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Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 12 – Adelsroman - Viola Maybach


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Karben zu einem längeren Winterurlaub nach Gstaad. Er hoffte, sich nicht gleich wieder ein Bein zu brechen. Vom Wintersport und dem Après-Ski versprach sich Gunter wohltuende Ablenkung.

      *

      Am dritten Februar kam Sandras Kind zur Welt, fast genau zum errechneten Termin. Holger Stuhlmann fuhr sie in die Klinik.

      Mittags war sie in der Klinik angekommen, und um acht Uhr abends hielt ihr der Oberarzt das kleine schreiende Bündel entgegen. Sandra sah es wie durch einen Nebel.

      Es war ein Mädchen, und Sandra vergaß, daß sie sich jemals einen Sohn gewünscht hatte. Sie war selig. Behutsam strich sie über den blonden feuchten Haarflaum ihrer Tochter.

      »Gratuliere, Frau Kollegin«, sagte der Oberarzt. »Das Kind ist 3500 Gramm schwer und 51 Zentimeter groß. Haben Sie schon einen Namen ausgesucht?«

      »Bettina Nicole.«

      Eine Krankenschwester fuhr San­dra ins Zwei-Bett-Zimmer auf der Entbindungsstation. Die kleine Bettina kam auf die Säuglingsstation. Sobald es möglich war, drängten sich die Ärzte, Pfleger und Schwestern vor der Sichtscheibe, allen voran Professor Rübsam.

      Dr. Stanitz trank mit dem Oberarzt der Frauenstation einen Kognak.

      »Das ist ein Prachtkind.« Er strahlte. »Da könnte man direkt Lust kriegen, selber Vater zu werden.«

      »Dem steht nichts im Weg, Herr Kollege. Sie üben ja wohl schon ziemlich lange.«

      Auch die streng katholische Oberschwester Monika betrachtete ge­rührt das Kind. »Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein«, murmelte sie auf dem Rückweg zur ihrer Station. »So steht es in der Bibel. Ohne Vater, hmhm, na ja. Meine Angelegenheit ist es nicht, ich will in Zukunft darüber schweigen. Jeder sollte vor seiner eigenen Tür kehren, hmhm, na ja.«

      Gabi Anders und Holger Stuhlmann besuchten die junge Mutter im Krankenhaus. Sandra sollte ein paar Tage in der Klinik bleiben und sich erholen. In der ersten Zeit nach ihrer Entlassung wollte Gabi zu ihr ziehen und ihr helfen.

      »Es ist solch ein schönes Kind«, schwärmte Gabi. »Einfach goldig.«

      »Mir ist es arg faltig vorgekommen«, sagte der außerhalb seines Fachbereichs ziemlich unbedarfte Holger. »Ist das bei Neugeborenen eigentlich normal?«

      »Was glaubst denn du, wie du zur Welt gekommen bist?« Gabi war entrüstet. »Männer haben überhaupt keine Ahnung.«

      Die Zuwendung, die sie empfing, tröstete Sandra etwas darüber hinweg, daß Gunter von Falkenau nicht erschien, um seine Tochter

      zu sehen. Allerdings wußte er ja nicht einmal, daß er eine Tochter hatte…

      Am Tag, bevor Sandra die Klinik verließ, erhielt sie Besuch von Dr. Stanitz. Da sie allein im Zimmer war, konnte er offen sprechen.

      »Wer ist denn nun der Vater des Kindes? Mir kannst du es sagen. Es bleibt unter uns.«

      Sie waren sich in der letzten Zeit nähergekommen. Sandra schüttelte den Kopf.

      »Das werde ich mich für behalten. Ich habe meine Gründe dafür. Meine Freundin hat auf dem Standesamt, als sie die Geburt anmeldete, angegeben: Vater unbekannt. So steht es in der Geburtsurkunde.«

      »Vater unbekannt, wie das klingt! Warum willst du den Namen dieses Mannes verschweigen, San­dra? Möchtest du ihm Unannehmlichkeiten ersparen? Dann wäre das eine Rücksichtnahme, die leicht auf Kosten deines Kindes gehen kann. Stell dir vor, dir stößt etwas zu, was wir nicht hoffen wollen. Dann könnten die Behörden sich immerhin noch an den Vater des Kindes wenden, oder vielleicht würde er etwas unternehmen. Außerdem stehen dem Kind, falls du sie nicht beanspruchst, Alimente zu und später sein väterliches Erbteil.«

      »Das ist alles uninteressant für mich. Ich kann allein für mein Kind sorgen. Mir wird schon nichts passieren, man muß nicht immer das Schlimmste annehmen.«

      »Oder handelst du aus verletztem Stolz so, Sandra? Das würde ich noch eher glauben. Bist du gekränkt, weil dieser Mann dich verstieß, als er von der Schwangerschaft erfuhr, vielleicht sogar eine Abtreibung von dir verlangte? Ist das der Grund?«

      »Bitte, René, geh jetzt. Ich will nicht mit dir darüber sprechen.«

      »Wie du meinst. Es ist dein Kind, ich werde mich nicht mehr in deine Angelegenheiten mischen.«

      Die Tür schloß sich hinter Dr. Stanitz. Er hatte bei Sandra eine Wunde aufgerissen. Die Wunde schmerzte noch immer.

