklame, die so gar nicht zu diesem hüb-schen Haus paßte. Neonbuchstaben versprachen Tanz, Musik und Unterhaltung. Als Kathy auf dieses Gast-haus zuging, fühlte sie sich beobachtet. Sie wußte mit letzter Sicherheit, daß man sie heimlich belauerte. Ir-gendwo ganz in der Nähe mußte sich dieser Beobachter befinden.
Die Frage war jetzt, ob dieser Mann zu anderen Mitteln griff, um sie an weiteren Nachforschungen zu hindern. Der Schuß aus einer schallgedämpften Waffe hätte diese Probleme leicht gelöst. Der Hypnotiseur mußte ja inzwischen wissen, daß sie für seine Beeinflussung nicht zugänglich war. Würde er solch einen heimtückischen Schuß riskieren?
Kathy stutzte einen Moment, als sie den Gasthof erreicht hatte. Die Tür war weit geöffnet und lud förm-lich zum Nähertreten ein, obwohl die offizielle Öffnungszeit noch nicht angebrochen war. Erwartete man sie etwa bereits? Lief sie in eine Falle, die ihren Tod bedeutete? Der Eindruck der Gefahr verstärkte sich in ihr, und am liebsten hätte sie sich auf dem Absatz umgedreht und wäre schleunigst wieder zurückgegangen.
»Ich hab’ noch nicht geöffnet«, sagte ein junger Mann, der etwa dreißig Jahre alt, mittelgroß und schlank war. »Tut mir leid, Miß.«
»Sind Sie Will Hazers?« fragte Kathy.
»Will Hazers«, stellte der Mann sich vor und stützte sich auf den Besenstiel auf. »Kennen wir uns, Miß?«
»Kann ich Sie einen Moment sprechen?« fragte Kathy beruhigter weiter. »Es handelt sich, das sage ich Ihnen gleich, um die Mosdale-Schwestern. Ich nehm’s Ihnen nicht übel, wenn Sie darüber nicht sprechen wollen.«
»Kommen Sie rein«, meinte Will Hazers, nachdem er Kathy einen Moment lang prüfend angesehen hatte. »Sie sind nicht von der Zeitung?«
»Ich komme privat«, erklärte Kathy.
»Kommen Sie rein«, wiederholte Will Hazers, »wissen Sie vielleicht, was da wirklich passiert ist?«
»Vielleicht kann ich Ihnen mit einer Erklärung helfen«, antwortete Kathy und folgte dem Mann, obwohl sie wirklich nicht genau wüßte, mit wem sie es eigentlich zu tun hatte. Es mußte nicht der Mann sein, den sie besuchen wollte!
*
»Wie kann man sich nur solch eine Gelegenheit entgehen lassen«, wunderte sich Lady Simpson gereizt, »mit diesen drei Subjekten hätten Sie doch leicht fertig werden können, Mister Parker. Ich hätte dabeisein sollen!«
»Wenn Mylady gestatten, kann ich mit einer Erklärung dienen.« Parker saß wieder am Steuer seines hochbeinigen Monstrums und fuhr zurück zum Landsitz der Ruth Glaters. Er hatte seiner kriegerischen Her-rin gerade von seiner interessanten Begegnung berichtet und sich prompt den Unwillen der Lady zugezogen.
»Sie wollen mich doch nur wieder einwickeln«, schickte Agatha Simpson voraus, »aber gut, versuchen Sie’s immerhin.«
»Hätte ich mir die Freiheit genommen, Mylady, aktiv zu werden, wüßte die Gegenseite inzwischen, daß Mylady und meine bescheidene Person durch Hypnose nicht mehr zu beeinflussen sind.«
»Dafür hätten wir aber diese drei Subjekte in unserer Gewalt.«
»Drei Mitglieder einer offensichtlich gut organisierten Bande, nicht mehr und nicht weniger, Mylady, wenn ich so kühn sein darf, darauf zu verweisen.«
»Sie glauben nicht, daß dieser Lümmel im Kamelhaarmantel der Dämon ist?«
»Dem möchte ich entschieden widersprechen, Mylady.«
»Ihr Selbstvertrauen möchte ich haben, Mister Parker. Woher nehmen Sie Ihre Sicherheit?«
»Ich erlaubte mir, mich auf mein Gefühl zu verlassen, Mylady. Dieser Mann war nicht aus jenem Holz ge-schnitzt, aus dem man Verbrecher macht.«
»Ich werde Sie eines Tages an Ihre Prognose erinnern«, versprach die ältere Dame grimmig, »hoffentlich ist es dann nicht bereits zu spät, Mister Parker. Was machen wir jetzt mit den Tropfen?«
»Sie dürften ein böses Gift enthalten, Mylady.«
»Natürlich, dieser Flegel wird Ihnen schließlich kein Hustenmittel gegeben haben. Tun wir so, als hätten wir die Giftdosis geschluckt?«
»Diese Handlungsweise wäre angebracht, Mylady.«
»Und was erwarten Sie davon?«
»Weitere Aufschlüsse, Mylady. Die drei Männer dürften sich innerhalb der nächsten Stunde bei Lady Glaters einfinden, wenn mich nicht alles täuscht.«
»Und was hoffen sie zu sehen?«
»Eine Lady Simpson, die nicht ansprechbar ist und einen Mister Parker, der das gesegnet hat, was man gemeinhin das Zeitliche nennt.«
»Sie glauben, daß man Sie ermorden will, Mister Parker?« Agatha Simpson machte nun doch einen be-sorgten Eindruck.
»In der Tat, Mylady. Darf ich daran erinnern, daß der Mann im Kamelhaarmantel mir auftrug, zwanzig Tropfen zu nehmen. Das dürfte die Dosis für einen erwachsenen Menschen sein.«
»Und warum will man mir nicht auch ans Fell? Diese Subjekte erfrechen sich, mich nicht für voll