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Rassismus. Achim BühlЧитать онлайн книгу.

Rassismus - Achim Bühl


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rel="nofollow" href="#ub7b04f61-9049-4bd9-8cab-fd972617c9c6">6.6Alltagsrassismus in der Kindererziehung

       6.7Die Debatte über rassistische Sprache

       6.8Zusammenfassung

       Resümee

       Karten

       Quellen- und Literaturverzeichnis

      Einleitung

      Die Geschichte aller bisherigen Klassengesellschaften ist die Geschichte des Rassismus. Der Rassismus ist ein Macht- und Herrschaftsverhältnis. Rassistische Akteure beabsichtigen ein soziales Ungleichheitsverhältnis zu etablieren oder ein bereits bestehendes zu erhalten bzw. zu festigen. Der Rassismus ist sowohl Struktur, Praxis und Strategie als auch Ideologie zugleich. Als Struktur ist er in den gesellschaftlichen Verhältnissen eingeschrieben und durchzieht die gesamte Gesellschaft. In der Praxis wird er hingegen in Gestalt von Verfahrenstechniken sowie Handlungsweisen kollektiver als auch individueller Akteure stets aufs Neue produziert bzw. reproduziert. Als Strategie wiederum stellt er ein intentionales, konzeptionelles Handeln rassifizierender Kräfte zwecks Vorteilsaneignung und -wahrung dar und zielt auf die Etablierung sowie Aufrechterhaltung ihrer ökonomischen, sozialen, kulturellen wie politischen Vorherrschaft ab. Zuletzt rechtfertigt er in Form der Ideologie die Dominanz einer herrschenden Gruppe mittels heterogener Theoreme, Stereotypisierungen, rassifizierender Diskurse sowie dem rassistischen Wissen.

      Der Rassismus ist die systematische Realisierung eines »Extraprofits« auf Kosten rassistisch Dominierter, der sich häufig nicht aus der unmittelbaren Verfügungsgewalt über Produktionsmittel bzw. aus den Produktionsverhältnissen ergibt, sondern aus der politischen, sozialen und kulturellen Unterdrückung konstruierter gesellschaftlicher Gruppen. Diesen wird aufgrund ihres vermeintlichen Wesens eine gleichberechtigte Teilhabe an materiellen und immateriellen Gütern der Gesellschaft abgesprochen. Die dergestalt realisierten »Extragewinne«, Privilegien als auch sozialen Boni verteilen sich indes keineswegs zu homogenen Anteilen auf die Mitglieder der sozial konstruierten Wir-Gruppe, sondern gemäß ihrer klassen- und sozialstrukturellen Verortung. Dominante Fraktionen, die innerhalb der Wir-Gruppe als die eigentlichen Förderer von Rassifizierungsprozessen agieren, lassen indes beherrschte Schichten der Eigengruppe zumeist am rassistisch erzielten Vorteil nicht nur symbolisch sondern auch materiell partizipieren.

      Den Rassismus gibt es nicht von Anbeginn der Menschheitsgeschichte an, sondern in Gestalt des Klassismus (vgl. Kap. 1.3.6) erst seit der Versklavung des Menschen durch den Menschen. Der antike Rassismus besaß in der Spielart des Klassismus die Funktion, die Sklavenarbeit mittels diverser Mechanismen abzusichern, die Versklavung fremder Völker ideologisch zu rechtfertigen sowie in Gestalt des Antifeminismus den Zweck, den Ausschluss der Frauen aus der Gruppe der entscheidungsbefugten Polisbürger zu realisieren und zu legitimieren. Die Gleichheit der männlichen Polisbürger korrespondierte mit der Ungleichheit der Frauen und der Sklaven. Gleichheit wie Ungleichheit wurden durch soziale Praxen, Normen und vielfältige Reglementierungen abgesichert und seitens der antiken Philosophen legitimiert.

      Rassismus liegt unseres Erachtens dann vor, wenn zum Zweck der Macht- und Herrschaftserrichtung oder -sicherung eine »Wir-Gruppe« sowie eine »Fremdgruppe« konstruiert werden, die einander antagonistisch gegenübergestellt und ihrem Wesen nach als unvereinbar definiert werden. Dabei wird unter »Herrschaft« ein dauerhaftes, umfassendes als auch institutionell verfestigtes autoritäres Gewaltverhältnis verstanden, unter »Macht« hingegen eine diskontinuierliche, partielle wie informelle gewaltförmige Sozialbeziehung. Der Konstruktionsprozess der beiden antipodischen Gruppen geschieht auf der Basis eines Differenzkriteriums, das biologischer, ethnischer, kultureller, religiöser oder sonstiger Natur sein kann. Die der Spaltung dienende Eigenschaft kann eine reale oder eine imaginäre Größe sein. Unabhängig davon folgt die Bedeutungszuschreibung des trennenden Charakteristikums der Logik des Rassifizierungsprozesses, der Intention, den »Anderen« als »anders« zu kennzeichnen, das Merkmal als Stigma zu etablieren bzw. zu instrumentalisieren und so den »Fremden« markierend zu konstruieren. Zwar ist die konkrete Natur des Differenzkriteriums belanglos, jedoch spielt es für den Prozess der Produktion der als fundamental gedachten Ungleichartigkeit der beiden Gruppen eine unverzichtbare Rolle. Zu betonen ist also, dass der Rassismus nicht an die Konstruktion von körperlichen und damit biologischen Unterschieden gebunden ist; ein derart verengter Rassismusbegriff liefe auf den Ausschluss relevanter Spielarten des Rassismus (vgl. Kap. 1.3) hinaus.

