G.F. Barner 1 – Western. G.F. BarnerЧитать онлайн книгу.
Zwei soll herkommen, ich brauche ihn!«
Die Stimme hört sich gepresst an. Das ist es, was Ritchie auffällt.
Der eine Mister, er muss nicht sehr groß sein, hat Baldwin entwaffnet, schleift ihn neben den Sheriff und verschwindet dann. Zwischen den etwa sieben Yards entfernten Büschen hört Ritchie ihn mit dem fünften Mann flüstern.
Gleich darauf sagt der Mister, der zu den Büschen gegangen ist: »Fesselt sie und macht die Kutsche klar. Die Achse ist nur wenig verbogen, richtet sie und dann weg.«
Während einer der Banditen Seymour den Schlüssel abnimmt und Cord losschließt, kommt ein anderer mit einem Rad herbei. Die anderen beiden Banditen fesseln Seymour, verbinden Baldwin und Shoan und zerren sie dann alle hinter die Büsche. Das Knarren einer Klinkenwinde ist zu hören. Die Kutsche ächzt, Hammerschläge dröhnen. Tiffin, der aufgewacht ist, fragt heiser: »Hallo, Leute, hat Cord zu euch gehört oder nicht?«
»Tiffin«, erwidert der große Mister kalt, »Cord ist unschuldig. Er hat nie zu uns gehört. Das ist die reine Wahrheit. Wir werden ihn mitnehmen und so weit wegbringen, dass ihn kein Narr mehr für etwas hängen kann, was er nicht getan hat. Sobald im Helena Herald steht, dass er nichts mehr zu befürchten hat, kann er gehen, wohin er will, aber nicht eher.«
»Mann, ich werde dafür sorgen, dass er freikommt. Nehmt ihn nicht mit, er wird nicht mehr gehängt.«
»Das sagst du«, entgegnet der Große grimmig. »Zum Teufel mit dem Gesetz, von uns traut ihm niemand mehr. Gib dir keine Mühe, Tiffin, er reitet mit uns.«
»Seid ihr so dumm, dass ihr nicht begreift, dass man hinter euch her sein wird?«, fragt Tiffin. »Verdammt, du bist ganz schön schnell, Mann. Mein Kopf brummt mächtig.«
»Tut mir leid, es ging nicht anders«, antwortet der Große bissig. »Wir wollten nicht schießen, aber ihr habt uns keine andere Wahl gelassen. So, nun los.«
Zuerst tragen sie Seymour in die Kutsche. Tiffin, der wenig später zur Kutsche geschafft wird, sieht, dass sie an alles gedacht haben müssen, sie haben sogar ein Rad für die Kutsche hergeschafft.
Keine drei Minuten später rollt das Gefährt an. Alle müssen in der Kutsche am Boden bleiben, während zwei der Banditen rechts und links sitzen. Es geht durch den Wald, über steiniges Gelände.
»Wie weit wollt ihr uns bringen?«, fragt Tiffin lauernd. »Ihr habt sicher alle Spuren verwischt, he? Was wollt ihr tun?«
»Ehe sie euch finden, wird es dunkel sein, Tiffin. Ihr werdet so gebunden, dass ihr euch nicht selbst befreien könnt. Verlass dich darauf. Die Pferde nehmen wir weit genug mit. Tiffin, komm uns nicht nach. Ich weiß, du bist ein halber Indianer und verstehst dich auf Spuren. Also, komm nicht nach, das ist eine Warnung«, antwortet der Große.
Roy Orwell Tiffin schweigt. Er ist plötzlich sicher, dass dieser Mann ihn ganz genau kennen muss. Das könnte einige Dinge bedeuten, über die sich nachzudenken lohnen wird.
Vorläufig aber haben weder Seymour noch er eine Chance. Diese Burschen sind gerissen. Und wenn sie Glück genug haben, wird man sie wieder nicht fangen. Sie haben Cord befreit, um keinen Unschuldigen für sich bezahlen zu lassen. Das ist immerhin etwas, was Tiffin irgendwie imponiert, auch wenn sie dabei Baldwin und Shoan angeschossen haben. Sechzig Meilen vor Helena.
Sechzig Meilen bis zum Galgen …
*
Als er die Tür aufgehen sieht und der Mann erscheint, trifft es Roy Tiffin wie ein Schlag mit geballter Faust, denn der Mann ist blond, trägt ein blaues Hemd und sollte, wenn es nach Richter Crane gegangen wäre, längst hängen.
Tiffin beobachtet Kenneth Cord, der sich umsieht, um danach schnell über den Hof in das Hauptgebäude zu gehen.
Vor Tiffin liegen vier Corrals mit mehr als 30 Pferden. Es ist brütende Mittagshitze, und was immer Cord dazu gebracht haben mag, sein Versteck, das kleine, schuppenartige Blockhaus, zu verlassen, das Mittagessen dürfte ein Hauptgrund gewesen sein.
