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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.

Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Ich kriege keinen Bissen runter. Schon gut, Toni. Ich helfe gerne, des lenkt mich ab.«

      Toni zog die Stirn in Falten. Er sagte nichts mehr.

      So ging das die nächste Stunde weiter. Dann wurde es ruhiger. Die Wirtsstube der Berghütte leerte sich. Nur auf der Terrasse saßen noch Hüttengäste in der Sonne. Anna deckte für sich, Toni, den alten Alois und Dieter einen Tisch. Sie stellte einen großen Topf mit Suppe hin und ein Blech mit Apfelkuchen, der frisch aus dem Ofen kam und noch heiß war.

      »Laßt uns essen!«

      Sie setzten sich.

      Toni wartete, bis Dieter gegessen hatte. Er aß nicht viel, aber doch etwas.

      »So, Dieter! Ich habe einen Brummschädel, so sehr versuche ich dein Gerede von vorhin zu sortieren. Ich bin ja net gerade der Dümmste, aber ich kann mir darauf keinen Reim machen.«

      Dieter blickte kurz auf und aß dann weiter.

      »Dieter«, sprach Toni ihn erneut an. »Dieter, was ist mit dieser Ina, die du wohl liebst? Des habe ich verstanden. Der Rest ist mir schleierhaft. Du kannst sie net heiraten, weil du verheiratet bist? Mit wem? Wann? Die Geschichte, die du mir aufgetischt hast, die würde meine liebe Anna als bestes Seemannsgarn bezeichnen. Also, was ist?«

      »Ich kann net drüber reden! Des macht die Sache nur noch schlimmer. Vergiß, was ich gesagt habe! Ich habe wohl was durcheinandergebracht.«

      Toni holte Luft.

      »Naa, so für dumm laß ich mich net verkaufen! Ich bin ein sehr friedliebender Mensch. Doch du bist in meinen Augen im Augenblick net ganz bei Sinnen. Ich will net, daß du etwas Unbedachtes tust. Deshalb habe ich dir auch des Rasiermesser weggenommen. Du redest jetzt! Sonst nehme ich dich mit hinaus auf des Geröllfeld und schüttel jedes Wort aus dir raus. Du hast dich kaum noch auf den Beinen halten können, als du heute morgen gebracht worden bist und Fieber hast auch gehabt. Also, ich höre!«

      Dieter sah Toni hilflos an.

      »Toni, ich weiß, daß du es gut mit mir meinst. Das gilt auch für euch, Anna und Alois. Aber es gibt Dinge, die muß man für sich behalten. Redet man drüber, dann ist das, als gieße man Öl ins Feuer.«

      »Naa! Damit gebe ich mich net zufrieden. Und ich sage dir auch warum: Des Madl, die Ina, die ist am Telefon fast zusammengebrochen. Ich habe sie nicht angerufen und ihr gesagt, daß du sie nicht sehen willst. Des wäre ein falscher Freundschaftsdienst gewesen. Da spiele ich nicht mit. Das kannst du nicht von mir verlangen. Ich mache so etwas nicht – nicht bevor ich weiß, um was es eigentlich geht.«

      Toni sah Dieters entsetzte Augen und machte noch etwas Druck.

      »Also, Dieter, so wie ich des Madl verstanden habe, kannst du damit rechnen, daß die heute noch hierher auf die Berghütte kommt.«

      »Naa!« stöhnte Dieter. »Des darf sie net! Ich kann ihr net in die Augen sehen.«

      Dieter sprang auf.

      »Ich gehe in die Berge!«

      Toni griff mit harter Hand zu und zog ihn wieder auf den Stuhl.

      »Du gehst nirgends hin! Am End’ tust noch abstürzen. Des war sowieso schon unverantwortlich von dir, daß du ohne Proviant, ohne ein Getränk, ohne eine Brotzeit losgegangen bist. Des zeigt mir nur, daß du im Augenblick nimmer klar denken kannst. Ich lasse dich keinen Fuß vor die Berghütte setzen, bevor ich net weiß, was los ist. Dieter, des sind keine leeren Worte von mir. Ich meine des ernst. Und wenn ich dich anbinden muß!«

      Toni drohte nicht nur, er würde ernst machen, das begriff Dieter.

      Dieter sah in die Runde. An Annas und Alois Gesichtszügen erkannte Dieter, daß diese auf Tonis Seite standen.

      Dieter nahm sich ein Stück Apfelkuchen und biß hinein. Er aß es ganz auf. Toni, Anna und der alte Alois sahen, daß er innerlich mit sich rang.