      Die Intention des Rassisten besteht darin, die konstruierte Fremdgruppe zu beherrschen, die »Anderen« von relevanten ökonomischen, sozialen, kulturellen und politischen Prozessen auszuschließen, sie im Extremfall gar zu vertreiben oder zu töten. Während in den frühen Formen des Rassismus ein wechselseitiger Über-gang von der »Wir-Gruppe« zur »Fremdgruppe« in Einzelfällen noch möglich war, wird im weiteren historischen Verlauf der Antagonismus als unveränderbar, als statisch, als quasi-erblich konstruiert und in einem Maße essentialisiert, dass ein Wechsel de facto ausgeschlossen ist. Der Gruppenantagonismus wird nunmehr generationenübergreifend konstruiert, als fundamentaler Gegensatz gedacht, der alle gesellschaftlichen Sphären durchdringt und alle Konflikte verursacht bzw. dominiert.

      Auch im 21. Jh. ist der Rassismus weltweit alles andere als von der Landkarte verschwunden. Gerade Deutschland erweist sich als ein zutiefst rassistisches Land. Rassistische Bücher wie das eines Berliner Ex-Finanzsenators rangieren nicht nur auf Bestsellerlisten, sondern verkaufen sich, begleitet von einem medialen Hype, millionenfach. Der Autor wurde weder aus der SPD ausgeschlossen noch erfolgte eine Anklage wegen Volksverhetzung. In einem anderen Fall formierte sich die Bewegung »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) zum Jahreswechsel 2014/2015, der es gelang, tausende Bürger wochenlang rassistisch zu mobilisieren. In Deutschland reichen die offensichtlichen Sachverhalte bzw. Tatbestände von antinegrid-rassistischen Karikaturen in Polizeikalendern, über antisemitische Äußerungen im Kontext der Beschneidungsdebatte (»Haut ab!«), bis hin zu Schändungen jüdischer wie muslimischer Friedhöfe. Hinzu kommen gewalttätige Übergriffe auf zu Fremden konstruierte Personen, Brandanschläge auf Moscheen und Synagogen, ganz zu Schweigen von einer rassistisch-motivierten Mordserie an neun Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund durch eine neonazistische Terrorgruppe. In der zweiten Jahreshälfte 2015 sowie zu Beginn des Jahres 2016 zeigt sich in ganz Europa der Rassismus im Verhalten gegenüber den vor Bürgerkrieg, Unterdrückung und Not fliehenden Menschen. So wurden in Deutschland Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in Ost und West verübt, im sächsischen Freital skandierte ein rassistischer Mob »Weg mit dem Dreck« und im bayerischen Bamberg erschollen Parolen wie »Wir wollen keine Asylantenschweine« oder »Kriminelle Ausländer raus – und der Rest auch«. Im März 2016 gelang es der rechtspopulistisch-rassistischen Partei »Alternative für Deutschland« (AfD) bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zweistellige Ergebnisse zu erzielen und in Sachsen-Anhalt nahezu jeden vierten Wähler zu überzeugen.

      All dies wirft Fragen auf nach den Ursachen und Funktionen des Rassismus, den Beweggründen der Akteure, nach adäquaten anti-rassistischen Gegenstrategien sowie einer die Vielfalt der Phänomene erfassenden geeigneten Rassismus-Theorie. Nicht nur an Schulen und Universitäten, sondern auch in der Gesamtgesellschaft stellt die Beschäftigung mit dem Thema eine dringende Notwendigkeit dar. Versteht man Rassismus als gesellschaftliches Macht- und Herrschaftsverhältnis, so ist die Funktion des Phänomens zu erfassen, sind die jeweiligen Methoden der Rassifizierung präzise zu beschreiben und müssen die in den Strukturen wie Institutionen der Gesellschaft eingeschriebenen rassistischen Normen und Verfahrenstechniken analysiert und bekämpft werden.

      Der


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