Forschungskreuzer Cimarron. Hubert HaenselЧитать онлайн книгу.
das nicht!«, fiel ihm die Kommandantin ins Wort. »Keinesfalls aus eigener Kraft, da pflichte ich dir bei. Aber den Schäden nach zu urteilen, die der Diskus aufwies, erscheint es durchaus denkbar. Offenbar wurde er während einer Überlichtetappe von einer Energiewoge erfasst und erst im Aldeera-System wieder freigegeben.«
»Ein Hypersturm?«
Diana Rossfeldt zuckte die Schultern. »Hast du eine bessere Erklärung?«
»Für ein derartiges Ereignis stehen die Chancen eins zu einer Million. Oder noch unwahrscheinlicher.«
»Was ist schuld am Verschwinden der Frachter?«, platzte Ramirez heraus. »Piraten? Damit rechnen heutzutage die wenigsten.«
Die Kommandantin hob den Blick. Die Brauen leicht zusammengekniffen, musterte sie den Waffentechniker.
»Piraten oder jedenfalls kriminelle Plünderer gab es zuletzt vor einem halben Jahrhundert. Der Flottenstab scheint der Ansicht zu sein, dass damals gründlich mit dem Gesindel aufgeräumt wurde, andernfalls hätte man nicht uns, sondern ein Dutzend Schlachtschiffe auf das Problem angesetzt.«
»Aber was …?«
Diana winkte ab. »Das sollen wir herausfinden. Und das Bordbuch ist zweifellos eine wichtige Spur. Bislang gibt es keine Analyse.« Sie hob die Schultern und lächelte vage. »Die Feinarbeit wurde großzügig wieder einmal uns überlassen. – Das war’s in aller Kürze.«
Sie wandte sich zu dem hufeisenförmigen Kommandoplatz in der Mitte der geräumigen Zentrale um. Abschätzend wog sie die Kassette in der Hand, legte sie in die Lesevorrichtung und nahm die Bild-Ton-Haube zur Hand, die eine dreidimensionale Wiedergabe der Aufzeichnungen erlaubte.
»Die nächste Etappe ist programmiert?«, fragte sie.
»Sprung erfolgt in fünfzehn Minuten«, bestätigte Duncan Lemonde. »Distanz zweihundert Lichtjahre. Wir werden im Randbereich der Wolke materialisieren, ziemlich genau fünf Lichtwochen von den letzten Koordinaten der XB-18 entfernt.«
Diana Rossfeldt gab ihr Okay-Zeichen, dann setzte sie sich die Haube auf und widmete sich den Aufzeichnungen. In mehr oder weniger kurzen Abschnitten klinkte sie sich ein, überging von Störungen verzerrte Passagen und zwei Hyperetappen des Frachters.
Nach gut zehn Minuten fand sie einen Abschnitt, der ihre Aufmerksamkeit fesselte.
*
Die Bildschirme in der Zentrale des Frachters zeigten jenes monotone, scheinbar in unaufhörlicher Bewegung befindliche Grau, das typisch war für den Flug innerhalb einer Dunkelwolke. Aufflammende Farbreflexe, für Sekunden nur und Wetterleuchten gleich, mussten als Energieentladungen im Entstehen begriffener Sterne erklärt werden.
»Restfahrt bei fünfzigtausend.«
»Konstante Beschleunigung und nächsten Hypersprung programmieren! Belastung des Schutzschirms?«
»Energiezufuhr ausreichend für Eintauchgeschwindigkeit. Die Dichte der Wolkenmaterie liegt weit unter der kritischen Konzentration.«
Routinemäßig der Ablauf der folgenden Minuten, das Summen der Konverter und der Triebwerke, die das Schiff auf die zur Transition erforderliche Geschwindigkeit beschleunigten. Dann eine erste vage Veränderung, ein Schatten, der über die Bildschirme huschte und Irritationen auslöste. Gleich darauf das Heulen des Alarms, ausgelöst vom Ersten Offizier der XB-18, der mitsamt seinem schweren Sessel herumfuhr und durch den Raum schrie: »Sprungvorbereitung abbrechen! Sofort!«
Der Pilot reagierte ohne jede Rückfrage, drosselte die Energieerzeugung und löschte mit einer hastigen Wischbewegung über sein Kontrollpult die angezeigten Zielkoordinaten.
Die Konverter reagierten jedoch nicht auf die Schaltungen. Obwohl die Triebwerke ausliefen, arbeitete die Versorgung unverändert auf Volllast. Dutzende von Kontrollanzeigen schnellten in den Warnbereich – ein flackerndes Stakkato griff um sich.