      Eine Woche nach der Entbindung kehrte sie nach Hause zurück. Gabi und Holger hatten alles vorbereitet, über der Wohnungstür hing ein großes Schild. »Herzlich willkommen ihr beiden«. Mehrere Freunde erschienen und Sandras Nachbarn. Das Kind wurde gebührend bewundert.«

      »Ist die winzig!« Der Nachbar, ein Hüne von einem Mann, staunte. »Wenn ich ihre Händchen mit meinen Pranken vergleiche, wird mir ganz anders.«

      Er spielte mit Bettinas Händchen und stutzte.

      »Was ist denn mit ihren kleinen Fingern?«

      Sandra war das schon längst aufgefallen. Die beiden kleinen Finger des Babies waren krumm, das oberste Glied bog sich etwas nach innen.

      »Das ist ein Geburtsmerkmal«, sagte Sandra. »Man kann es später richten lassen, falls es die Kleine behindert. Jetzt ist es noch viel zu früh dafür.«

      »So etwas hängt mit Vererbung zusammen«, stellte Gabi fest. »Hat jemand in deiner Familie solche Finger, Sandra?«

      »Nein.«

      Sandra wollte sich nicht weiter dazu äußern. Sie wußte, daß Gunter dieses Merkmal hatte, sie hatte ihn darauf angesprochen.

      »Oh«, hatte er ihr geantwortet, »diese Finger hat in unserer Familie jeweils das älteste Kind, schon seit dem 17. Jahrhundert ist das so. Warum, das weiß ich nicht. Mich stört die Verkrümmung nicht, ich kann damit ohne Schwierigkeiten Schreibmaschine schreiben und Klavier spielen. Letzteres mehr schlecht als recht, aber das hängt nicht mit meinen kleinen Fingern zusammen.«

      Gabi verkniff sich eine Bemerkung über die väterliche Seite des Kindes oder eine Frage danach. Sandra war erleichtert, als die Freunde und die Nachbarn wieder gingen.

      Und Sandra war dankbar dafür, daß Gabi in der ersten Zeit bei ihr wohnte und ihr half. Holger beschwerte sich mit keinem Wort darüber. Er führte in Frankfurt ein Strohwitwerdasein, war allerdings nach Dienstschluß mehr in Wiesbaden »bei den drei Frauen«, wie er es nannte, als in seiner und Gabis Wohnung.

      Drei Wochen nach Sandras und Bettinas Ankunft aus der Klinik kehrte Gabi in ihre Wohnung zu­rück. Sandra war jetzt, von gelegentlicher Hilfe der Nachbarn abgesehen, auf sich allein gestellt.

      Sie bereute ihre Entscheidung keinen Augenblick.

      *

      Gunter erfuhr durch sogenannte gute Freunde von der Geburt des Kindes, als es noch keine drei Tage alt war. Er hörte die Nachricht durchs Telefon in seinem Büro in der Porzellanmanufaktur.

      Gunter merkte, wie der Anrufer auf seine Reaktion lauerte. Er atmete tief durch und zwang sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.

      »Ich bin sehr beschäftigt, mein Lieber, warum sagst du mir das? Was gehen mich anderer Leute Kinder an?«

      »Ich dachte, es würde dich interessieren. Schließlich stand eine Verlobungsanzeige von dir und Frau Dr. Richter in der Zeitung.«

      »Das ist lange her. Ich habe zu tun. Auf Wiederhören.«

      Gunter legte auf, er kehrte aber nicht gleich ins Konferenzzimmer zurück. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und zündete sich eine Zigarette an. Der Schmerz in seinem Innern meldete sich unvermittelt, dabei hatte Gunter geglaubt, ihn schon überwunden zu haben.

      Plötzlich stand das alles wieder so lebhaft vor ihm: Wie er Sandra kennengelernt hatte, als er mit gebrochenem Bein in der Klinik lag. Sie hatte blendend ausgesehen. Er erinnerte sich an das


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