Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
schaute Toni in die Augen.
»Ist gut gemeint, Toni! Ich dank’ dir schön! Aber da müßte schon ein Wunder geschehen!«
»Wunder, die kann es geben! Des ist gar net so selten in Waldkogel, Dieter. Es hat vieles gegeben, was wirklich schlimm war. Doch dann haben es die Engel vom ›Engelssteig‹ wieder gerichtet. Es gibt hier net nur des ›Höllentor‹. Es gibt auch den ›Engelssteig‹, Dieter!«
Dieter warf dem alten Alois ein bitteres Lächeln zu.
»Da kann ich nimmer dran glauben! Nie und nimmer!«
Dieter kippte den Schnaps hinunter.
Durch die offene Tür drang ein Geräusch.
»Klingt, als sei des der Leo von der Bergwacht! Der Leo ist doch eine treue Seele und ein wahrer Freund, daß er heute schon kommt!«
Toni wandte sich an Dieter und bat ihn mitzukommen. Leonhard Gasser, wurde von jedermann einfach Leo gerufen. Er war Leiter der Bergwacht in Kirchwalden und einer von Tonis besten Freunden. Wenn er mit dem Rettungshubschrauber Übungsflüge unternahm, brachte er jedes Mal einige Fässer Bier mit hinauf auf die Berghütte. Das ersparte Toni viel Mühe, denn es führte keine Straße auf die Berghütte hinauf. Alles mußte zu Fuß hinaufgebracht werden. Einzige Hilfe war der junge Neufundländerrüde Bello, den Anna trainiert hatte. Er bekam Packtaschen umgebunden oder zog ein Aluminiumwägelchen. Damit konnten viele Lebensmittel und Bedarfsgüter hinauf auf die Berghütte transportiert werden. Darüber hinaus war Leo die größte Hilfe. Dafür veranstalteten Toni und Anna von Zeit zu Zeit zünftige Hüttenabende für alle Bergwachtkameraden.
Der Hubschrauber landete auf dem Geröllfeld. Als sich der Staub gelegte hatte und die Rotorblätter des Hubschraubers stillstanden, gingen Toni und Dieter hin.
»Grüß Gott, Leo! Mei ist des eine Freude, daß du den schönen Gerstensaft heute schon bringst.«
»Des ist heute ein besonders warmer Tag. Da dachte ich mir, daß du mehr Bier zapfen tust als sonst. Es war auch ziemlich ruhig heute. Bisher gab es jedenfalls keine ernsten Notfälle. Bis auf ein junges Madl: Des verlangte von uns, auf die Berghütte geflogen zu werden. Die macht sich Sorgen um ihren Burschen.«
»Hat sie einen Namen genannt?« fragte Toni und warf Dieter dabei einen Seitenblick zu.
»Naa! Des hat sie net. Sie war nur ziemlich aufgeregt. Er soll hier liegen und Fieber haben. Doch da du mir keinen Notfall gemeldet hast, hab’ ich des für ein bissel übertrieben gehalten. Vielleicht hat des Madl Liebeskummer? Wer weiß, was da dahintersteckt?«
Toni räusperte sich.
»Übrigens, des ist der Dieter! Dieter, kannst du schon mal beginnen, die Fässer auszuladen?«
Dieter nickte.
Toni nahm Leo zur Seite. Sie gingen einige Schritte über das Geröllfeld. Dieter beobachtete, wie Toni ausführlich mit Leo sprach. Die reden über mich, dachte er, weil Leo sich auch öfter umdrehte und nach Dieter schaute.
Dieter brachte das letzte Bierfaß in den Schuppen, als er hörte, wie Leo mit dem Hubschrauber wieder abhob.
Wütend rannte er heraus und stürzte auf Toni zu.
»Was hast du mit dem Gasser geredet? Hast alles schön breitgetreten?«
»Langsam, langsam! Wut war immer schon ein schlechter Ratgeber! Ich habe nix über dich gesagt. Des Madl hat auch keinen Namen genannt. Ich habe den Leo nur ein bissel ausgefragt. Ich denke, daß es deine Ina war. Der Leo konnte sie nicht mitnehmen, denn erstens war es kein Notfall und zweites hatte er schon den Hubschrauber vollgeladen mit den Bierfässern. Weißt, der Leo ist sehr hilfsbereit. Sicherlich hätte er sonst auf dem Übungsflug des Madl mitgenommen.«
Toni schmunzelte.
