Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
da ist bei mir nur noch eine große Wunde. Des Madl hat es mir rausgerissen.«
Gerds Vater überlegte eine Weile.
»Es geht mich ja nix an. Sicherlich hast du auch deine Gründe, warum du uns noch nichts erzählt hast. Du hast den Namen des Madls auch nicht erwähnt. Neugierig hast mich jetzt schon gemacht. Du mußt mir nix sagen, wenn du nicht willst. Aber um Fehler und Mißverständnisse zu vermeiden, wäre es schon besser, wenn du nur eine kleine Andeutung machen würdest. Ich meine so in der Richtung von dem lieben Besuch, den wir gestern abend hatten…«
»Es ist nicht die Dora Almer, wenn du des meinst, Vater! Des war Zufall gestern, daß ich die Dora getroffen habe.«
»Kein übles Madl, die Dora. Sie hat dich richtig angehimmelt. Hast des bemerkt?«
»Des war net zu übersehen!«
Der Eichingerbauer räusperte sich.
»Weißt, Bub! Man sagt, Feuer soll man mit Feuer bekämpfen. Wenn es im Forst brennen tut, dann legt man ein Gegenfeuer. Vielleicht verbringst du mal etwas Zeit mit der Dora, wenn es auch nur zur Ablenkung ist.«
»Dein Rat ist lieb gemeint, Vater! Dazu sagen will ich nix!«
Gerd und sein Vater redeten nicht weiter über Gerds Kummer. Der Eichingerbauer lenkte das Gesprächsthema geschickt auf anstehende Themen, die den Hof und die Arbeit in den nächsten Wochen betrafen. Als alles besprochen war, gingen sie hinein. In der großen Wohnküche tranken sie noch einen kleinen Obstler zusammen. Dann gingen sie schlafen.
*
Tonis Eltern hatten Hochzeitstag. Er fiel auf einen Sonntag. Xaver und Meta wollten im kleinen Familienkreis feiern. Sie beschlossen, das Wirtshaus an diesem Sonntag zu schließen. Die Pensionsgäste bekamen ihr Frühstück. Aber zu Mittag und Abend mußten sie woanders essen gehen.
Maria, Tonis jüngere Schwester, war mit ihrem Mann und den Kindern über das Wochenende gekommen. Alois übernahm an dem Sonntag die Arbeit auf der Berghütte. So konnte Toni mit Anna die Eltern besuchen. Am Sonntagvormittag besuchten sie alle gemeinsam die Messe in der schönen Barockkirche.
»Mei, sehe ich recht! Ja, bist du es wirklich, Almut?« rief Meta Baumberger erfreut. Sie ging auf eine Frau zu und umarmte sie.
»Was machst hier in Waldkogel?«
»Urlaub! Was soll ich sonst machen? Ich habe jetzt immer Urlaub. Ich bin in Frührente gegangen, habe genug im Leben gearbeitet. Und die Arbeit als Hebamme im Krankenhaus ist net des, was ich mir so vorgestellt habe.«
Xaver, Toni, Anna, Maria und ihr Mann traten dazu.
»Des ist die Almut! Sie war als ganz junge Frau eine Zeitlang Hebamme hier im Kreis. Dich hat sie mit auf die Welt gebracht und dich auch, Maria.«
Almut schüttelte Hände.
»Wie die Zeit vergeht! Jetzt haben die Kinder von damals schon selbst Kinder!«
»Wo tust du übernachten, Almut?« fragte Meta Baumberger.
Almut lachte.
»Weißt, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich habe gestern abend einen Heimatfilm im Fernsehen geschaut. Da habe ich doch richtig Heimweh nach meinem geliebten Waldkogel bekommen. Ich habe ein kleines Nickerchen gemacht und bin dann losgefahren. Die Leute waren in der Messe, als ich ankam. Da dachte ich mir, das ist eine gute Gelegenheit alte Gesichter zu treffen. Und du siehst, liebe Meta, so ist es auch gekommen.«
»Dann hast du kein Zimmer?«
»Nein!«
»Dann kommst du mit uns! Wir haben jetzt des Wirtshaus und die Pension. Damals hat dem Xaver sein Vater noch das Sagen gehabt. Mei, da wird es einem wieder bewußt, wie die Zeit vergeht. Kennst du den Weg noch zu uns?«
Almut lachte.
