G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
einbringen. Hör auf zu schreien, du Langohr!«
Antonio schlurfte zum Brunnen, ließ den Eimer hinunter, zog ihn gähnend hoch und gab den sechs Pferden und vier Eseln nach und nach Wasser.
Es war eine zeitraubende Arbeit, doch Antonio Palucco dachte nicht daran, ein Windrad und eine Pumpe zu bauen.
Schon sein Großvater hatte das Wasser eimerweise aus dem Brunnen geschöpft – warum sollte er es anders machen?
Nachdem er die Pferde und Esel in den Corrals versorgt hatte, machte sich Antonio auf den Weg zum Stall. Er war ein vorsichtiger Mann, klug geworden durch die Erfahrung, daß gute Pferde zu leicht gestohlen wurden, wenn man sie nicht im Stall unterbrachte. Zwar liefen seine sieben besten Pferde, jedes gut hundert Dollar wert, tagsüber auch im Corral vor dem Stall umher, doch bei Einbruch der Dämmerung brachte er sie in den Stall.
Antonio Palucco rülpste laut, als er, den Wassereimer in der Linken, die Stalltür aufschloß und den Stall betrat. Hier herrschte schon tiefe Dunkelheit, darum stellte Antonio den Eimer links neben der Tür im Gang ab. Dann machte er einen Schritt nach rechts und streckte die Hand nach dem Wandregal aus. Dort stand die Laterne und dort lagen auch Streichhölzer.
»Immer dasselbe – tagaus, tagein«, sagte Antonio mürrisch, als er das Streichholz an den Docht der Lampe führte. »Nie eine Abwechslung, nie etwas anderes.«
Die Lampe brannte, er schlurfte durch den Gang bis zur Heukammer, hängte die Laterne an den Haken und öffnete im Schnauben seiner sieben guten Pferde, die ihn freudig begrüßten, die schiefe Brettertür.
Als er die Kammertür aufzog, sah er den Mann mit dem Revolver in der Faust grinsend vor sich stehen.
Antonio Palucco bekam einen derartigen Schreck, daß er einen vollen Schritt zurückprallte und so dem zweiten Mann entgegenkam, der bis jetzt in der Box gegenüber und in seinem Rücken zusammengekauert neben dem Rostbraunen gesteckt hatte. In diesem Moment wußte Antonio, daß es endlich einmal eine Abwechslung seines eintönigen Lebens geben würde. Die erste Abwechslung erfuhr er in der nächsten Sekunde.
Der Mann hinter ihm hatte bereits ausgeholt, machte einen Satz und schlug dem dürren Antonio Palucco die geballte Faust in den Nacken.
Der fürchterliche Hieb ließ den Pferdehändler auf der Stelle zusammenbrechen. Vor seinen Augen tanzten Sterne und Sonnen, ehe er in den Gang stürzte und wie tot liegenblieb.
*
»Ist er nicht ein freundlicher Mensch?« fragte Mort Dillon grinsend. »Sogar das Wasser hat er mitgebracht, als hätte er gewußt, daß wir es brauchen würden, um ihn munter zu machen. Sage nur, er ist kein freundlicher Pilger, Bruder!«
»Das ist er«, versicherte Charly glucksend. Wenn er einmal selbst keine Prügel empfing, war es ihm eine reine Freude, andere zu verdreschen, und er reichte seinem großen Bruder kichernd den Eimer. »Kann ich das nicht machen?«
»Nein«, antwortete Mort mürrisch. »Das muß man verstehen. Du kannst nicht mal einen Eimer Wasser richtig über jemand ausgießen. Das muß man ganz langsam machen – gaaanz laaangsaaam!«
Charly stülpte beleidigt die Lippen auf. Immer durfte er nur arbeiten…
Mort Dillon hob den Eimer langsam an, schwenkte ihn vorsichtig und ließ das Wasser in einem dünnen Strahl über den Eimerrand laufen. Es rieselte auf den Hinterkopf und den Nacken Antonio Paluccos herunter. Der Eimer wanderte hin und her, so daß sich der dünne Strahl nicht auf die gleiche Stelle ergoß.
»Siehst du«, sagte Mort. Er grinste schon wieder. »So macht man das – davon wacht er garantiert auf. Das ist sozusagen eine Lebenserweckungsmedizin. Sieht verkommen aus, der Kerl – genauso verkommen wie alles hier. Kaum zu glauben, daß es vor zweieinhalb Jahren einmal sauber und aufgeräumt gewesen ist, was? Der Stinkstiefel muß wohl gar nichts mehr getan haben, nachdem sein Alter starb. Vor dem hat er Respekt gehabt. Siehst du, er atmet schon wieder richtig!«
Charly blickte neugierig auf Antonio herab, der jetzt tief und röchelnd durchatmete, dann die Arme bewegte, als wolle er durch seinen Gang schwimmen und schließlich mit den Beinen strampelte.
