Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni BehrendtЧитать онлайн книгу.
hingehört. Der Mann ist so fertig mit den Nerven, daß er einfach nicht mehr länger verhandeln konnte und sich drei Tage Bedenkzeit erbat, obwohl der Verkauf drängt. Weinend flehte er mich an, doch das Gut zu kaufen, damit es nicht in so schmutzige Hände käme. Das könnte er einfach nicht ertragen, dann schon lieber Versteigerung, nach der er wahrscheinlich wie ein Bettler von Haus und Hof gehen müßte. Jedenfalls tut der Mann mir bitter leid, aber helfen kann ich ihm leider nicht. Wohl besitze ich ein ganz nettes Kapital, aber zum Kauf eines Gutes reicht es dennoch nicht.
Und nun will ich Ihnen gestehen, Trutz, daß ich Sie heute noch in Brechten aufsuchen wollte, um Sie zu dem Kauf zu überreden. Daher kam es mir sehr gelegen, als Sie mich mit Vehemenz anrannten.«
»Aha, daher auch die Einladung zur Flasche Wein«, schmunzelte er. »Jedenfalls danke ich Ihnen herzlich, Herr Landschaftsrat, daß Sie mich auf das nahende Unheil aufmerksam machten – das unbedingt verscheucht werden muß. Nicht um meinetwillen, der ich diesen Vamp schon verächtlich abgetan hatte, bevor ich nach Kanada ging – und jetzt bin ich wahrlich Manns genug, um mit gleichen Waffen zurückzuschlagen. Aber meine Angehörigen müssen von den Niederträchtigkeiten dieser Person verschont bleiben. Denn um solche auszuhecken, will sie sich doch nur uns sozusagen auf die Nase setzen, da Holzhusen ja an Brechten grenzt. Doch bevor ich das zulasse, belaste ich mich mit einem Gut mehr.«
»Recht so«, bekräftigte der Dicke. »Was ich dazu tun kann, um dieser Kanaille ein Schnippchen zu schlagen, soll geschehen. Ich tu’ mir nämlich den größten Gefallen, wenn ich ein so schmutziges Element erst gar nicht in unseren Landkreis lasse, wo es bisher immer nur ehrenwerte Leute gegeben hat. Und falls Sie das Geld für den Kauf nicht zusammenkriegen sollten, können Sie mit einem guten Zuschuß von mir rechnen, einverstanden, mein lieber Trutz?«
»Herzlichen Dank für Ihr gütiges Entgegenkommen, Herr Landschaftsrat, aber ich hoffe, es wird auch ohne Ihre Hilfe gehen. Würden Sie, wenn es mit dem Geld klappt, bei dem Kauf behilflich sein?«
»Ich wüßte nicht, was ich lieber täte, mein Junge. Noch heute fahre ich nach Holzhausen, um mit Arninger zu verhandeln. Aber die Fahrt erübrigt sich wohl nun«, zeigte er schmunzelnd auf den Mann, der wie auf ein Stichwort eintrat. »Habe ich nun Dusel oder nicht? Nehmen wir ihn als gutes Omen.«
Lebhaft winkte er dem Eintretenden zu, der langsam näher kam – alt, müde, gebückt von der schweren Sorgenlast, die das Schicksal ihm aufgebürdet hatte.
»Nimm Platz, Arninger«, sagte der Landschaftsrat herzlich. »Du kommst nämlich wie gerufen. Stärk dich mal erst mit diesem guten Tropfen, und dann möchten wir, der Baron und ich, dir so ein wenig auf den Zahn fühlen.«
»O Gott!« hob der Mann abwehrend die Hände. »Was meinst du wohl, wie schmerzhaft das diese Leila bereits getan hat. Und nicht nur, was den Gutskauf betrifft, sondern auch die Nachbarschaft. Als ob sie ein Detektiv wäre und einen Steckbrief erlassen müßte, so kreuz und quer fragte sie mich aus.«
»Hauptsächlich über die Familien Leinsen und Swindbrecht«, warf Trutz ironisch ein. »Sagen Sie mal, Herr Arninger, haben Sie wirklich nur diese Käuferin Ihres Gutes an der Hand?«
»Leider«, murmelte der Mann, dem die hellen Schweißtropfen auf der Stirn standen. »Aber ich muß doch verkaufen – ich muß doch! Man wird uns, meine Frau und mich, dann wie räudige Hunde vom Hof jagen – es ist einfach zum Verzweifeln! Ich allein würde mich schon irgendwie durchschlagen, aber meine arme Frau, der bricht bestimmt das Herz, wenn sie von Holzhusen muß, an dem sie mit jeder Faser ihres Herzens hängt. Am liebsten jagte ich mir eine Kugel durch den Kopf, um so viel herzblutenden Jammer nicht ansehen zu müssen.«
»Feigling!« fuhr sein guter Freund Elzerau ihn barsch an. »Mute auch das noch deiner armen Frau zu, dann landet sie bestimmt im Irrenhaus. Reiß dich gefälligst zusammen und paß gut auf, was ich dir zu sagen habe.«
Als es geschehen, saß Arninger erst einmal wie betäubt da, doch dann rang es sich mühsam von seinen zuckenden Lippen:
»Sie wollen, Herr Baron…, Sie wollen wirklich… mein… Holzhusen… kaufen…?«
»Ich persönlich will es ganz gewiß«, entgegnete Trutz warm, dem dieser schwergeprüfte Mann aus tiefster Seele leid tat.
