Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von BuchnerЧитать онлайн книгу.
stellte den Motor des Traktors ab.
»Grüß Gott, Wilfried! Wo kommst du so spät her? Gehörst du nicht ins Bett?«
»Das könnte ich von dir auch behaupten! Machst die Nacht zum Tag, wie?«
Franz Krumbach sprang vom Traktor.
»Du hast leicht reden! Wann soll ich es denn machen? Die Arbeit muß getan werden.«
»Ist dir des net ein bissel zuviel? Tagsüber im Sägewerk und nachts auf dem Acker?«
»Nix ist da mehr mit dem Sägewerk! Der Weisgerber hat mich entlassen!«
»Was du net sagst! Entlassen?«
»Gell, da tust auch staunen? Aber ich habe schon wieder eine andere Arbeit in Kirchwalden. Da helfe ich in der Brauerei. Des mit der Fahrerei ist net so schön und Benzingeld kostet es auch. Doch es bleibt mir keine andere Wahl.«
»Willst du die Landwirtschaft net ganz aufgeben, Franz?«
»Naa! Schmarrn! Außerdem geht des net! Du weißt, daß ich vor Jahren den Hof mit einem geförderten Landwirtschaftskredit modernisiert habe. Wenn ich jetzt die Landwirtschaft aufgebe, dann muß ich die Schulden zu einem viel höheren Zinssatz und innerhalb einer kürzeren Zeit abbezahlen. Des ist unmöglich. Da könnte ich gleich den Hof verkaufen. Ich hätte des net machen sollen damals. Aber es hat gut ausgesehen, zu der Zeit. Wer konnte denn vorhersehen, daß die Erzeugerpreise so in den Keller gehen? Davon kann man als Kleinbauer nimmer existieren. Dazu gehört mehr Land und Vieh. Platz für mehr Vieh hätte ich, aber die Wiesen reichen net für des Futter. Früher habe ich dazugekauft. Aber es rechnet sich nicht mehr.«
»Es ist ungerecht auf der Welt, Franz! Wenn du magst, dann gebe ich dir ein paar Wiesen. Mit der Pacht werden wir schon einig. Was meinst? Willst du es nicht probieren? Deine Kühe haben früher immer Preise gewonnen. Wieviel Stück Vieh hast du jetzt noch?«
Der Krumbacherbauer schob die Hände in die Hosentaschen und lehnte sich an das große Hinterrad des Traktors.
»Nimmer viel! Kaum der Rede wert. Es sind nur noch drei Stück Vieh! Für die reicht das Futter, das ich anbaue. Ich habe letzte Woche wieder zwei Kühe verkauft. Schöne Tiere sind es gewesen. Dem Schlachthof mußte ich sie verkaufen. Habe das Geld dringend gebraucht. Es ist schon ein Jammer.«
Der Krumbacherbauer seufzte.
»Aber ich will die Hoffnung net aufgeben, daß ich die nächsten Jahre noch durchhalte. Wenn der Kredit abbezahlt ist, dann sehe ich weiter. Es kommt auch auf mein Madl an. Die Gesa ist unser einziges Kind. Vielleicht tut sie ja mal reich heiraten, einen Burschen, dessen Bruder den elterlichen Hof übernehmen tut. Der könnte dann ein gutes Stück Geld mitbringen und vielleicht auch Äcker und Wiesen.«
Der Wasmayrbauer bekam spitze Ohren. Ein Gedanke jagte den anderen.
»Ja, Franz, des wäre gut. Hat denn dein Madl schon einen Burschen?«
»Sie geht mal aus mit dem und dem. Ich weiß nix Genaues. Ich hoffe aber, daß sie weiß, was sie tut.«
»Ja, hast denn nicht mit deiner Gesa gesprochen?«
»Was soll ich mit ihr gesprochen haben?«
»Mei, Franz! Na, was schon? Die Gesa ist wirklich ein fesches Madl. Wenn die es darauf anlegt, kann sie jedem Burschen den Kopf verdrehen. Es muß nur der Richtige sein.«
Der Krumbacher lachte.