»Es hat sich viel verändert in den Jahren, aber Waldkogel ist immer noch so schön. Ich werde euch schon finden. Ich will nicht gleich mitkommen. Ich habe mein Auto dort hinten auf dem Marktplatz stehen. Ich will erst ein bisserl durch Waldkogel spazierengehen. Auch zum Bergsee will ich. Da bin ich früher immer so gern gewesen.«
»Wir essen um zwölf Uhr! Bist eingeladen, Almut! Der Xaver und ich feiern heute Hochzeitstag – keinen runden. Aber wir feiern. Des Lokal ist heute zu. Heute sind wir unter uns. Ich freue mich so, dich getroffen zu haben!«
Almut schüttelte den Kopf. Sie lehnte ab. Die Familie sollte alleine feiern. Außerdem paßte das nicht in ihre Pläne.
»Weißt, ich wollte mir Waldkogel ansehen und dann mit dem Auto rauf in die Berge fahren. Am liebsten würde ich auf einer Alm wohnen oder ich suche mir eine Schutzhütte. Aber wir sehen uns. Ich will schon länger in Waldkogel bleiben.«
Toni schlug vor, daß Almut zur Berghütte aufsteigen sollte.
»Die Berghütte! Daran erinnere ich mich gut! Der alte Alois, der war ja eine richtige Urgestalt damals. Der konnte das Wetter voraussagen und jede Kleinigkeit in der Natur deuten.«
»Ja, der alte Alois ist schon ein besonderer Mensch. Er wird sich bestimmt freuen, dich zu sehen.«
Mit Erstaunen hörte Almut, daß der alte Alois jetzt bei Toni und Anna auf der Berghütte lebte. Sie wunderte sich, daß keiner von Alois’ Kindern die Berghütte übernommen hatte.
»Ja, des war tragisch für den alten Alois. Aber das soll er dir selbst erzählen, Almut«, sagte Meta.
Sie versuchte Almut noch einmal zu überreden, doch mitzukommen. Aber es war vergeblich. Almut freute sich auf die Einsamkeit der Berge. Sie versprach aber, bald einmal vorbeizuschauen.
Die Baumbergers begleiteten Almut noch bis zu ihrem Auto. Dann gingen sie weiter.
Almut schulterte ihren Rucksack und zog los. Sie wollte zuerst zum Bergsee.
Der See lag ruhig in der Mittagssonne. Almut breitete am Ufer eine Decke aus. Sie packte ihre Brotzeit aus und ließ es sich gutgehen. Während sie die Berge betrachtete, die sich mit ihren schneebedeckten Gipfeln im Wasser spiegelten, erinnerte sie sich an ihre Zeit in Waldkogel. Sie holte ihr kleines Notizbuch hervor und notierte sich Namen, an die sie sich erinnerte. Sie wollte einige besuchen und schauen, wie es ihnen ergangen ist. Mit vielen verband sie damals eine richtige Freundschaft. Für die Frauen war sie Vertraute, Hebamme und Freundin. Auch zu vielen älteren Frauen hatte sie damals ein gutes Verhältnis.
Ein Auto kam den Uferweg entlang. Almut stand auf und hielt es an.
»Der Weisgerber! Kennst mich noch?«
Albert Weisgerber schaute Almut an.
»Ich kann mich net erinnern, net genau. Aber bekannt kommt mir Ihr Gesicht schon vor.«
Almut lachte.
»Dann darf ich deinem Gedächtnis nachhelfen. Da gab es eine junge Frau, die ihren Mann besuchen wollte, der bei dir im Sägewerk gearbeitet hat. Des ist damals gewesen, als du des Sägewerk gerade von deinem Onkel übernommen hattest. Bei der jungen Frau setzten die Wehen ein. Es ging dann alles ganz schnell. Ich habe es gerade noch geschafft, ins Sägewerk zu kommen. Des Kindl ist dann direkt in der Ecke in der großen Halle auf einem Haufen Sägespäne zur Welt gekommen. Erinnerst dich jetzt?«
»Mei, dann mußt du die Almut sein!«
Albert Weisgerber stieg aus und schüttelte Almut die Hand. Er ging auch zum vertrauten Du über.
»Daß ich dich hier treffe, des hätte ich mir net träumen lassen. Was machst in Waldkogel?«
»Urlaub! Ich mache gerade Brotzeit. Es reicht für beide. Willst mitessen oder wartet deine Familie mit dem Mittagessen?«
»Familie? Naa, so etwas habe ich net. Dazu ist es noch nicht gekommen. Der Himmel alleine weiß, warum des so ist. Aber glaube mir, es ist nicht schön so alleine. Doch was nicht zu ändern ist, daran ist eben nix zu ändern!«
Sie gingen zusammen die wenigen Schritte zum Ufer. Almut gab Albert