G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
Fleck auf ihr sehen kann, ein Plakat!
Da sind die Blicke der Männer, da sind zwei, drei andere, die über die Straße auf ihn zulaufen und Gewehre in den Händen halten. Er sieht in ihre grimmigen, entschlossenen Gesichter und in die Mündung ihrer Waffen. Und er blickt auf das Plakat, auf dem groß und breit steht, dass man fünf Männer sucht. Ganz oben aber steht die Beschreibung eines Mannes – seine Beschreibung.
In der Sekunde, in der er es erkennt, ist der Schmied mit seiner Schrotflinte auch schon hinter ihm und drückt ihm die Mündung in den Rücken.
»Streckst du sie jetzt hoch, du verdammter Bandit?«
Die Dose mit dem Schmalz rollt über den Gehsteig, das Päckchen Tabak klatscht hin. Rauchfleisch und Brot fallen auf die Gehsteigbretter.
Er hebt die Hände und hört im Store den kleinen Morgan schreien, dass die Stimme fistelnd überkippt: »Er ist es, der verdammte, freche Schurke. Er hat mich nach einer Pferderanch gefragt, auf der nur gute Pferde sind. Und meine Tochter hat er nach dem Sheriff ausgehorcht. Wie weit es bis zum Sheriff wäre, hat er gefragt, der Lump, damit er sicher sein kann, dass der Sheriff auch nicht in der Nähe ist. Habt ihr ihn? Ah, da ist er ja, der Bursche.«
Und dann baut er sich vor ihm auf, während Kenneth Cord noch immer auf das Plakat starrt und den Text liest. Ein blonder, großer, schlanker Bursche wird gesucht, einer, der ein rotes Hemd trägt!
Blond, ein rotes Hemd!
Das ist es. Plötzlich weiß er es. Er denkt an seine verschwundenen Hemden, an den Kerl, der sie getragen hat.
Achthundert Dollar Belohnung. Sie haben elf Pferde gestohlen und über 2000 Dollar mitgehen lassen. Und den Rancher niedergeschossen – den Rancher John Crane.
»Leute«, sagt er plötzlich stockheiser und fühlt, wie ihm hundeschlecht wird. »Leute, es ist ein Irrtum. Ich gehöre doch nicht zu denen, ich …«
»Du schmutziger Lügner!«, schreit der kleine Morgan schrill und fuchtelt ihm drohend mit der Faust vor dem Gesicht herum. »Du verdammter, windiger Schurke, den Trick kennen wir. Aber nicht mit uns, das sage ich dir. Sich erkundigen, Arbeit suchen wollen, was? So einen faulen Trick kannst du mit anderen machen, aber nicht hier. Ja, der Sheriff ist in Missoula, und genau dort kommst du hin.«
»Geh da weg, er ist gefährlich, da steht doch, dass sie rücksichtslos schießen«, sagt der Schmied laut. »Geh zur Seite, Charlie. Wir haben ihn. Achthundert Dollar Belohnung, was? Verdammt, wenn die anderen in der Nähe sind? He, du, wo sind deine Kumpanen?«
Sechs, sieben Männer sind inzwischen da. Kenneth hat das Gefühl völliger Leere in sich, als er sie reden und schimpfen hort.
»Schnell, bindet ihn, vielleicht sind die anderen in der Nähe. Macht schnell.«
800 Dollar …!, denkt Kenneth entsetzt, das ist viel Geld für die Leute hier. Sie haben sich die Belohnung verdient!
Im selben Augenblick sieht er die Lider des einen Mannes links sich weiten. Instinktiv duckt er sich, aber da trifft ihn auch schon ein Hieb.
»Ich war’s nicht!«, schreit er noch. »Ich war es nicht.«
Dann kommen die Bretter auf ihn zu, und jemand ruft: »Dir werden wir helfen, friedliche Leute einfach niederzuschießen, Bursche. Mit Pferdedieben machen wir kurzen Prozess.«
Er sieht Stiefel vor sich, jemand landet auf seinem Rücken. Ein Stiefel kommt auf ihn zugeschossen. Dann ist der Schmerz da. Er kommt nicht mehr hoch. Es sind zu viele, die auf ihm kauern und auf ihn einschlagen.
Sie haben ihn, den Mann, der gesucht wird. Da liegt er, der Pferdedieb mit dem roten Hemd – Pferdediebe hängt man …!
*
Er sieht den Mann an, der in der Dunkelheit dieses Hofes nichts als ein Schatten ist. Sie haben ihn mit Stricken umwickelt, dass er wie ein Paket verschnürt ist. Ein Mann steht am Stall, der zweite liegt hinter der Luke im Schuppen. Der dritte Mister hockt auf der Schwelle der Haustür und hat das Gewehr über den Knien.
