Sophienlust Box 16 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
finde, wenn es schon um ihretwillen geschieht, kann sie ein bisschen warten, Josefa. Musst du dich zum Essen abmelden?«
»Bei Carola schon. Aber das dauert nur eine Minute. Außerdem möchte ich ein anderes Kleid anziehen. Es geht schnell.«
»Hoffentlich! Sonst spürt mich meine Tochter hier auf, und dann misslingt mein schöner Plan, dich zu entführen.«
Josefa lief leichtfüßig zum Anbau hinüber und rief Carola zu, dass sie zum Essen mit Kapitän Rethy wegfahre, weil sie etwas Wichtiges besprechen müssten. Lexi solle vorerst noch nicht wissen, dass ihr Vater gekommen sei.
Carola nickte ihr zu. »Zieh dich nur hübsch an, wenn es so wichtig ist«, meinte sie augenzwinkernd.
Josefa spürte, dass sie rot wurde. Hatte Carola etwa bemerkt, dass sie Lexis Vater liebte?
Doch jetzt war keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie riss das frisch gebügelte hellblaue Kleid aus dem Schrank und kämmte hastig das dunkle Haar. »Bis bald, Carola. Grüße bitte deinen Mann von mir.«
»Bis bald, Josi. Und viel Vergnügen!«
»Danke.«
Anerkennend schaute Alexander auf seine Uhr. »Donnerwetter, das hat wirklich nicht lange gedauert. Komm, steig ein.« Er öffnete für sie den Schlag und setzte sich dann hinter das Steuer.
Als er anfuhr, sagte er: »Jetzt bist du meine Braut. Aber ich bin ziemlich unromantisch, fürchte ich. Heiratsantrag per Telefon, Verlobung auf dem Gutshof von Sophienlust, sozusagen zwischen Tür und Angel, aber dafür habe ich unterwegs ein Lokal entdeckt, in dem wir das große Ereignis würdig feiern können.«
»Hier in der Nähe?«, wunderte sie sich.
»Auf dem halben Weg nach Frankfurt. Wir nehmen die Autobahn.«
Sein Tempo raubte ihr ein wenig den Atem. Doch sie ließ den Ereignissen nun freie Bahn.
Auf der Fahrt sprachen sie kaum miteinander. Selbst ein Mann wie Alexander Rethy musste sich erst mit der veränderten Situation anfreunden. Ob es ihm viel ausmachte, dass er sie heiraten musste, um seinem Töchterchen ein Heim zu bieten, fragte sich Josefa.
Das Restaurant war so elegant, dass Josefa fürchtete, in ihrem hellblauen Sommerkleid nicht passend angezogen zu sein. Doch Alexander widersprach ihr. »Du bist bildschön«, meinte er. »Wenn du wüsstest, wie deine Augen zu dem Kleid oder das Kleid zu deinen Augen passt! Das ist raffinierte Schlichtheit, möchte ich sagen.«
»Ohne jede Absicht«, gestand Josefa errötend. »Es war frisch gewaschen und gebügelt, deshalb habe ich es rasch übergezogen.«
»Um so eine harmlose Ausrede ist keine Frau der Welt verlegen. Da, der Tisch am Fenster gefällt mir. Dir auch?«
»Natürlich. Ich bin mit allem einverstanden.«
»In Ordnung, dann stelle ich das Menü zusammen.« Er tat es mit Hilfe des herbeieilenden Obers, und Josefa bekam es mit der Angst, weil er die teuersten und kostbarsten Sachen auswählte.
