G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
Harris rechts an das Gitter trat, marschierte Ed Williams nach links. Dann erst machte O’Connor die Tür auf. Als Jack Andrews hereinkam, kniff Greer leicht die Lider zusammen. Hinter Andrews erschien Ben Claydon. Danach tauchte Anne Claydon auf, und den Schluß machte Caroll Andrews.
Claydon trat dicht an das Gitter, aber Harris hob sofort den Revolver.
»Nicht an das Gitter, Claydon!« brummte Harris warnend. »Der Bursche könnte irgend etwas versuchen.«
»Zum Teufel, bei drei Mann mit gespannten Revolvern?« stieß Claydon durch die Zähne.
Er war immer noch wütend, dabei waren seit dem Überfall vier Tage vergangen. Es war auch weniger der Überfall, der Ben Claydon rasend gemacht hatte. Als er Anne nach dem Grund für ihre Weigerung gefragt hatte, hatte er eine ausweichende Antwort bekommen. Dann verlangte er, mißtrauisch geworden, daß sie ihm die Tasche geben sollte, doch auch ihm gab sie sie nicht, bis er sie ihr voller Zorn entriß. Danach fand er das Geld – und schließlich erfuhr er auch, warum sie ihr erspartes Geld in der Tasche hatte.
Seitdem wartete Ben Claydon darauf, daß Mikel sich bei Caroll meldete. Mikel sollte die Hölle erleben, so viel stand für Old Ben fest. Jetzt brachte dieser verdammte Taugenichts auch noch seine Schwester um das ersparte Geld. Und sie war gutmütig genug gewesen, an die verdammten Lügengeschichten Mikels zu glauben.
»So sieht der Bursche also aus«, ließ sich Jack Andrews hören. Er war ein großer rothaariger Mann mit einem hochgedrehten Schnurrbart und hellen, scharfen Augen. »Nun, du Bandit, deine Zigeunerin hat rechtbehalten, was?«
Flint sah an ihm vorbei, er lächelte wieder, als er Caroll Andrews ansah.
»Vielleicht, Mr. Andrews.«
»Nicht vielleicht!« schrie Claydon wütend. »Habe ich dir nicht gesagt, daß der Marshal dich erwischen würde, du Pferdedieb?«
»Richtig«, murmelte Flint sanft. »Und Sie haben Ihren Hengst wieder, Mr. Claydon.«
»Yeah, weil der Marshal dich erwischte, ehe du mit ihm über alle Berge verschwinden konntest, du Schurke!« brüllte Claydon. »Weißt du, was mit dir passieren wird, du Pferdedieb? Zuerst werden wir hier eine Jury bilden und dich einmal verurteilen. Dann bringen sie dich nach Nevada. Dort bekommst du die nächsten zehn Jahre aufgedonnert. Und schließlich landest du in Arizona. Dies wird deine letzte Station sein und dir noch mal zehn Jahre einbringen. Dreißig Jahre, Pferdedieb, wenn nicht mehr. Weißt du, wie alt du dann bist?«
Flint schwieg, er sah an allen vorbei und nur Caroll Andrews an.
»Er hat mir den Ring abgenommen«, sagte Flint leise mit einer Kopfbewegung zu Harris hinüber. »Vielleicht dachte er, ich würde mir daraus einen Revolver oder eine richtige Kanone bauen können. Tut mir leid, Miss Andrews, ich konnte mein Versprechen nicht halten.«
»Mensch!« donnerte Jack Andrews und lief rot an vor Zorn. »Du Bandit wagst es, meine Tochter anzureden? Du verdammter Schurke hast ihr nichts als verrückte Ideen in den Kopf gesetzt. Sie will niemand glauben, daß du ein abgefeimter Halunke bist. Stagecoachüberfall und Pferdediebstahl – das reicht für zehn Jahre. Tochter, halte den Mund, das ist ein Befehl!«
Er fuhr zu ihr herum und sah sie voller Zorn an.
»Dad, er ist kein schlechter Mensch, ich weiß es«, erwiderte Caroll Andrews, ohne sich um seinen barschen Befehl zu kümmern. »Wer weiß, was ihn dazu getrieben hat, ein Bandit zu werden, aber er ist kein schlechter Mensch.«
»Hinaus!« schrie Andrews zornbebend. »Jetzt habe ich genug! Sie schenkt diesem Kerl einen Ring, einem Banditen! Hinaus mit dir! Hätte ich dich nur nicht mitgenommen! Aber du hast mir stundenlang in den Ohren gelegen. Hinaus!«
»Yeah, fort mit diesen beiden langhaarigen Verrücktenl« brüllte der genauso wütende Ben Claydon grimmig. »Der und ein armer, durch irgendwelche Umstände auf die schiefe Bahn gebrachte Mensch, was? Du bist still, Tochter! Man soll niemals auf dieses langhaarige Volk hören! Das hat sogar noch Mitleid mit einem Viehdieb und Halunken, der Postkutschen überfällt und anderen Leuten ein Gewehr an den Kopf drückt. Aussage – und dann fort mit dir! Wollen ihn sehen, finden ihn gar nicht so übel… Hol’s der Teufel, ich platze, ich explodiere. Das verrückte Volk!«
Gemeinsam mit dem fluchenden Jack Andrews schob er die Girls aus dem Jailanbau ins Office. Dort fluchte er weiter, während Harris zu Flint sah, der sich, als ging es ihn nichts mehr an, wieder auf die Pritsche legte.