»Die Ina muß ein ganz besonderes Madl sein! Der Leo ist ganz angetan von ihr. Die Ina ist net nur fesch, die weiß auch, was sie will. Jedenfalls habe ich herausgefunden, daß sie auf dem Weg hierher ist. Entweder wandert sie von der Oberländer Alm zu Fuß herauf oder sie mietet sich einen anderen Hubschrauber, einen von der Fluggesellschaft. Denen habe ich zwar das Landen auf dem Geröllfeld verboten, aber wenn sie runterkommen, kann ich wenig tun.«
»Bist du dir sicher, daß meine Ina auf dem Weg hierher ist?«
Das blanke Entsetzen stand Dieter in den Augen.
»Nun mal langsam! Komm mit! Du bekommst jetzt von mir einen schönen Rucksack voll Proviant. Dann gehst du zum ›Erkerchen‹. Wenn die Ina kommt, schickt die Anna sie dort hin. Dort seid ihr ungestört und könnt euch aussprechen. Es hat keinen Sinn, sich zu drücken.«
Dieter nickte. Er sagte kein Wort und ging neben Toni her in die Berghütte.
Als Dieter seinen Rucksack schulterte, sah er, daß sich Toni auch angezogen hatte.
»Du willst auch fort?«
»Ja! Der Leo wird gleich wieder landen. Ich habe in Kirchwalden noch etwas zu erledigen. Er nimmt mich mit«, bemerkte Toni.
Dann brachte Toni Dieter hinaus. Sie standen noch einen Augenblick zusammen auf der Terrasse der Berghütte. Toni gab Dieter Bellos Leine in die Hand.
»Du nimmst den Bello mit! Dann bin ich mir sicher, daß du keine Dummheiten machst. Jetzt schaust, daß du fortkommst!«
Toni sah Dieter nach, wie er über das Geröllfeld ging. Bello lief voraus.
Anna trat zu Toni.
»Was hat Leo erzählt? Du konntest vorhin nicht weitererzählen.«
»Ja, der Dieter kam zu schnell aus seiner Kammer. Ich mußte still sein, daß er nichts hörte. Ich weiß nicht, was davon wahr ist. Aber ich habe da so eine Ahnung, eine Vermutung. Ich habe mit Leo gesprochen. Der sagt, er habe Gesa öfters mit einem Burschen in den Bergen gesehen. Er kennt ihn auch. Er soll Jochen heißen und bei einer Spedition in Kirchwalden arbeiten. Die Spedition beliefert auch die Bergwacht.«
»Dann könnte es sein, daß diese Gesa zwei Burschen hat?«
Toni schmunzelte.
»Nun, genau das ist es! Der Dieter ist bestimmt als Hoferbe des Wasmayr Hofes der bessere Fang. Aber ich will der Gesa nichts unterstellen. Sie galt immer als anständiges Madl. Weißt, Anna, es ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick scheint. Ich will weder für Gesa, noch für Dieter die Hand ins Feuer legen. Ein Geldstück hat immer zwei Seiten. Des ist alles sehr sonderbar.«
»Wo willst hin in Kirchwalden?«
Toni nahm seine Anna in den Arm. Er küßte sie.
»Einkaufen!« sagte Toni leise und blinzelte seiner lieben Frau zu.
»Na gut! Dann stelle ich keine weiteren Fragen!«
Anna schlang ihre Arme um Toni und küßte ihn.
»Ich liebe dich, Toni! Ich liebe dich auch für deine Anteilnahme am Leben und Kummer und dem Leid anderer. Du hast so ein großes Herz, Toni!«
»Du doch auch, Anna! Du hast damals Anteil genommen an meinem Leben und meinem Traum von der Berghütte! Du hast Anteil genommen am Kummer vom alten Alois! Du hast gehandelt!«
»Ich liebte dich!«
»Das weiß ich! Ich liebe dich, Anna! Ich bin mit dir sehr glücklich.«
»Und ich mit dir!«
»Deshalb ist es uns eine Verpflichtung, ein bissel dafür zu sorgen, daß andere auch glücklich werden, wenn es dafür vielleicht eine Möglichkeit gibt.«
»Ja, so ist es! Versuchen sollte man es schon. Oft genügt es einfach, einen Stein ins Rollen zu bringen.«
»Stimmt! Es darf nur keine Lawine daraus werden!«
»Nein, das darf es nicht!«
Draußen war Leo mit dem Hubschrauber zu hören. Anna und Toni drückten sich und küßten sich zum