»Keine Reaktion!«, meldete der Pilot. »Völliger Kontrollverlust!«
»Ich übernehme die Notschaltung!«
Für Sekunden ebbte der Alarm ab, als der Kapitän alle Funktionen übernahm. Ein Aufatmen der Zentralebesatzung wäre trotzdem zu früh gekommen. Auf sämtlichen Schirmen erschien die blutrot blinkende GAU-Warnung.
110 Sekunden bis zum Zusammenbruch aller Abschirmungen im Maschinenraum der XB-18 und Freisetzung enormer Energiemengen.
»Raus!«, brüllte der Kapitän. »In die Beiboote!«
104 Sekunden …
Zwei Männer waren aufgesprungen, ließen sich jedoch wieder in ihre Sessel sinken. Ihnen musste klar geworden sein, dass sie es nicht schaffen konnten. Selbst wenn sie die Beiboote erreichten, würden sie kaum schnell genug ausschleusen können, um dem alles verzehrenden Glutball der Explosion zu entkommen.
Unerbittlich schmolz die Zahl auf den Schirmen. Eben noch 60 Sekunden, im nächsten Moment nur mehr 20 …
Der Kapitän schlug auf die Schaltflächen vor ihm ein, dann gab er auf und ließ sich im Sessel zurücksinken.
10 Sekunden …
Die Anzeige blieb konstant.
10 …
»Eigentlich …«, sagte jemand bebend.
Die Zahl erlosch.
»Wir leben noch?« Das klang eher fragend, keineswegs wie eine Feststellung.
Der Kapitän stemmte beide Hände auf die Armlehnen seines Sessels und richtete sich steif auf. Sein Blick sprang im Zickzack über das Kontrollpult.
»Alles nahezu normalisiert!«, rief er. »Die Energie fließt ab. Keine Ahnung, wohin. Da kommen Messungen: Ein Hyperkraftfeld umgibt uns. Unbestimmbare Intensität.«
Die Beleuchtung erlosch flackernd. Alle Bildschirme fielen ebenfalls aus. Nur der fahl grüne Schimmer der fluoreszierenden Notlichter ließ die Zentrale des Frachters nicht in völliger Schwärze versinken.
»Die Ausdehnung des Kraftfelds?«, erkundigte sich der IO.
Der Kapitän hob hilflos die Schultern. »Keine Ahnung«, antwortete er. »Ich sehe nur, dass wir offenbar mittendrin stecken.«
»Da, was ist das …?«
Diana Rossfeldt konnte in der Wiedergabe der Aufzeichnung weder erkennen, wer in der Zentrale des Frachters die Frage gestellt hatte, noch weshalb.
»Es kommt auf uns zu! Ortung?« Das war auf jeden Fall die Stimme des Kapitäns.
»Keine Ortung. Die Sensoren scheinen völlig irrsinnige Werte anzumessen.«
Eine heftige Erschütterung lief durch die XB-18. »Kursabweichung!«, krächzte die Kunststimme des Bordrechners. Zugleich wurde die Zentrale in düster rotes Licht getaucht, das von den Bildschirmen ausging.
Die optische Wiedergabe ließ erkennen, dass Strukturrisse den Schutzschirm des Frachters schwächten. Die schnellen Schaltungen des Kapitäns setzten aber keine zusätzliche Energie frei, die Belastungsanzeige stieg in den kritischen Bereich.
Erneut wurde die XB-18 wie von einer Titanenfaust geschüttelt.
Die Aufzeichnungen des Bordbuchs setzten vorübergehend in einem Schwall von Störungen aus. Minutenlang gab es nur ein wildes Durcheinander undefinierbarer Schatten und ein kreischendes Stakkato.
Diana Rossfeldt verzichtete darauf, die Wiedergabe schneller ablaufen zu lassen. Sie überzeugte sich allerdings mit einem schnellen Blick auf die Kontrollen davon, dass die CIMARRON die eingeleitete Überlichtetappe bereits hinter sich gebracht hatte. Sofort widmete sie sich wieder der Aufzeichnung.
Der Hauptbildschirm des Frachters war ausgefallen. Diana konnte deshalb nicht erkennen, was mit dem Frachter geschah. Indes deutete einiges darauf hin, dass die von den Konvertern bereitgestellte Energie nicht mehr abfloss.
»Wenn wir die Schirmfeldprojektoren länger derart hoch belasten, brennen