»Du gerissener Satansbraten!« knurrte Harris grimmig. »Am Tag schlafen und nachts wach liegen, was? Das treibe ich dir schon noch aus, warte, du Hundesohn. Von jetzt an komme ich jede halbe Stunde und schreie dich munter!«
»Idiot!« sagte Flint träge.
Harris verfärbte sich. Er sah aus, als wollte er sich den Schlüssel nehmen, die Zelle aufschließen und sich auf Flint stürzen. Keuchend blieb Harris an der Gittertür stehen, er schnappte nach Luft.
»Sag das noch mal!« forderte er Flint dann auf. »Was bin ich?«
»Ein Idiot!« zischte Flint. Er legte sich hin und verschränkte die Arme unter dem Nacken. »Du wolltest es hören.«
»Ah…, Hölle!« stieß Harris laut durch die Zähne. »Keine Verpflegung mehr heute, du Schurke! Wie gefällt dir das, he, du Weiberkopfverdreher?«
»Ich bin ohnehin zu fett geworden.«
Drüben begann Greer bullernd und tosend zu lachen. Charlie
Stapleton kicherte wie eine hungrige Hyäne, und Harris fuhr zu ihnen herum.
»Lacht ihr über mich?« schrie er wütend. »He, ihr Halunken, was gibt es zu lachen?«
»N… nichts«, antwortete Greer mit wackelndem Bauch. »Kann man hier nicht mal mehr lachen, Marshal?«
»Euch bekomme ich auch noch klein!« versprach ihnen Harris wütend. »Flint, die passen zu dir – das richtige Gesindel zusammen, was?«
*
Greer schnarchte wie ein Walroß. Er hatte einen tiefen gesunden Schlaf wie die meisten großen, schweren Männer. Charlie Stapleton aber brachte es nicht fertig zu schlafen, wenn Harris gerade hereingekommen war und nach Flint gesehen hatte.
Die letzten drei Tage hatte Harris seine Nachtkontrollen anders eingeteilt. Dafür kam er jede Stunde am Tage. Und tatsächlich war es ihm durch das dauernde Anbrüllen Flints gelungen, den Banditen nicht richtig zum Schlaf kommen zu lassen. Flint hatte gestern bereits einige Stunden der Nacht schlafend verbracht. Harris war grinsend zu den Nachtkontrollen erschienen. Und als er Flint schlafend vorgefunden hatte, hatte er ihn mit seinem höhnischen Gelächter munter gemacht.
»Na, Flint – was ist denn? He, ich bin das nur. Was denn, du hast doch nicht etwa geschlafen, du neunmalkluger Halunke? Du siehst ja aus, als klebte Müdigkeit dir die Augen zu. Gutes Gefühl, endlich mal die richtige Zeit zum Schlafen gefunden zu haben, he?«
»Du verfluchter Sklavenbändiger!«
Das war alles gewesen, was der schlaftrunkene Flint knirschend herausgebracht hatte. Er hatte auch an diesem Tag keine Ruhe gefunden. Und als der Abend kam, schlief er wie ein Toter, denn Harris hatte ihm alle Decken am Tag genommen und ihn auf der kahlen Pritsche liegen lassen. Um die Gemeinheit voll zu machen, war Harris dann noch mit dem Ascher aus dem Office erschienen. Er hatte ihn in Flints Zelle gekippt, einen Handfeger und eine Schaufel nachgeworfen und giftig geknurrt:
»Auffegen, Mister! Bewegung macht müde, also beweg dich!«
Das Spiel hatte sich fast jede Stunde wiederholt. Greer und Stapleton waren sicher, daß Flint Harris umgebracht hätte, wenn er an Harris herangekommen wäre.
Die erste Abendkontrolle von Harris war vorbei, und Stapleton fragte sich, ob der Marshal mit dem wenigen Schlaf eigentlich auskam. Es schien Harris gleich zu sein, daß er selber keine Ruhe fand. Flint hatte Harris einen sturen Hundesohn genannt, den stursten, den er jemals kennengelernt hatte. Er hatte sich vorgenommen, Flint das Tagschlafen abzugewöhnen – und er