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Der unschickliche Antrag. Andrea CamilleriЧитать онлайн книгу.

Der unschickliche Antrag - Andrea Camilleri


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Caluzzè, nimm.«

      »Aber warum wollen Eurexellenz sich nur so viele Umstände machen?«

      »Nimm schon, Caluzzè. Und wie gesagt: Augen auf.«

D (Pippo – Taninè)

      »Taninè, wir müssen reden.«

      »Iß erst, Pippo, dann reden wir. Hier, schau, ich hab dir Fisch gemacht, den magst du doch so gern. Stockfisch nach Feinschmeckerart und in Essig gedämpfte Köhlchen.«

      »Taninè, du mußt mir verzeihen, aber ich kann nichts essen. Die Kehle ist wie zugeschnürt, das Essen geht einfach nicht runter.« »Was ist denn nur? Hast du im Luftzug gestanden? Bekommst du eine Erkältung? O Pippù, mach mir keine Angst!«

      »Es ist keine Körperkrankheit, es sitzt im Gemüt. Hör zu, ich leg mich hin, das ist besser.«

      »Ganz sicher willst du nichts essen?«

      »Neiiin! Muß ich’s dir erst Vorsingen?«

      »Na, gut. Wenn du mit mir reden mußt, red.«

      »Taninè, ich brauche Hilfe.«

      »Ich bin doch da.«

      »Du mußt mit deinem Vater reden, mit Don Nenè.«

      »Und was soll ich ihm sagen?«

      »Daß wir seine Hilfe brauchen.«

      »Oh nein, Pippù, über Geld rede ich mit meinem Vater nicht. Der Allmächtige allein weiß, was es mich gekostet hat, ihn um das Geld für das motorisierte Vierrad zu bitten, als du dir die Flause in den Kopf gesetzt hattest, das Ding zu kaufen! Weißt du, was Papa mir gesagt hat, als er mir das Geld gab? ›Das ist das letzte Mal, sag das diesem ehrlosen Herumlungerer von Pippo, deinem Mann.‹ Genau das hat er gesagt.«

      »Ehrlos? Herumlungerer? Und das, wo ich mir von morgens bis abends den Arsch aufreiße in diesem Saustall von Holzlager! Saustall, jawohl! Wenn du das Lager der Brüder Tanterra in Fela hättest sehen können! Das, ja, das ist ein Lager! Drei Angestellte und fünf Gehilfen! Und Holz, das aus Kanada kommt und aus Schweden! Dagegen muß ich mich mit vier Brettern aus den Bergen der Madonìe zufriedengeben und mit einem absolut beschissenen Lagergehilfen wie Caluzzè, der Schrumpelfeige! Ich ersticke ganz einfach! Ich muß mich vergrößern! Ich muß mich ausdehnen! Deshalb mußt du mit deinem Vater reden!«

      »Fängst du schon wieder an! Nein und nochmals nein, ich rede nicht mit ihm! Weißt du, was er mir antwortet? ›Wenn Pippo Geld braucht, dann soll er das motorisierte Vierrad nehmen und verkaufen. Einen anderen Scheißkerl, der’s ihm abkauft, findet er allemal.‹«

      »Ja, seid ihr denn völlig verrückt geworden, du und dein Vater? Das Vierrad stellt was dar, verleiht Prestige! Weißt du, was in Fela passiert ist, als ich mit dem Automobil da ankam? Der Teufel war los! Die waren völlig aus dem Häuschen! Alle sind sie gekommen, um mich anzugaffen! Sogar die Brüder Tanterra sind mit offenem Maul aus dem Lager gekommen! Wenn ich geh und es verkaufe, sagen doch alle, daß ich vor dem Bankrott stehe, daß mir das Wasser bis zum Hals reicht.«

      »Kannst du dir das Geld denn nicht von der Bank leihen?«

      »Das hab ich ja, aber jetzt will sie es zurück. Reden wir nicht weiter drüber, Taninè. Ich geh und leg mich ein bißchen hin und hoffe, daß ich schlafen kann. Wie steht’s mit dir, kommst du?« »Ich räum nur noch den Tisch ab, wasch mich, sprech die Gebete, dann komm ich. Wart auf mich, bleib wach.«

      …

      »O Gott o Gott Gott mein Gott Gott ist das gut ist das gut o Gott o Gott nochmal nochmal und nochmal o Gott genau so genau so genau so ja ja ja jaaa ich sterbe ich sterbe ich bin schon ganz tot und tot mach ich noch weiter Pippù mach weiter Pippù o Gott o Gott was machst du da was machst du denn da warum hörst du auf?«