Tiffin studiert jede Einzelheit dieser Pferdehandlung.
Tiffin denkt daran, dass er heute den siebten Pferdehändler besucht.
Unwillkürlich denkt er daran, dass es sicherlich ein dummer Zufall ist, wenn es ausgerechnet bei dem siebenten Pferdehändler einen Erfolg gibt. Doch hat die Sieben in Roy Tiffins Leben immer eine bestimmte Rolle gespielt. Sie ist sozusagen zu seiner Glückszahl geworden. Wenn er nun, nach mehr als drei Wochen, die richtige Spur entdeckt hat, dann hat er es nur seiner angeborenen Sturheit zu verdanken.
Einen Moment erinnert er sich an die vergebliche Suche nach den fünf Banditen und Cord. Sie haben damals sämtliche Sheriffs benachrichtigt, und es hat Männer genug gegeben, die sich die Belohnung verdienen wollten, aber niemand hat etwas von den fünf Männern gesehen.
Hier aber, die Pferdehandlung liegt jenseits der US-Grenze auf kanadischem Gebiet, will es der Zufall, dass Tiffins logische Bemühungen endlich einen Erfolg haben.
Roy Tiffin zaudert noch einen Augenblick, dann lässt er seine beiden Pferde am Bachrand stehen, schlägt sich durch die Büsche und läuft geduckt auf den Stall zu. Rechts neben dem Stall steht eine kleine Blockhütte. Vielleicht hätte jemand Tiffin gesehen, wenn er offen herangeritten wäre, aber niemand taucht auf. Tiffin huscht hinter dem Stall entlang. Dann drückt er sich um die Ecke, läuft zum Blockhaus und bleibt am offenen Fenster stehen.
Als er sich hochzieht und in den verlassenen Raum einsteigt, sieht er das Bett, den Schrank, und findet im Schrank das rote Hemd, das Cord bei dem Überfall getragen hat.
Aha, denkt er zufrieden, es stimmt alles. Kein Zweifel, sie haben ihn hergebracht. Und er ist klug genug gewesen, hier abzuwarten, was der Richter in Helena beschließen würde.
Sein Blick wird auf die Zeitungen gelenkt, die auf der Bank gestapelt liegen. Cord hat regelmäßig den »Helena Herald« gelesen, aber die Ausgabe von vorgestern ist noch nicht dabei. Obwohl Tiffin Zeit hat und den Raum gründlich durchsucht, findet er keinen Hinweis auf die Männer, die Kenneth Cord hergebracht haben müssen. Dort liegen die Zeitungen mit der Aufforderung an Kenneth Cord, sich in Helena zu melden. Diese Aufforderungen haben Cord Straffreiheit zugesichert, aber es muss Cord klar geworden sein, dass sie ihn nur sehen wollten, um ihn über jene fünf Männer auszufragen.
Er ist nicht hingeritten, denkt Tiffin. Es sieht nicht so aus, als hätten sie ihn hier mit Gewalt festgehalten. Sicher hat er sich gesagt, dass er sie nicht verraten könnte und ist freiwillig geblieben, um abzuwarten, bis man das Urteil aufhebt. Er deckt sie also. Und er muss sie gut kennen, denn er ist mindestens drei Tage mit ihnen auf der Flucht gewesen. Nun, ich bin neugierig, was er dazu sagen wird.
Tiffin steckt sich eine Zigarette an, raucht am Hinterfenster und legt die Zeitung von vorgestern aufgeschlagen auf den Tisch.
Es vergehen etwa zwanzig Minuten. Dann hört er das Klappen der Haustür. Und als er aus der Tiefe des Blockhauses durch das Fenster blickt, sieht er Kenneth Cord über den Hof kommen.
Roy Tiffin stellt sich hinter den Schrank und verhält sich still. Cord kommt herein. Roy Tiffin sieht, wie er zum Tisch geht. Einen Moment blickt er, starr am Tisch stehen bleibend, auf die aufgeschlagene Zeitung. Er scheint zu lesen, und zuckt plötzlich zusammen.
Erst in diesem Augenblick scheint es Cord bewusst zu werden, dass die Zeitung niemals von allein auf den Tisch gekommen sein kann. Hätte sie Quinton, der Besitzer der Pferdehandlung, zu ihm gebracht, würde Quinton zumindest mit ihm über den fett gedruckten Absatz auf der ersten Seite geredet haben.
In der nächsten Sekunde blickt Cord sich lauernd um. Er scheint die Blicke Tiffins in seinem Rücken wie Nadelstiche zu spüren. Und dann sieht er den Mann hinter dem Schrank. Er sieht Tiffin starr an und wird kreidebleich.
»Hallo, mein Freund«, sagt Tiffin ganz ruhig. »Erschrocken?«
Cord schluckt einige Male, sein Blick huscht durch die ganze Hütte. Aber als er niemand außer Tiffin entdeckt, entspannt sich sein Gesicht wieder.
»Hallo, Tiffin«, erwidert