Es ist schon eine Stunde dunkel, einer der Männer seit vier Stunden unterwegs zur Stadt. Sie haben ihn sitzend an den Zaun gebunden und nicht etwa in eins der Häuser gebracht. Er soll hier draußen sterben, haben sie gesagt. Sie werden schießen, sobald seine Partner kommen und ihn vielleicht zu befreien versuchen, auch das haben sie ihm versprochen. Zeigt sich einer seiner Partner, dann wird die erste Kugel ihn treffen. In diesen Hof kann man nur von einer Seite aus kommen, nach links hin ist er offen. Wer immer dort heranschleicht, sie werden ihn sehen und ihm sagen, dass er keine Chance hat, ihn zu befreien.
Eine Falle für jeden, der den Gefangenen befreien will, genau das ist es.
Als sie ihn an den Zaun banden und er stehen musste, ohne Hut, die Sonne des Nachmittages auf dem Kopf, der immer noch schmerzt, ist er nach drei Stunden in den Stricken zusammengebrochen. Sie haben gelacht und ihn beschimpft. Er ist ein Banditenhund für sie, und sie sind stolz darauf, einen dieser Halunken, die anderen Pferde stehlen und sie niederschießen, erwischt zu haben.
Ihre Reden, denkt er bitter, diese verdammten Narren, was sie alles geredet haben. Gelacht haben sie, als ich ihnen erzählte, dass man mich bestohlen hätte und ich darum nach dem Sheriff fragte, einfach ausgelacht.
Als er sie angeschrien hatte, kamen sie mit einem Knebel und haben ihn erbarmungslos zwischen seine Zähne gezwängt.
»Jetzt hältst du dein Maul, was, Bandit? Merk es dir, du Dieb, wenn der Richter nicht zufällig der Bruder von Crane wäre, dann würden wir dich gleich hier aufgehängt haben. Aber die wollen dich lebend. Wo sind die anderen, spuck es in den Sand. Los, rede!«
Sie haben den Knebel herausgerissen, ihn angebrüllt, mit der Faust unter seiner Nase herumgefuchtelt.
»Ich kenn sie doch nicht, die haben mich bestohlen, ich schwör’s euch, die haben mich auch bestohlen. Einer von denen hat meine Hemden.«
Ein Fausthieb und danach wieder der Knebel.
»So ein verstockter Schurke. Der denkt wohl, die kommen ihn heraushauen, was? Wenn sie sich da nur nicht irren. Eher bist du eine schöne Leiche, Bandit, als dass die dich bekommen. Der lügt, sobald er das Maul aufmacht.«
Als die Luft immer knapper wurde, ist er umgefallen, in den Stricken zusammengesackt. Daraufhin haben sie ihn anders angebunden, im Sitzen.
Und dabei haben sie einen Fehler gemacht.
Die eine Strickschlinge läuft unter den Latten des Zaunes durch, man kann sie leicht hinabschieben. Aber solange es noch hell war, hat er es nicht gewagt. Nun ist die Schlinge schon unten. Er bewegt sich vorsichtig, lehnt sich ganz langsam nach vorn. Zoll für Zoll kommt sein Rücken von den Latten ab. Es schabt ganz leise, kaum hörbar.
»Flint, siehst du was?«
»Nichts, alles ruhig«, sagt der Mann im Stall, der nach hinten aufpasst. »Auf dem hellen Boden ist alles zu erkennen, die kommen nicht. Wenn Jim durchgekommen ist und ihn die Partner des Schurken da nicht geschnappt haben, dann wird es keine vier Stunden mehr dauern, und der Sheriff ist da.«
Sie haben Angst, denkt Kenneth grimmig, diese verdammten Narren haben nichts als Furcht. Alle Bewohner stecken in einem Haus, die Männer passen auf. Sie zittern alle bei dem Gedanken, dass meine vier Partner kommen könnten, sich vielleicht eine der Frauen greifen und dann meine Auslieferung verlangen. Darum haben sie sich verschanzt.
Er spürt deutlich, wie sich der Strick um die Zaunlatte schiebt. Ganz langsam bekommt er mehr Platz, er kann nun schon die Hände bewegen und zerrt sie auf seinem Rücken von rechts nach links.
Immer mehr Freiheit für die Hände, und keiner sieht etwas davon. Es ist zu dunkel. Behutsam zieht er etwas die Beine an, stemmt die Hacken in den Boden, hat die eine Latte erfasst. Vielleicht hatten sie ihn nur an den Zaunpfosten binden sollen, aber sie haben die Stricke noch um zwei Latten gelegt. Kenneth Cord stemmt die Handkanten gegen die eine Latte und schiebt seinen Körper nach hinten. Er kann die Nagelstelle fühlen und hat nur den einen Gedanken, dass der Nagel nicht zu fest im Holz der Querlatte sitzen