»Was trinken die Herrschaften?«
»Nur französischen Champagner. Den besten, den Sie haben.«
»Du bist leichtsinnig«, tadelte sie ihn mit großen Augen. »Russischen Kaviar, französischen Sekt, kanadischer Lachs – was soll aus unserer Haushaltskasse werden?«
Er lachte sie an. »Ich habe in New York einen Kursus absolviert und bin anschließend befördert worden. Jetzt verdiene ich runde dreihundert Dollar mehr im Monat. Außerdem sind damit automatisch die Sonderzahlungen für die Langstreckenflüge erhöht worden. Geldsorgen haben wir nicht, Josefa. Übrigens, ich habe mir gedacht, dass du die Stellung in der Klinik aufgeben solltest. Es wäre schön für Lexi, wenn du immer nur für sie da wärest.«
Josefa senkte die Lider. »Das kommt mir ein bisschen überraschend. Eigentlich möchte ich weitermachen. Ich wollte dich bitten, ein Haus in der Umgebung von Frankfurt zu suchen.«
Der Sekt wurde gebracht. Alexander lächelte sie an. »Dann also auf unsere Verlobung und unseren Vertrag, Josefa. Ich danke dir, dass du darauf eingehen willst. Hast du dir auch alles gründlich überlegt?«
»Doch, Alexander, sehr gründlich. Nur …, meine Tätigkeit aufzugeben, dazu kann ich mich nicht sofort entschließen. Frau Dr. Frey, die Hausärztin von Sophienlust, ist auch verheiratet und übt ihre Tätigkeit weiter aus.«
»Natürlich will ich dich nicht zwingen, aber ich dachte, wir heiraten, bevor Alexa eingeschult wird, damit es nicht gleich einen Schulwechsel für sie gibt.«
»Hör mal, das neue Schuljahr fängt doch gleich an. So rasch geht es keinesfalls.«
»Ich habe ein Angebot von einem Haus in Oberursel bei Frankfurt erhalten. So weit ich es übersehen kann, ist es genau das, was wir brauchen. Wenn es klappt, kaufe ich es sofort. Heiraten geht schnell, darin habe ich Erfahrung, und ein Umzug ist auch kein wirkliches Problem. Wenn du darauf bestehst, kannst du weiter in der Klinik bleiben. Du bekommst selbstverständlich ein Auto, damit du jeden Tag in die Stadt fahren kannst. Aber ich denke, dass es für dich doch schöner sein sollte, nicht im Beruf zu stehen.«
»Vielleicht, Alexander. Aber unsere Ehe wurde aus besonderen Erwägungen beschlossen und wird nur eine Art Gemeinschaftsvertrag sein. Deshalb sollte ich mein Leben besser nicht ändern.« Groß und fragend waren die blauen Augen auf ihn gerichtet.
»Es wird dein Leben verändern, Josefa. Wenn du Angst hast, dann sag es jetzt. Es ist wie beim Fliegen. Wenn man einmal aufsteigt, kann man nicht mehr umkehren. Du musst dich auf mich verlassen. Ich werde dafür sorgen, dass du gesichert bist, falls mir etwas passieren sollte. Wenn es zum Schlimmsten käme, hättest du in jedem Fall genug, um eine eigene Praxis zu finanzieren.«
Sie erschauerte. Der Kaviar, der eben auf Eis serviert wurde, brachte glücklicherweise eine Ablenkung von den ernsten Gedanken, die seine Worte heraufbeschworen hatten. Von dem blauen Deckel las sie in fließendem Russisch die Aufschrift ab.
»Das klingt schön, du kleine Russin«, meinte Alexander. »Aber ich verstehe leider kein Wort davon. Sprich lieber Deutsch mit mir und sage mir, ob du unbedingt weiterhin kranke Leute bedoktern musst.«
»Stört es dich?« Ganz kampflos wollte sie nicht aufgeben, obwohl sie schon wusste, dass sie ihm seinen Wunsch erfüllen würde.
»Möglich, dass es mich stört. Wenn du schon so nett und großzügig sein willst, Lexis zweite Mutter zu werden, dann musst du mir auch erlauben, ganz und gar für dich zu sorgen. Kannst du das verstehen?«
Sie nickte. »Hm – absolut vergangenes Jahrhundert, Alexander. Trotzdem – ich bin einverstanden. Ich werde mich nach den Kündigungsbedingungen erkundigen. Da ich für mehrere Monate krankgeschrieben bin, werde ich wahrscheinlich gar nicht in die Klinik zurückgehen müssen. Aber ich gestehe, dass es mir ein bisschen schwer fällt. Es war so ein weiter Weg, bis ich mein Ziel erreicht hatte.«
»Du bist ein liebes Mädchen, Josefa. Ich danke dir. Ich werde mit deinem Chef reden. Wetten, dass er jedes nur mögliche Zugeständnis macht? Bis zur Hochzeit habe ich dich frei.«
Josefa nahm einen Schluck Champagner, weil ihre Kehle trocken wurde. »Und wann ist unsere Hochzeit?«, fragte sie mit einer Stimme, die ihr selbst fremd im Ohr klang.
»In etwa zwei bis drei Wochen, würde ich meinen. Ich habe jetzt ein paar Tage Zeit, um alles einzuleiten. Überlass das getrost mir. Deine Papiere sind doch hoffentlich in Ordnung?«
»Ja, Alexander, das sind sie.« Sie hatte die Urkunden bereits herausgesucht und zurechtgelegt. Da sie die Absicht gehabt hatte, auf lange Zeit zu verreisen, war es ihr richtiger erschienen, die wichtigsten Dokumente mitzunehmen. Oder war das bereits eine Vorahnung dessen gewesen, was in Sophienlust geschehen sollte?
»Du bist eine patente Frau, Josefa. Ich glaube, ich kann mir gratulieren. Auf dein Wohl, Josefa, und auf Lexi!«
»Auf Alexa, Alexander!« Sie schaute aufs Tischtuch, weil sie dem Blick seiner Augen nicht begegnen