Dr. Norden Bestseller Box 13 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
an dir liebe. Kein Abend vergeht, an dem du nicht über mögliche Komplikationen redest. Ja, ich möchte, daß du zu Dr. Leitner gehst, Andrea, und vielleicht bringst du deine Schwester dann auch mal dazu, sich genau zu informieren, welchem Umstand es zuzuschreiben ist, daß ihr Baby nicht am Leben blieb.«
»Warum bist du so böse, Helmut?« fragte Andrea.
»Ich bin nicht böse. Ich will nicht mehr zuschauen, wie du leidest und dich nervös machst. Wir werden dadurch um etwas sehr Schönes gebracht, Andrea, nämlich um die Vorfreude auf unser Kind, das wir haben wollen.«
»Du hattest doch Sonja aber immer gern«, sagte sie leise.
»Ich habe sie auch jetzt noch gern, wenn sie dir und auch mir das Leben nicht mehr schwermachen würde. Es ist drei Jahre her, daß dies geschah, und es hat uns alle mitgenommen, obgleich wir da noch nicht verheiratet waren. Sonja ist fünfundzwanzig und Bernd ein Pfundskerl. Wenn es so weitergeht, packt er seine Sachen.«
»Und du auch?« fragte sie aufschluchzend.
Er nahm sie in die Arme. »Nein, mein Liebling, ich nicht. Wir werden unser Kind haben, wenn du dich jetzt nicht mehr beeinflussen läßt und zu Dr. Leitner gehst. Aber vielleicht sprichst du lieber erst mal mit Dr. Norden, der mir ja sehr geholfen hat. Ich habe sowieso nie verstanden, daß du auch zu Dr. Kobelka gegangen bist, nachdem Sonja so üble Erfahrungen gemacht hat.«
»Aber er hat sich dann doch so nett um sie gekümmert.«
»Was heißt denn gekümmert? Ein schlechtes Gewissen wird er gehabt haben. Da kann man nett sein, genauso wie Herr Rogner. Ich bin gespannt, ob er jetzt noch auf die genaue Terminerfüllung pochen wird. Heute nachmittag wird er ja kommen. Und jetzt regst du dich ab und läßt dir alles durch den Kopf gehen.«
So energisch hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Andrea kam ins Grübeln. Eigentlich wollte sie aufbegehren, aber sie fand nicht die richtigen Worte. Sie liebte ihren Mann, und Dr. Norden war ihr keineswegs unsympathisch gewesen. Und außerdem war Helmut ihr wichtiger als sie selbst.
Sie behandelte ihn wie einen Schwerkranken, und obgleich ihm das auch nicht recht war, ließ er es sich instinktiv gefallen, weil er fühlte, daß sie von sich selbst abgelenkt war. Er dachte ganz intensiv nach. Dr. Norden hatte ihm wirklich weitergeholfen.
*
»Das ist nun schon das fünfte Mal, daß ich über Kobelka Negatives erfahre«, sagte Dr. Norden zu seiner Frau Fee. »Man kann es doch nicht einfach hinnehmen.«
»Setz dich nicht wieder in die Nesseln, Daniel«, meinte Fee mahnend.
»Da ist ein netter Mann und eine reizende kleine Frau«, sagte Daniel, »und wenn sie jetzt nicht den Mut hat, den Arzt zu wechseln, sehe ich schwarz.«
»Man könnte es auch so auslegen, daß du für Schorsch Reklame machen willst«, meinte Fee.
»Er braucht keine Reklame. Er ist dauernd überbelegt. Zehn Betten mehr könnte er stets belegen. Aber Kobelka scheint es piepegal zu sein, ob die Babys am Leben bleiben. Mir kommt das sehr merkwürdig vor.«
»Aber das Entbindungsheim hat doch keinen schlechten Ruf«, sagte Fee nachdenklich.
»Und drei Belegärzte«, warf Daniel ein. »Man müßte doch mal nachhaken, wie zuverlässig die sind.«
Fee warf ihm einen schrägen Blick zu. »Das bedeutet also, daß ich nachhaken soll«, sagte sie.
»Nicht so direkt, Schätzchen. Aber vielleicht könntest du dich ein bißchen umhören.«
»Mal sehen, was sich machen läßt. Alle werdenden Mütter, die ich kenne, gehen zu Schorsch.«
Sie überlegte angestrengt. »Vielleicht sollte ich mit Frau Baumgart mal direkt sprechen. Ich kann verstehen, daß sie um ihre Existenz kämpft. Dr. Baumgart war ein guter Arzt. Es ist tragisch genug, daß er so früh starb. Es wäre unfair, ihr noch Schwierigkeiten aufzuhalsen.«
»Das will ich nicht, Fee. Aber es geht jetzt um Kobelka. Nein, nicht um ihn, sondern um seine Patientinnen. Ich möchte mir nicht den Vorwurf machen, daß ich Augen und Ohren verschlossen habe.«
»Es könnten unglückselige Zufälle sein«, sagte Fee nachdenklich.