      »Na gut, vielleicht ist es besser, wenn ich mich euch anvertraue. Aber ihr müßt mir des Versprechen geben, daß ihr des für euch behalten tut.«

      »Ich verspreche dir gar nix! Ich will erst wissen, was los ist!« sagte Toni hart. »Du mußt nicht reden! Aber dann werden wir dir auch net beistehen, wenn die Ina kommt.«

      Das zeigte Wirkung. Dieter erzählte. Zuerst sprach er von seiner großen Liebe, von Ina Oertl. Er holte seinen Geldbeutel heraus. Darin war ein Foto. Es zeigte Ina im Dirndl.

      »Des ist wirklich ein fesches Madl!« bemerkte der alte Alois.

      Dieter steckte seine Geldbörse wieder ein, bevor er weitersprach. Immer und immer wieder beschrieb er die Liebe, die Ina und er füreinander empfanden. Dieter erleichterte sein Herz. Seine Eltern machten Druck, so empfand es Dieter jedenfalls, daß er endlich ein Madl erwählen sollte.

      »Der Vater redet mit jedem drüber! Ich bin schon zur Zielscheibe des Spotts geworden. Ich habe doch gar net die Möglichkeit gehabt, daß sich die Beziehung zwischen mir und Ina so ganz normal entwickeln konnte. Hätte ich sie gleich mit heimgebracht, wäre ich mit ihr zum Tanz gegangen, dann wäre des die Sensation gewesen. Ich – wir mußten uns doch erst mal selbst darüber klarwerden, wie des mit uns ist. Dazu brauchte ich Ruhe. Es muß sich doch alles erst entwickeln: Vertrauen, Zuneigung, Liebe. Könnt ihr des verstehen?«

      »Dann war Ina nie in Waldkogel?«

      »Net direkt! Wir haben uns verabredet und sind zusammen wandern gegangen. Abends waren wir auch am Bergsee. Ich habe Ina unseren Hof gezeigt – von weitem. Außerdem wollte ich damit warten, bis mir der Onkel seinen Erbteil überschrieben hat. Erst dann wollte ich Ina heim auf den Hof bringen.«

      Toni, Anna und der alte Alois konnten Dieters Erzählung so weit folgen. Doch sie hatten viele unausgesprochene Fragen. Sie fragten nicht. Sie ließen Dieter Zeit. Sie sahen, wie er nach Worten rang.

      Nach und nach sprach er von der Nacht mit Hans in den Bergen. Er erzählte davon, daß er sich an nichts – an gar nichts erinnern konnte. Er vertraue Hans aber, der ihm es mehrmals bestätigt hatte.

      »Es muß also so gewesen sein!« faßte es Dieter zusammen.

      Die Scham, die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit standen ihm ins Gesicht geschrieben.

      »Ja, und deshalb muß ich wohl in den sauren Apfel beißen und ein Madl heiraten, des ich net liebe, nie lieben werde. Es wird eine Ehe rein auf dem Papier sein. Ich war net bei Sinnen und muß jetzt meine Schuld anerkennen und dafür büßen.«

      Toni, Anna und der alte Alois waren sprachlos. Sie schauten sich an. Der alte Alois schüttelte den Kopf.

      »Also, daß man einen Vollrausch hat und daß man sich an Einzelheiten nicht erinnern kann, des kann ich verstehen. Aber daß man sich an eine heiße Liebesnacht überhaupt nicht erinnert, des kommt mir ein bissel sehr seltsam vor! Hast du wirklich keinerlei Erinnerung? Auch net einen kleinen Zipfel, so wie ein Bild von einem Traum? Manchmal kommt es doch vor, daß man etwas träumt und den Traum nimmer zusammenbekommt, sich nicht daran erinnern kann außer dem einen Bild.«

      Dieter schüttelte den Kopf. Er betonte, daß seine Erinnerung bis zu dem Augenblick zurückreichte, als Hans und er schlafen gingen. Dann fand er Hans morgens auf der Bank vor der Schutzhütte.

      »Der legt sich net aus Jux die Nacht auf die kurze harte Bank, oder? Außerdem sind wir Bergkameraden. Wir sind zusammen in vielen Seilschaften gegangen. Einer konnte sich immer auf den anderen verlassen. Deshalb muß ich ihm doch glauben, oder? Außerdem hat mir die Gesa einen Zettel geschrieben!«

      Es war still am Tisch. Toni, Anna und der alte Alois mußten erst mal nachdenken.

      Toni stand auf. Er holte die Schnapsflasche. Es war die gute Sorte, die Toni nur lieben Freunden anbot.

      »Leut’, des ist unfaßbar! So etwas hab’ ich noch nie gehört. Des paßt net zu dir, Dieter! Du bist doch kein Säufer! So eine Gedächtnislücke – naa, naa, des begreife ich nicht.«

      Toni schenkte den Obstler ein. Sie prosteten sich zu.


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