»Und soweit ich meine Großmutter kenne, wird sie alle Hebel in Bewegung setzen, um den Kauf zu ermöglichen. Aber ein festes Versprechen kann ich Ihnen jetzt allerdings noch nicht geben.«
»Und doch…, und doch«, murmelte der Mann, dem die hellen Tränen über das sorgendurchfurchte Gesicht liefen. »Und nicht wahr, Herr Baron, Sie jagen meine Frau und mich nicht von Holzhusen?«
»Na, soweit müßtest du diesen Prachtkerl doch wohl kennen«, räusperte sich Elzerau, um den Kloß aus dem Hals zu bekommen, der wie ein Keil darin steckte. »Und nun Kopf hoch, unser alter Herrgott lebt noch. Ab mit Ihnen, Trutz! Fahren Sie nach Hause, sprechen Sie mit Ihrer patenten Großmama, und geben Sie uns recht bald Bescheid.«
Als er sich von Trutz verabschiedete, flüsterte er ihm zu:
»Ich bringe Arninger nach Holzhusen und laß ihn dort nicht mehr aus den Augen – denn in dieser miserablen Verfassung ist er zu allem fähig. Und wenn Sie ein Herz im Leibe haben, mein lieber Junge, dann kaufen Sie Holzhusen – selbst mit dem Geld Ihrer Frau.«
Zwei Männerhände fanden sich mit festem Druck, der einem Gelöbnis gleichkam – und Elzerau wußte, daß der Kauf Holzhusens so gut wie abgeschlossen war.
*
Zu Hause angekommen, suchte Trutz sozusagen stehenden Fußes die Großmutter auf, die er wie gewöhnlich in ihrem Arbeitszimmer am Schreibtisch fand – und wo Hermine war, da war auch ihr getreuer Schatten Brunhild.
Man arbeitete jedoch nicht, sondern unterhielt sich lebhaft mit Arnold von Reichwart, der in einem Sessel am Kamin saß.
»Ja, was ist dir denn widerfahren, mein Sohn?« fragte Hermine nach einem prüfenden Blick in das blasse Gesicht des Enkels. »Es ist doch nicht etwa – Ragnilt oder Trutzi –?«
»Gottlob nicht«, winkte er hastig ab, während er sich in einen zweiten Sessel am Kamin sinken ließ. »Aber ein Mensch befindet sich in Not – hörst du, Großmama.«
»Junge, spann mich doch hier nicht auf die Folter«, sprach Hermine beunruhigt dazwischen. »Wenn ein Mensch sich in Not befindet, muß man versuchen, ihm zu helfen, das ist nichts weiter als Menschenpflicht. Wer ist es?«
»Arninger.«
Dann sprach er knapp, kurz, klar – und als der Bericht beendet war, hatte Hermine sich bereits entschieden.
»Wir kaufen das Gut, Trutz, auch ohne die Hilfe des Landschaftsrates. Nicht, daß ich etwas gegen den Mann habe, er ist schon ein anständiger, feiner Kerl, aber es ist auf alle Fälle besser, wenn so ein Besitz in der Familie bleibt. Und falls unser Geld zu dem Kauf nicht ausreichen sollte, wird Leinsen von Herzen gern einen Zuschuß geben, wenn er dadurch verhindern kann, daß seine geschiedene Frau unsere Nachbarin wird.«
»So – und an mich denkt wohl keiner?« warf Arnold ein, bedächtig seine Pfeife säubernd. »Wo ich doch so scharf auf ein Gut in eurer Nähe bin.«
»Seit wann denn?« fragte Trutz überrascht. »Du hast doch nie etwas davon verlauten lassen.«
»Weil ich nicht gern über ungelegte Eier spreche«, kam es pomadig zurück. »Aber da mir dieses nun gewissermaßen vor die Nase gelegt wird, wäre ich ja ein Narr, mir das von einem anderen wegnehmen zu lassen.
Und nun mach den Mund zu, mein Sohn – denn geistreich siehst du momentan wirklich nicht aus.«
»Kann ich mir denken«, gab Trutz lachend zu. »Aber wenn du auch so mit der Tür ins Haus fällst, das muß ja verblüffen. Doch nun mal Scherz beiseite.«
»Na, nun wird’s Tag!« war jetzt Arnold an der Reihe, verblüfft zu sein. »Mir ist wahrlich nicht nach Scherz zumute. Schon gar nicht, wenn es heißt, ein Unheil abzuwenden. Und wie das Unheil heißt, brauch’ ich wohl nicht extra zu betonen. Ergo müssen wir