Perry Rhodan 3079: Yenren. Susan SchwartzЧитать онлайн книгу.
ist dir gleichgültig?«
»In diesem Fall: ja. Es war ...« Er brach ab.
»Ja?«, fragte Muntu Ninasoma.
»Es war richtig. Aber zu meiner anstehenden Reise: Unseren Wissenschaftlern ist es in Kooperation mit den Topsidern gelungen, zwei Punkte auszumachen, von denen die Tastung ausgegangen ist. Einer liegt unerreichbar weit in der Eastside der Milchstraße – den anderen werden wir mit der ORATIO ANDOLFI und der topsidischen CHOLEMCO ansteuern, etwa tausend Lichtjahre entfernt.«
Der Kommandant gab einen knappen Bericht über den Stand der Reparatur. Die größeren Zerstörungen an der TESS QUMISHA waren beseitigt, die einfache Technologie an Bord funktionierte weitestgehend. Die Anpassung der komplexeren Aggregate und Technologien an die massiv erhöhte Hyperimpedanz würde noch lange Zeit in Anspruch nehmen – falls sie überhaupt gelang. »Zumindest einen simplen Flug sollten wir hinbekommen. Fragt sich nur, wann. Aber Perry ...«
Rhodan sah ihn auffordernd an.
»Es gibt etwas anderes, das wir besprechen müssen. Es geht um Anno Baldwin.«
Der Name kam ihm vage bekannt vor, doch er konnte ihn keinem Gesicht zuordnen. »Ein Besatzungsmitglied?«
Ninasoma nickte. »Ohne offizielle Funktion im laufenden Schichtbetrieb. Seine Arbeit ist am ehesten einem Kosmopsychologen vergleichbar. Er bezeichnet sich selbst als Sozialeffektor – er entdeckt Spannungen innerhalb der Mannschaft, beobachtet, nimmt Kontakt auf und baut Probleme ab, wendet sie ins Positive. Seine Erfolgsquote ist erstaunlich. Ich sehe ihn als soziales Genie.«
»Und aktuell hat er eine solche Spannung an Bord ausfindig gemacht?«
»Nicht in der TESS QUMISHA. Bleibt dir noch Zeit für ein Gespräch mit ihm?«
Rhodan warf einen Blick auf die Uhr. Der geplante Abflug der ORATIO ANDOLFI und der CHOLEMCO stand erst in zwölf Stunden an. »Sicher.«
*
Anno Baldwin erwies sich als – freundlich formuliert – schmächtiger Mann. Ebenso gut könnte man ihn als spindeldürr bezeichnen, wobei er die Grenze zur Magersucht um mindestens zehn Kilogramm unterschritt. Davon unabhängig nahmen sein einnehmendes Lächeln und der strahlende Blick seiner Augen Rhodan sofort für sich ein.
Er empfing seinen Gast in seiner Privatkabine und bat ihn mit einer angedeuteten Verbeugung herein. »Hoher Besuch in meinen vier Wänden.«
»Von denen allerdings nicht viel zu sehen ist.«
Baldwin schmunzelte. »Gefällt es dir?«
»Es ist interessant.«
»Eine sehr diplomatische Antwort.«
Der Raum stand übervoll mit Schränken, in deren Fächer sich Berge von Folien stapelten; Vasen; Holobilderrahmen mit Planetenmotiven; ein Stoffwimpel mit dem Logo der LFG; eine Flasche Vurguzz – zweifellos nicht das Original, sondern aus der späteren Liebhaberabfüllung; ein aufgebautes Schachspiel und tausend andere Dinge. Dabei wirkte der Raum keine Sekunde lang chaotisch.
Rhodan entdeckte sogar eine Gucky-Plüschfigur, ging dorthin und musste lächeln. Er hatte den Mausbiber lange nicht gesehen; seit dem Aufbruch der RAS TSCHUBAI in die Heimatgalaxis der Cairaner, von wo aus sie den Weg durch die Zerozone in diese Hälfte des Dyoversums angetreten hatten.