»Ich will, daß meine Gesa glücklich wird. Sie soll den Burschen nehmen, den sie will.«
»Etwas anders wäre auch Unsinn, Franz. Aber man sagt, daß die Weiber schon ein bissel berechnend sein können. Sie muß sich nur den Richtigen aussuchen und ihn dann verführen.« Der Wasmayrbauer seufzte. »Man hat schon seine Last mit seinen Kindern. Mein Bub läßt wahrscheinlich alle Madln abblitzen. Wie soll ich mir sonst erklären, daß sich da nix tut? Dabei denke ich, daß er eine gute Partie ist. Der Wasmayr Hof tut etwas hermachen. Sind keine Schulden drauf. Im Gegenteil, der Dieter erbt einmal ein schönes dickes Polster. Er geht auch selbst gut mit Geld um. Also, des Madl, des er als Jungbäuerin auf den Hof bringt, des hat es gut. Wenn er eines bringt! Mir dauert des schon zu lange. Ich bin ganz ungeduldig. Und reden kann ich mit ihm net drüber. Er ist zu kritisch, Franz. Er sucht wahrscheinlich nach dem Ideal. Weiß der Himmel, was er sich vorstellt! Ich hoffe, daß bald irgendein Madl ihn einfach verführt. Dann wäre endlich Ruhe. Dann wird es zum Traualtar gehen, verstehst?«
Franz Krumbacher schaute Wilfried Wasmayr ernst an.
»Willst du damit sagen, daß ich auf meine Gesa ein bissel Einfluß ausüben soll? Hast du dir des so gedacht?«
Wilfried Wasmayr schmunzelte.
»Gesagt habe ich nichts, gar nichts! Ich habe nur theoretisch gesprochen, verstehst? Des, was ich da gedacht und gesagt habe, das gilt für jedes Madl, auch für deine Gesa. Doch wenn du es genau wissen willst, dann sage ich es dir: Ich hätte gegen die Gesa nix. Das kann ich dir versichern.«
»Ich verstehe! Dann will ich des mal so zusammenfassen: Wenn meine Gesa und dein Dieter zusammenkämen, dann wäre das für beide Familien nicht schlecht.«
»Mhm, es wäre wirklich net schlecht. Also rein theoretisch, könnte man dann die Höfe zusammen bewirtschaften. Es bliebe ja alles in der Familie. Damit wäre dir geholfen.«
»Ja, ja! In der Theorie hört sich des verlockend an. Doch ich kann mein Madl net unter Druck setzen.«
»Mei, wer redete denn davon? Außerdem bringt das nichts, gar nichts. Es muß schon von selbst drauf kommen. Du mußt es so machen, daß sie denkt, es sei ihre Idee.«
»Dann bringe du doch deinen Buben dazu, daß er mit der Gesa flitzt.«
»Naa! Des mache ich net. Dann läßt sich mein Bub von der Gesa bestimmt net verführen. Da macht er einen Bogen um sie, wie der Teufel ums Weihwasser. Ich habe ihm einmal ein Madl angepriesen. Da hat er einen Streit vom Zaun gebrochen, daß ich dachte, er geht gleich mit Fäusten auf mich los. Wenn meine Gudrun nicht dazwischengegangen wäre, wer weiß, was passiert wäre! Naa, ich muß mich da zurückhalten. Des mußt du verstehen!«
Es war alles gesagt. Franz Krumbach nickte Wasmayr zu. Franz Krumbach stieg auf seinen Traktor, ließ den Motor an und zog weiter den Pflug durch den Acker.
*
Zur gleichen Zeit, als ihr Vater sich auf dem Acker abmühte, wartete Gesa in der Nähe der Tankstelle
und Autoreparaturwerkstatt zwischen Waldkogel und Marktwasen. Es war jetzt schon nach Mitternacht. Die Tankstelle hatte geschlossen. Nur in der Wohnung über dem Laden brannte noch Licht. Gesa hielt in der Dunkelheit ihre Armbanduhr in Richtung des Lichtscheines, der aus dem Fenster fiel. Die Minuten vergingen wie Stunden.
Wann kommt er endlich? Wie lange dauert es noch? Immer wieder sah Gesa auf ihr Handy. Er rief nicht an. In ihrer Verzweiflung las sie immer und immer wieder Jochens letzte Nachricht:
Steh auf der Autobahn im Stau. Kann nicht anrufen. Chef fährt mit. Warte auf mich! Küßchen, Jochen.
Endlich, nach einer weiteren halben Stunde, näherte sich ein kleines Auto. Gesa erkannte sofort, daß es Jochen war. Er fuhr zum Ende des großen Parkplatzes und hielt. Gesa stieg zu ihm ins Auto.
Sie küßten sich.
»Tut mir leid, Gesa, daß du so lange warten mußtest. Aber erst sind wir in den Stau gekommen, dann wollte der Chef, daß ich den LKW noch durch die Waschanlage fahre. Er nimmt es sehr genau.«
»Ich warte doch gerne auf dich! Irgendwann hast du deinen eigenen Lastwagen. Dann kann dir niemand mehr etwas vorschreiben«, versuchte Gesa Jochen zu trösten.
Er lächelte sie an.
»Das hast du lieb gesagt, aber es wird auch hart werden.«
»Das ist mir egal. Ich komme dann einfach mit. Dann bin ich immer bei dir.«
Gesa schmiegte sich an Jochen. Er hielt sie fest