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Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman. Viola MaybachЧитать онлайн книгу.

Der kleine Fürst Staffel 5 – Adelsroman - Viola Maybach


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rufe ihn an und warne ihn vor«, erklärte Robert. »Wenn wir dann tatsächlich Hilfe brauchen, weiß er schon Bescheid. Und ich rede mit Julietta, dass sie heute Nacht im Stall bleibt. Wollen wir Silberstern noch einen Besuch abstatten?«

      »Ja, gern.« Sie näherten sich der Box des neuen Hengstes langsam und vorsichtig, dennoch reagierte er aufgeregt, so dass sie in recht großer Entfernung stehen blieben.

      »Ein herrliches Tier«, stellte Robert Wenger voller Bewunderung fest, »hoffentlich gewöhnt er sich bald ein bei uns. Er muss ja auch bewegt werden, Julietta würde ihn gern reiten, aber ich bin dafür, dass wir lieber Vorsicht walten lassen.«

      »Wir geben ihm noch Zeit«, entschied der Baron.

      Damit war ihr Rundgang beendet, und er kehrte ins Schloss zurück, wo die Familie sich bereits zum Abendessen einfand. »Bin ich zu spät?«, fragte er.

      »Nein, nein, gerade rechtzeitig«, antwortete die Baronin.

      »Wo bleibt denn Julietta?«, fragte Christian verwundert. »Kommt sie heute nicht zum Essen?«

      »Die trächtige Stute ist unruhig, wir rechnen damit, dass das Fohlen früher kommt«, erklärte Friedrich. »Wahrscheinlich bleibt sie gleich drüben.«

      »Wir lassen ihr etwas zu essen schicken«, beschloss die Baronin und erteilte Herrn Hagedorn sofort den Auftrag, das in die Wege zu leiten.

      »Komisch«, stellte Anna nach einer Weile fest, »zuerst hat mich Julietta gestört, und jetzt fehlt sie mir auf einmal.«

      »Mir auch«, stimmte Christian ihr zu.

      Sofia und Friedrich wechselten einen zufriedenen Blick. So hatten sie sich das von Anfang an erhofft!

      *

      Es war zehn Uhr abends, als Arndt von Claven anfing zu gähnen. Eigentlich zu früh für ihn, doch die letzten Nächte waren voller Störungen gewesen. Vielleicht gelang es ihm ja heute wieder einmal, zu acht Stunden Schlaf zu kommen? Andererseits hatte der Stallmeister von Schloss Sternberg angerufen, um ihm zu sagen, dass die trächtige Stute in dieser Nacht wohl ihr Fohlen zur Welt bringen würde, aber er hatte auch hinzugefügt: »Wir rechnen nicht mit Komplikationen, Herr Doktor, ich wollte Sie nur informieren, damit Sie im Falle eines Falles schon Bescheid wissen.« Er hoffte jetzt einfach, dass das Fohlen den Weg auf die Welt ohne ihn finden würde!

      Er hatte den Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, als sich sein Telefon meldete und Robert Renningers aufgeregte Stimme rief: »Jetzt ist es aber wirklich so weit, Herr Doktor! Und ich glaube, etwas stimmt nicht, die Kuh schreit jedenfalls entsetzlich, und ich brauche Ihre Hilfe.«

      »Bin schon unterwegs«, brummte Arndt. Ade, lange Nachtruhe, dachte er. Wenn es tatsächlich Probleme gab, konnte die Geburt sich hinziehen – ganz abgesehen davon, dass ein glückliches Ende nicht garantiert war. Dabei wusste er ja, dass der alte Bauer und seine Familie auf gesunden Nachwuchs bei ihren Tieren dringend angewiesen waren.

      Er fuhr zu schnell, aber nicht so, dass es gefährlich gewesen wäre. Um diese Zeit waren die Straßen ohnehin bereits leer, jedenfalls während der Woche.

      Robert Renniger kam sofort aus dem Stall gelaufen, als Arndt den Wagen im Hof abstellte. Die Erleichterung über das schnelle Erscheinen des jungen Tierarztes war ihm deutlich anzusehen. »Was für ein Glück, dass Sie so schnell kommen konnten, Herr Doktor!«, stieß er hervor. »Meine Kuh stirbt, wenn ihr nicht bald geholfen wird.«

      Arndt folgte ihm eilig in den Stall. Dieses Mal waren die Vermutungen des alten Bauern zutreffend, das erkannte er schnell: Die Kuh war in Gefahr, und etwas stimmte mit dem Kalb nicht. Wenn die Geburt halbwegs gefahrlos für das junge Leben verlaufen sollte, dann musste er so schnell wie möglich herausfinden, wo das Problem lag.