»Die Figur stammt aus der Edition von 1967 NGZ«, plauderte Anno Baldwin. »Sehr schwer zu bekommen, noch dazu in diesem Zustand. Aber ich schätze, du bist nicht hier, um über Sammelleidenschaft zu sprechen?«
»Kommandant Ninasoma hat mir von deiner Beobachtung erzählt, ohne ins Detail zu gehen.«
Baldwin deutete auf einen schlichten Tisch, an dem zwei einfache Holzstühle standen. »Ich habe einige Male die Werft verlassen und Skiaparelli besucht, die Mars-Hauptstadt«, sagte er, während sie sich setzten. »Ich habe mich umgehört, Stimmungen aufgenommen, mit Leuten gesprochen ... und öffentlich zugängliche Daten ausgewertet. Es geht mir um die Zu- und Auswanderungen im Solsystem. Also, in diesem Solsystem. Der Wechsel zwischen den einzelnen Planeten. Es gibt zwei Datumsbereiche, die eine Änderung in der Statistik markieren. Seit Ende November letzten Jahres tut sich etwas.«
»Also kurz nach unserer Ankunft mit der TESS.«
Baldwin nickte. »Das andere Datum ist der ...«
»Lass mich raten. Der 5. Januar dieses Jahres.«
»Wusstest du es bereits?«
»Nach deiner Einleitung war es logisch«, sagte Rhodan.
An diesem 5. Januar hatte er in einer Pressekonferenz erklärt, dass er nicht auf diese Seite des Dyoversums gekommen war, um imperiale Strukturen aufzubauen – sondern weil Terra und Luna ein gemeinsames Erbe der Menschheit bildeten. Dass er herauszufinden versuchte, ob eine Rückkehr möglich und für Terraner technisch umsetzbar wäre. Und falls ja, dass die Bürger der Liga entscheiden dürften und müssten, ob sie mit zurückwechseln wollten. Ob Erde und Mond selbst den Wechsel vollziehen durften, müsste Gegenstand einer großen Abstimmung sein. Sollte jedoch kein Weg gefunden werden, stand all das ohnehin nicht zur Debatte.
»Lass es mich zusammenfassen«, sagte Baldwin. »Eine gewisse Wechselwanderung zwischen zum Beispiel Terra, Luna, dem Mars und der Venus ist völlig normal. Seit November gibt es eine leichte Änderung – die sich verstärkt. Und am 5. Januar einen massiven Schub bekommen hat. Die Zuwanderung nach Terra und Luna ist um zehn Prozent gesunken – die Auswanderung auf die anderen Planeten und Monde um zehn Prozent gestiegen.«
Rhodan schloss die Augen. »Also rechnen die Leute damit, dass die Versetzung gelingen wird – und sie treffen die nötigen Vorkehrungen, um hierzubleiben.«
»Nicht die Leute«, schränkte Anno Baldwin ein. »Nur einige von ihnen. Eine Zahl, die allerdings zunimmt.« Wieder dieses einnehmende, zuversichtliche Lächeln.
»Sie wandern aus, weil sie dieses Universum nicht verlassen wollen«, sagte Rhodan.
»Positiv gesehen, trauen sie dir die Rückversetzung zu. Auch wenn sie das vielleicht nicht gut finden.«
Ich werde einen Weg entdecken, dachte Rhodan. Alles andere musste sich danach ergeben. Etwa die Frage, ob sich eine Mehrheit fand, die dafür stimmte, dass Terra und Luna zurückkehren sollten. »Wie beurteilst du es? Müsste mich das optimistisch stimmen? Oder eher pessimistisch?«
»Hast du damit gerechnet, dass jeder begeistert sein wird?«
»Nein.«
»Dann gebe ich dir folgenden Rat: Momentan ändert weder dein Optimismus noch dein Pessimismus etwas an der Gesamtlage. Also sei optimistisch. Es fühlt sich besser an.«
»Wenn nur alle Ratschläge so gut wären wie dieser. Halt weiterhin die Augen und Ohren offen!«
»Das ist mein Job. Außerdem kann ich gar nicht anders. Es liegt mir irgendwie im Blut.«
»Vielleicht solltest du dich über dieses Thema mit einem der hiesigen Werftarbeiter unterhalten«, schlug Rhodan vor. »Jahn Welzon. Er scheint ein guter Mann zu sein.«
»Ich nehme Kontakt auf.«
»Tu das.« Rhodan stand auf. »Ich muss aufbrechen.«
»Nur eins noch.« Baldwin deutete auf den Plüsch-Mausbiber. »Ich habe den echten Gucky nie getroffen.« Das Bedauern in der Stimme war nicht zu überhören.
Rhodan verstand sofort. »Wenn wir zurückkehren, und das werden wir auf die eine oder andere Weise, kann ich es arrangieren.«
*
Für einen Augenblick erfüllte der rote, unberührte Teil des Mars alles ... dann raste das Beiboot weiter, sodass Rhodan in der Sichtscheibe bald auch die Krümmung des Planeten sah und dahinter die Schwärze des Weltraums.
Der Mars fiel unter ihm weg. Das Beiboot brachte ihn zur ORATIO ANDOLFI, dem aktuellen Liga-Flaggschiff. Im Hangar empfing ihn eine Frau, der er dank der gemeinsamen Erlebnisse