»Das bestreite ich nicht.«
»Es könnte auch Verleumdung sein, was man so redet.«
»Auch das ist möglich. Du kennst mich doch, Fee. Ich denke nicht daran, einem Kollegen den Strick um den Hals zu legen, wenn ich nicht schlüssige Beweise habe. Ich kenne auch die Schwester von Frau Sommer nicht. Ich weiß nur, daß er, zumindest allem Anschein nach, nichts getan hat, um diese kleine Frau Sommer seelisch aufzurichten. Sie ist im siebenten Monat.«
»Jeder Arzt nimmt sich nicht so viel Zeit für seine Patienten wie du, Daniel«, sagte Fee. »Und manche Frauen machen auch wirklich Theater, wenn sie ein Kind erwarten.«
»Weil sie sich Geltung verschaffen wollen, Fee, aber ich glaube sagen zu können, daß Frau Sommer nicht zu dieser Kategorie gehört. Sie liebt ihren Mann, und er ist sehr besorgt um sie. Vielleicht macht er sich sogar auch ein bißchen zuviel Sorgen. Auf jeden Fall läßt es mich nicht kalt, wenn eine werdende junge Mutter unter Zwangsvorstellungen leidet.«
*
Fee wußte das nur zu gut, und sie wußte auch, wie er sich damals über Achim Rogner aufgeregt hatte, obgleich er nicht dabeigewesen war. Danny hatte es ihm natürlich aufgeregt berichtet, und Daniel hatte gemeint, daß diesem Rüpel doch ein richtiger Denkzettel gebührt hätte. Fee dagegen hatte gesagt, daß er es sicher nicht wieder tun würde, aber Achim hatte nichts dazugelernt.
Ob er an diesem Tag etwas dazulernte, blieb noch offen. Allerdings bekam er von seinem Vater eine Abreibung, die sich gewaschen hatte. So wütend war Erwin Rogner noch nie gewesen. Freilich spielte es auch eine Rolle, daß der Betroffene ausgerechnet Helmut Sommer war. Ihm jetzt Zugeständnisse machen zu müssen, paßte dem Direktor Rogner nicht in den Kram.
»Nun bekommt Tini das große Zimmer, damit du es weißt«, herrschte er seinen Sohn an. »Und das Fahrrad kommt in den Keller, bis du Anstand gelernt hast.«
»Da ist aber kein Fahrradweg, Papa«, heulte Achim los.
»Da ist überhaupt noch kein Weg, und außerdem ist es die linke Seite gewesen, auf der du gefahren bist. Es zeugt doch von bodenloser Dummheit, wenn du das nicht mal überblickst. Jetzt setzt du dich erst mal auf den Hosenboden, damit du wenigstens nächstes Jahr den Sprung auf das Gymnasium schaffst. Mama hatte ganz recht gehabt. Ich hätte dir das Fahrrad nicht kaufen sollen. Im Straßenverkehr muß man eben die Augen offen haben und auch den nötigen Verstand.«
Frau Rogner atmete insgeheim auf. Endlich einmal hatte der Herr des Hauses ein Machtwort gesprochen, und sie wagte nun auch, ihre Meinung einmal laut zu äußern.
»Du kannst Herrn Sommer gegenüber ruhig etwas entgegenkommender sein«, sagte sie. »So eilig ist es mit dem Umzug wirklich nicht. Wir haben noch Termin bis zum Jahresende.«
»Wenn ich das laut gesagt hätte, wäre das Haus dann auch noch nicht fertig«, konterte er.
»Herr Sommer kann nichts dafür, daß der Bichler krank geworden ist. Sonst hat alles geklappt.«
Erwin Rogner sagte nichts mehr. Er war grantig. Er sah insgeheim auch ein, daß er zu nachgiebig gewesen war, was Achim anbetraf. Mit den Mädchen hatte er doch keine Scherereien. Sie waren gut geraten, Tini ebenso wie Ulla. Und wie oft hatte er an ihnen ausgelassen, wenn Achim etwas angestellt hatte. Erwin Rogner hatte an diesem Tag jedenfalls etwas dazugelernt, und als er zu den Sommers kam, war er mehr als entgegenkommend.
»Ich wollte ja keine große Affäre daraus machen«, sagte Helmut Sommer. »Ich wußte auch gar nicht, daß es Ihr Sohn ist. Aber unwillkürlich denkt man ja auch daran, was einem Kind passieren könnte, wenn es nicht aufpaßt.«
Das war allerdings sehr diplomatisch ausgedrückt.
Rogner tupfte sich die Schweißtropfen von der Stirn.
»Sie