      *

      »Ruhig, Salva, ruhig«, sagte Julietta und strich der schweißnassen Stute beruhigend über den Hals. »Du wirst schon alles richtig machen, glaub mir. Es ist doch nicht dein erstes Fohlen – und ich habe gehört, dass es nach dem ersten immer leichter wird. Also sei ganz ruhig. Außerdem bleibe ich ja bei dir.«

      Die Stute schnaubte und warf den Kopf hoch, dann gab sie ein Geräusch von sich, das Julietta für einen Schmerzenslaut hielt. »Ruhig«, sagte sie wieder, »wenn das Fohlen jetzt schon kommen will, dann wehr dich nicht dagegen. Du schaffst das, ganz sicher.«

      Aber etwas stimmte nicht, das spürte sie. Sie war schon dabei gewesen, wenn Fohlen geboren wurden – die Stuten hatten sich anders verhalten als Salva. »Lass mich mal sehen«, sagte sie und drängte sich an dem zitternden massigen Leib entlang zu Salvas Hinterteil. Erschrocken zog sie die Luft ein, als sie sah, dass das Fohlen bereits herausdrängte.

      »Julietta? Wo bist du?«

      »Das Fohlen kommt!«, rief sie. »Aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, Herr Wenger, Salva gibt seltsame Geräusche von sich, ich weiß nicht, warum.«

      Er drängte sich an Salva vorbei bis zu Julietta vor, und in diesem Augenblick gab die Stute so etwas wie einen Schrei von sich. Gleich darauf erschien in der Öffnung ein kleiner Huf. »Oh, nein!«, rief Julietta. »Das Fohlen liegt verkehrt herum, Herr Wenger.«

      »Ich rufe den Tierarzt«, stieß Robert Wenger hervor und zog sein Handy aus der Tasche. Es fiel ihm jedoch zu Boden und landete im nächsten Moment unter einem von Salvas heftig aufstampfenden Hufen. »Mist!«, fluchte er zwischen zusammengebissenen Zähnen.

      »Gehen Sie in Ihr Büro und rufen Sie den Arzt!«, flehte Julietta. »Ich bleibe hier und versuche, Salva zu beruhigen.«

      Er nickte und drängte sich wieder aus dem Stall.

      »Salva, du bekommst Hilfe«, sagte Julietta mit beschwörender Stimme. »Hörst du mich? Halte nur noch ein bisschen durch, wir schaffen das auf jeden Fall!«

      Doch während sie redete, erschien der zweite Huf, während die Stute erneut schrie. Verzweifelt versuchte Julietta sich daran zu erinnern, was in solchen Situationen getan werden musste. Tierärzte versuchten, ein Fohlen im Mutterleib zu drehen, das hatte sie sogar schon einmal gesehen, aber natürlich konnte sie das nicht, sie hatte keine Ahnung, wie so etwas zu bewerkstelligen war. Was aber passierte, wenn das Fohlen nicht gedreht wurde? Wenn der Kopf zu lange im Mutterleib feststeckte?

      Mit einem Mal wurde sie ganz ruhig. Sie konnte nicht warten, bis der Tierarzt kam, das wurde ihr klar. Sie musste selbst handeln, es war ja sonst niemand da. Und alles, was sie tun konnte, war: Sie musste Salva helfen.

      »Ich ziehe es heraus, Salva«, sagte sie mit entschlossener Stimme. »Hast du gehört? Ich ziehe es heraus, aber du musst mir helfen. Also los!« Beherzt griff sie zu, bekam zwei dünne Beinchen zu fassen und zog. Zuerst spürte sie Widerstand, dann schien Salva zu begreifen, was Julietta vorhatte, denn sie half mit, und gleich darauf flutschte der halbe Fohlenkörper aus ihr heraus. »Gut so!«, rief Julietta. »Das machen wir jetzt gleich noch einmal, Salva, dann ist es wahrscheinlich schon draußen. Allerdings wird es jetzt ein bisschen schwierig, weil wir ja noch zwei Beine und den Kopf haben. Versuch es, bitte!« Sie zog erneut, und wieder half Salva mit. Das Fohlen rutschte noch ein Stück weiter aus dem Mutterleib, aber noch immer war der Kopf nicht zu sehen.

      »Jetzt oder nie!«, sagte Julietta entschlossen. Es kümmerte sie nicht, dass sie mittlerweile vollkommen mit Blut verschmiert war, tief griff sie in Salvas Leib, umfasste den glitschigen Teil des Fohlens, der noch in Salva steckte und zog mit aller Kraft.

      Die Stute schrie auf – es klang wie der Schrei eines Menschen. Das war Juliettas letzter Gedanke, als sie unvermittelt hintenüber fiel.

      *

      Schwer atmend sagte Arndt: »Geschafft, Herr Renninger. Es lebt. Wenn wir es jetzt noch dazu bringen, dass es trinkt, hat es gute Chancen, ein kräftiges gesundes Kalb zu werden.«

      Der alte Bauer wischte sich den Schweiß vom Gesicht. »Gute Arbeit, Herr Doktor, ohne Sie wäre es ganz sicher gestorben. Es steckte ja richtig fest.«

      Arndt nickte und beobachtete das Kalb besorgt. Es war sehr klein, beinahe mickrig – aber es lebte immerhin.


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