Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman. Günter DöngesЧитать онлайн книгу.
ich sehr verärgert bin.«
*
Kathy ahnte, daß der große Spiegel neben der Dusche präpariert war.
Auf der anderen Seite stand gewiß der geheimnisvolle Obervampir und verschlang sie mit seinen Augen. Sie ließ sich selbstverständlich nichts anmerken, doch sie produzierte sich bewußt, streifte die restlichen Fetzen des Kleides von ihrem Körper und trat dann unter die Dusche. Prüde war Kathy nicht, Nacktheit war für sie die natürlichste Sache der Welt.
Nach der Dusche frottierte sie sich ab und benutzte ein zweites Badetuch, um ihren Körper zu bedecken. Da dieses Handtuch nicht gerade groß war, konnte der heimliche Beobachter immer noch viel sehen.
Kathy tat so, als fürchte sie sich immer noch vor den Ratten. Sie ging zur Tür, öffnete sie spaltbreit und schaute hinaus. Sie wunderte sich kaum, daß praktisch vor der Tür ein kleiner Teewagen stand, auf dem sich einige Sandwiches und eine Thermoskanne befanden. Der Obervampir hatte Wort gehalten und für eine Erfrischung gesorgt.
Kathy zog den Teewagen hastig ins Badezimmer und schraubte den Verschluß der Thermoskanne auf. Sie füllte sich den Becher mit Tee und drehte sich so, daß sie vom Spiegel aus nicht beobachtet werden konnte, als sie scheinbar durstig trank.
In Wirklichkeit nahm sie nicht einen einzigen Schluck zu sich. Sie ging von der Tatsache aus, daß der Tee präpariert worden war. Als sie den Becher absetzte, stellte sie ihn so auf das Tablett, daß ein Beobachter hinter dem Trickspiegel nicht sah, wieviel sie getrunken hatte.
Parker hätte seine helle Freude an ihrer Schauspielkunst gehabt.
Kathy tat so, als sei der Tee wirklich präpariert gewesen. Sie knabberte lustlos an einem Sandwich, faßte zwischendurch immer wieder an ihre Schläfen, gähnte in immer kürzer werdenden Abständen und schien schließlich mit dem Schlaf zu kämpfen. Plötzlich legte sie das Sandwich aus der Hand, rieb sich die Augen und taumelte zur Badezimmertür. Dabei ließ sie gekonnt das Badetuch wegrutschen, zeigte sich dem Obervampir noch mal in ihrer attraktiven Nacktheit und betrat das Zimmer, in dem das große Baldachinbett stand. Kathy warf sich auf das Laken, zog kraftlos die Decke hoch und schlief ein.
Selbstverständlich war und blieb sie hellwach. Sie rechnete mit dem Erscheinen des geheimnisvollen Beobachters. Der Mann hatte den Tee ja nicht aus Langeweile präpariert, wenn dem wirklich so war. Er wollte gewiß für eine Möglichkeit sorgen, sich ihr ungeniert zu nähern.
Kathys Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Entweder war der Tee nicht »versetzt« worden, oder aber der Obervampir war ein äußerst mißtrauischer und vorsichtiger Mensch. Licht brannte im Schlafraum immer noch nicht.
Dann hörte sie endlich das vorsichtige öffnen einer Tür.
Der Obervampir.
Schnelle, leise Schritte näherten sich dem Bett. Kathy hatte die Augen geschlossen, doch durch ihre Lider bemerkte sie den Lichtschein einer Taschenlampe, der über ihr Gesicht glitt. Der Geheimnisvolle vergewisserte sich also noch mal, ob sie auch wirklich schlief. Er erschien neben ihrem Bett und beugte sich über sie. Kathy spannte vorsichtig ihre Muskeln. Sie hatte vor, den Burschen zu überrumpeln, um ihn dann ins Badezimmer zu schleifen. Sie wollte endlich wissen wer die todbringenden Vampire beschäftigte.
Kathy erlebte eine mehr als peinliche Überraschung!
Bevor sie aktiv werden konnte, preßte sich ein dickes Handtuch auf Mund und Nase. Sie schnappte nach Luft, atmete Chloroform ein, wehrte sich, strampelte und wollte sich aufrichten, doch sie schaffte es nur unvollkommen, zumal andere Hände sie festhielten und immer wieder auf das Laken drückten.
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sie schon benommen war. Ihr Widerstand wurde schwächer. Mit jedem Atemzug inhalierte sie eine kräftige Dosis des Betäubungsmittels. Sie hörte wie durch Watte ein amüsiertes Auflachen und verlor dann ihr Bewußtsein.
*
Josuah Parker war nicht weniger verärgert als Lady Simpson.