      »Ich hab keine Lust mehr, ich bin müde.«

      »Was machst du denn da, holst du ihn etwa raus? Holst du ihn wirklich raus? Nein nein nein um Gottes willen steck ihn wieder rein steck ihn wieder rein Pippù so ja so o Gott mein Gott genau so ganz rein ganz rein und nochmal und nochmal o Gott mein Gott …«

      »Redest du mit deinem Vater, du alte Sau?«

      »Ja ja ja ja ich red mit ihm sag mir nur nochmal du alte Sau.«

E (Pippo – Commendatore Longhitano)

      »Pippo Genuardi! Erlauben Sie, auf ein Wort?«

      »Commendatore Longhitano! Was für ein glücklicher Zufall! Genau zu Ihnen wollte ich eben.«

      »Und ich wollte eben zu Ihnen. Damit steht es unentschieden zwischen Ihnen und mir.«

      »Sie sind gut aufgelegt, Commendatore! Nie und nimmer werde ich je in der Lage sein, ein Unentschieden mit Ihnen zu erreichen, Sie sind immer der Überlegene, ich bin im Vergleich dazu nur eine winzige Ameise.«

      »Sprech ich zuerst oder Sie?«

      »Sie, Commendatore. Mit der schuldigen Hochachtung.«

      »Nun denn. Die Information, die Sie mir neulich abends im Club freundlicherweise geneigt waren zu geben, hat sich als richtig herausgestellt. Ich schickte gleich zwei Freunde nach Palermo, zur Adresse an der Piazza Dante. Doch sie kamen zu spät, sie trafen ihn nicht mehr an, er hatte die Wohnung gewechselt, wie Sie es mir im übrigen ja auch schon durch Ihren Brief aus Fela mitgeteilt hatten. Keiner der Nachbarn konnte meinen Freunden sagen, wohin der Signor Buchhalter, diese miese Ratte, sich verkrochen hatte. Geduld. Trotzdem will ich Ihnen danken … Apropos, hat die Präfektur Ihnen geantwortet?«

      »Ja, Commendatore.«

      »Und warum lachen Sie dann so genüßlich? Würden Sie mir das liebenswürdigerweise erklären? Wenn jemand mir ins Gesicht lacht und ich mir den Grund dafür nicht erklären kann, werde ich ziemlich nervös.«

      »Wollen Sie mir gütigst vergeben, Commendatore, ich bitte Sie um Verzeihung.«

      »Ich will Sie davon in Kenntnis setzen, daß die Tatsache, daß meine Freunde unseren Buchhalter nicht angetroffen haben, nicht bedeutet, daß das Spiel zu Ende ist. Denn, sehen Sie, keiner darf sich einen dummen Scherz mit mir erlauben, keiner darf mich an der Nase herumführen. Und die Nase meines Bruders Nino, der ein gutmütiger und liebenswerter Mensch ist, ist wie meine eigene.

      Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«

      »Vollkommen.«

      »Es geht nicht um die elendigen zweitausend Lire, um die Sasà La Ferlita meinen Bruder geprellt hat, sondern um das Beispiel. Verstehen Sie mich?«

      »Im Fluge.«

      »Gut so. Folglich ist es Ihre Pflicht, wenn Sie zufällig erfahren sollten, wohin dieser verdammte Hurensohn umgezogen ist, mich entsprechend zu informieren.«

      »Commendatore, Sie wollen mich grundlos beleidigen. Ich kenne meine Pflicht, ohne daß Sie mich an sie gemahnen müssen. Erinnern Sie sich, daß ich eben gelacht habe? Ich habe gelacht, weil Sie mich nicht nach dem Grund gefragt haben, warum ich Sie besuchen wollte.«

      »Und was ist der Grund? Erklären Sie sich genauer.«

      »Da gibt es so gut wie nichts zu erklären. Signor Buchhalter Rosario La Ferlita. Bei Familie Bordone. Corso Tukory. Fünfzehn. Palermo.«

      »Sind Sie sich da ganz sicher?«

      »Wie das Evangelium.«

      »Dann passen Sie auf: Wir beide haben uns nicht gesehen und haben nicht miteinander gesprochen. In Ihrem eigenen Interesse. Bei nächster Gelegenheit werde ich’s Ihnen vergelten.«

      »Commendatore, verzeihen Sie mir, wenn ich Sie danach frage. Aber kennen Sie jemanden in Palermo, der bei der Post- und Telegraphenverwaltung arbeitet? Es ist nämlich so, vor etwa zehn Tagen habe ich einen Antrag weggeschickt…«

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