Antonio Palucco zog die Beine an. Er schien aufstehen zu wollen, denn er stemmte nun auch die Hände gegen den Boden. Doch dann sank er mit einem kurzen Keuchen zurück und bewegte nur den Kopf. Antonio Palucco blickte nach links auf die Stiefel, nahm den Kopf immer weiter herum und ließ den Blick seiner schmerzenden Augen an den Hosenbeinen hochwandern, bis er die rote Bandana ausmachte und die blaue Jacke die Erinnerung an die Zeit vor zweieinhalb Jahren zurückzubringen schien, denn er wurde stocksteif.
»Ja«, sagte Mort Dillon sanft – zu sanft. »Das bin ich wirklich, mein lieber Tonito. Und das sind meine Sonntagssachen, die ich mir von Tom Pillar geholt habe. Er hat sie für mich aufgehoben, denke nur!«
Beim Klang der Stimme lief Palucco eine Gänsehaut über den Leib. Wer Mort Dillon einmal erlebt hatte, der wußte zu gut, wozu er fähig war.
»Charly !«
Mort Dillon stieß den Vornamen seines Bruders förmlich heraus, warf den Eimer im Bogen ins Heu und trat dann drei Schritt im Gang zurück.
»Was – was?« gurgelte Palucco entsetzt. »Nein, nein, Mort, nein, ich…«
Weiter kam er nicht. Charly hatte nur auf den Befehl gewartet, bückte sich blitzschnell, riß Palucco auf die Beine und schlug ihm dann die Faust mit solcher Wucht in den Rücken, daß der hagere Mann auf Mort zuschoß.
»Der gute Tonito!« zischte Mort Dillon giftig. »Gar nicht vorbereitet auf unseren Besuch, was? Du verfluchter Gauner!«
Er empfing den guten Tonito mit einem wuchtigen Aufwärtshaken. Palucco blieb ächzend stehen, bekam die Linke Dillons auf die Rippen, drehte sich hilflos und flog zurück.
»Hast du nicht umsonst gemacht – hast du nicht!« knirschte Charly bösartig.
Er dachte noch an die Tracht Prügel, die er auf dem Friedhof von Aguilar bezogen hatte, als er die Faust herausrammte und Tonito Palucco so schwer unter den Rippen traf, daß der hagere Mann gar nicht mehr bis zu Mort zurückflog. Palucco brach stöhnend in die Knie, mußte seine Hände in den Magen pressen und drohte auf das Gesicht zu fallen, als Mort zutrat.
Der Stiefel hob den Pferdehändler an, Palucco neigte sich nach hinten und stürzte auf den Rücken.
»Nein – nein!« brachte er abgehackt heraus. »Warum – Mort – warum, warum?«
Der bärtige Dillon sah ihn so mörderisch finster an, daß Palucco in tiefster Seele fror.
»Du fragst noch?« zischte Dillon. »Dumm stellen – auch noch den Unwissenden spielen? Du elender Gauner, was habt ihr mit unserem Geld gemacht? Wo ist Liza?«
»Er lügt, er stellt sich dumm!« fauchte Charly. »Der versucht doch noch, uns zu belügen! Warte, Tonito, dir werde ich…«
»Nicht – nicht!« stöhnte der hagere Pferdehändler voller Furcht, als sich Charly bückte und ihn hochreißen wollte. Mort – nicht schlagen – nicht schlagen! Euer Geld – euer Geld? Ich habe kein Geld, ich habe kein Geld genommen. Mort…«
»Halt!« befahl Mort scharf, denn Charly holte schon aus, um Tonito mitten auf sein Lügenmaul zu schlagen. »Laß ihn, Charly – laß ihn in Ruhe!«
»Der lügt doch, der lügt!« behauptete Charly stur. Er war überzeugt, daß Palucco sie austricksen wollte. Daß der Händler nicht log, erkannte Mort jedoch augenblicklich.
»Er lügt nicht«, schnappte Mort bissig. »Hilf ihm auf die Beine – er weiß nichts von der Sache.«
»Laß mich nur machen. Ich treibe ihm seine verdammten Lügen schon aus, der redet!« entgegnete Charly selbstsicher.
»Du sollst ihm auf die Beine helfen, Mensch!«
Charly schrie einmal, als ihm Morts Stiefel ins Gesäß fuhr und ihn etwas anhob.
»Der lügt wirklich nicht?« fragte er