Man hatte ihn während seiner Bewußtlosigkeit gründlich durchsucht und ihm alles weggenommen, was irgendwie den Verdacht der Vampire erregt hatte. Parker besaß keinen einzigen Patent-Kugelschreiber mehr keine unförmige Taschenuhr, keine Krawattennadel und auch nicht mehr seinen Universal-Regenschirm. Selbst seine schwarze Melone hatte man ihm entführt. Diejenigen, die ihn hier eingesperrt hatten, wußten wohl um den Trickreichtum des Butlers und hatten alle Risiken ausgeschaltet.
Parker war also, wenn auch nach wie vor bekleidet, seinem Gegner wehrlos ausgeliefert. Er konnte nach menschlichem Ermessen nichts mehr bei sich haben, womit er sich hätte befreien können. So gründlich wie jetzt hatte man ihn noch nie seiner Hilfsmittel beraubt.
Parker brauchte dennoch nicht zu verzagen.
Man war nicht gründlich genug gewesen, denn die Gegner hatten seine schwarzen Schuhe übersehen. Es waren Schuhe solidester Handarbeit, schwarz, von gutem Leder, versehen mit Schnürriemen, die es in sich hatten. Parker setzte sich in den Stuhl, der neben dem Schrank stand, und legte die Beine übereinander. So konnte er vorsichtig nach dem Absatz seines linken Schuhs fingern. Er zog ihn ein wenig vor und drehte den Absatz dann zur Seite.
Der Absatz war hohl.
Parker hatte sich dieses Geheimversteck angelegt. Es enthielt Plastik-Sprengstoff, der sich in einer Blechdose befand. Den Zünder und die dazu passende Zündschnur waren im Absatz seines rechten Schuhs deponiert.
Mit diesen Dingen ließ sich eine Menge machen, zum Beispiel das Schloß einer Tür knacken. Und genau das plante der Butler, der keine Lust hatte, sich noch länger festhalten zu lassen.
Er fühlte sich für die beiden Damen verantwortlich, machte sich sofort an die Arbeit, ging zur Tür und verformte den plastischen Sprengstoff zu einer Art Stift, den er ins Schlüsselloch schob. Anschließend drückte er die Sprengkapsel in die Masse und befestigte die kleine Zündschnur, die eine Brenndauer von dreißig Sekunden hatte.
Der Butler nahm hinter dem soliden Bett Deckung. Er kannte die außerordentliche Sprengkraft des Plastiks und hatte keine Lust, sich mit der Zimmerwand zu vermählen.
Die Wirkung war frappierend.
Nachdem die Zündkapsel den Sprengstoff freigesetzt hatte, dröhnte es durch das Zimmer. Als der Rauch sich verzog, war ein gutes Drittel der Tür nicht mehr zu sehen. Sie war von der Gewalt der Sprengung weggerissen worden. Parker blieb hingegen unversehrt. Die Trümmer der zersplitterten Tür waren vom Bett aufgefangen worden.
Josuah Parker, ein stets korrekter Mensch, schnipste sich einige Stäubchen vom Revers seines schwarzen Zweireiher und schritt würdevoll aus dem Zimmer. Die Sachbeschädigung konnte er nicht bedauern, sie war schließlich von den Vampiren provoziert worden.
Er erreichte einen großen Vorraum, von dem aus eine Steintreppe hinauf ins Haus führte. Auf einer umgestülpten Kiste entdeckte der Butler zu seiner Freude die Habseligkeiten, die man ihm während seiner Ohnmacht abgenommen hatte. Er barg sie und brachte sie erneut zurück an jene Stellen, die dafür vorgesehen waren. Als er dann erneut zur Treppe gehen wollte, hörte er oben aufgeregte Stimmen.
Die Vampire!
Parker nahm seinen Universal-Regenschirm in die Hand und wartete auf das Erscheinen der Untoten. Er hatte sich vorgenommen, sie ausgiebig mit dem bleigefütterten Bambusgriff des Schirms zu behandeln. Sie brauchten sehr wahrscheinlich einige Aufmunterung.
Leider ließen sie sich nicht sehen.
Sie scheuten sich, herunterzukommen. Die Stimmen verloren sich und waren nicht mehr zu hören. Parker stieg nach oben, nahm die Melone ab und stülpte sie über die Spitze seines Regenschirms. Dann schob er seine Kopfbedeckung vorsichtig um die Ecke.
Zwei Schüsse – schallgedämpft natürlich – »ploppten« auf und verfehlten die Melone nur um Haaresbreite. Parker zog die Melone zurück und bediente sich eines der Patent-Kugelschreiber, über die er nun wieder verfügte. Er warf diesen Kugelschreiber durch die geöffnete Tür und nickte andeutungsweise, als ein kleiner Knall zu hören war. Sekunden später waren die ersten Nebelwolken