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Wie künstlich ist Intelligenz?. Andreas EschbachЧитать онлайн книгу.

Wie künstlich ist Intelligenz? - Andreas Eschbach


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der örtlichen Bank gewesen war und sich hatte überreden lassen, einen Kredit zu gewähren, einen großen Kredit, den er nicht hätte abzeichnen dürfen – aber es war ein guter Freund gewesen, er hatte mit Engelszungen geredet, ein benachteiligter Freund, der Pech im Leben und eine zweite Chance verdient gehabt hatte …

      Doch so gut die Absichten auch gewesen waren, der Kredit war eben geplatzt, das Geschäft des guten Freundes, der am Ende kein so guter Freund mehr war, pleitegegangen, und Vater hatte seine Stelle verloren, ohne jede Chance, jemals wieder eine gleichwertige zu finden. Denn von da an war er einer gewesen, der Fehler machte, gefährliche Fehler, und so jemandem gab niemand eine zweite Chance. Er hatte sich mit Jobs durchgeschlagen, einer mieser und schlechter bezahlt als der vorige, und so war es mit der Familie Cleveland immer weiter abwärtsgegangen. Sie hatten das Haus aufgeben und in immer schlechtere Wohnungen ziehen müssen, und Verzweiflung war in ihr Leben gekrochen wie der Schimmel, der winters an den Wänden hochstieg …

      Alan ruckte hoch und hieb auf die Taste, die das Programm stoppte. Dann zog er das Netzkabel ab.

      »Es war ein Fehler«, stieß er hervor. »Und wir sind so was von am Arsch, da gibt’s überhaupt keine Worte mehr dafür.«

      Er ließ sich wieder in seinen Sessel fallen. »Warum muss das uns passieren? Wenn es Tammy passiert wäre … die hat einen Anwalt. Ach was, ein Dutzend wahrscheinlich, die auch an Heiligabend angesprungen kämen, wenn Vaters Töchterlein Mist gebaut hat.« Er fuhr sich übers Gesicht. »Immer das Gleiche. Geld regiert die Welt. Und wer keins hat -«

      »Warte mal«, sagte Rob, der auf einmal kerzengerade da saß. »Wer sagt, dass wir keins haben können?« Er wies auf den Computer. »Alan – wir haben eine KI, die in die bestgesicherten Server der Welt eingedrungen ist! Warum sollte die nicht imstande sein, in die blöden Server von Banken zu kommen?«

      Alan sah ihn verständnislos an. »Banken?«

      Rob rollte vor den Computer, holte den Quellcode auf den Schirm, begann zu tippen. »Zuerst muss sie die Server finden und knacken, über die das Internet mit dem Bankennetz verbunden ist. Dann muss sie in deren Rechner rein, und dann …«

      »Rob!«, rief Alan. »Wovon redest du?«

      Rob tippte wie ein Irrer. »Ich bin sicher, du kommst noch drauf.«

      »Willst du die Banken etwa ausrauben?«

      »So kann man’s auch nennen. Ist aber so ein hässliches Wort. Ich würde es gern irgendwie anders nennen, Selbstverteidigung oder so.«

      »Rob. Rob! Das können wir nicht machen.«

      »Oh, im Gegenteil. Und wie wir das können. Wir gehen in alle Konten, die wir finden, und übertragen die Guthaben auf unsere Konten. Über siebzehn Ecken natürlich, einmal rund um die Welt.«

      »Du weißt doch gar nicht, wie das geht, so etwas zu tarnen!«

      »Muss ich auch nicht. Ich muss nur unserer KI klar machen, dass sie’s rausfinden soll.«

      Alan war schlecht. Und schwindlig. Dabei war es im Grunde egal, sagte er sich. Sie stellten eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar, da fiel ein Bankraub nicht mehr ins Gewicht. Sie würden untergehen, aber wenigstens mit Pauken und Trompeten.

      »Ich weiß nicht, ob das reicht, Rob«, gab er zu bedenken. »Die sind wahrscheinlich schon unterwegs hierher.«

      »Wir brauchen höchstens eine Stunde, bis alles läuft. Dann springen wir ins Auto und verlassen die Stadt. Ein Kumpel von mir hat eine Jagdhütte in den Wäldern, dort tauchen wir unter.«

      »Und der Computer? Meinst du, die kommen her und lassen den rennen?«

      Jetzt hielt Rob inne. Er sah sich um, ein triumphierendes Grinsen im Gesicht. »Alan! Wir haben Zugriff auf über hunderttausend Server! Das Erste, was unsere KI tun wird, ist natürlich, sich auf die alle zu kopieren und von dort aus weiterzumachen.«

      Sie brauchten keine Stunde. Eine Stunde später waren sie schon halb aus Boston draußen.

      »Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache, Rob«, sagte Alan ungefähr ein dutzend Mal, meistens dann, wenn Rob von einer schmalen Straße auf eine noch schmalere Straße abbog.

      »Ich auch nicht«, gab Rob zurück. »Wenn du eine bessere Idee hast, nur raus damit.«

      »Nein. Hab ich nicht.«

      »Siehst du? Also bleiben wir bei dieser.«

      Irgendwann mussten sie tanken. Zum Glück kam eine Tankstelle, die zwar so altmodisch und heruntergekommen aussah, als sei die Zeit stehen geblieben, aber es gab Benzin und sie hatte auf, nachts um drei.

      Am Fenster hing ein großes, rostiges Schild mit der Aufschrift: We trust in God and in the Dollar. CASH ONLY!

      »Ist doch prima«, meinte Rob. »Dann wundert der sich schon nicht, warum ich nicht mit Karte zahle.«

      Der Tankwart war ein hagerer, mürrischer Mann, der auch aussah wie aus einem anderen Jahrhundert, genau wie der schwarz-weiße Fernsehapparat, in dem er irgendeine seltsame Show verfolgte. Rob und Alan versorgten sich in seinem kleinen Laden noch mit Proviant: Bohneneintopf, Brot, Butter, ein Glas Marmelade, zwei Sixpack Bier, ein paar Süßigkeiten und dies und das. Der Mann strich die Dollarscheine, die Rob ihm hinblätterte, wortlos ein, nickte ihnen zu und widmete sich wieder seiner Glotze.

      Es dämmerte schon, als sie die Waldhütte erreichten. Der Schlüssel lag unter einem Blumentopf, die Tür quietschte wie ewig nicht benutzt, und auch der Staub, der drinnen auf allem lag, verriet, dass der Besitzer der Hütte lange nicht mehr hier gewesen war.

      Aber es gab Gas, Feuerzeuge, Pulverkaffee, Zucker und Dosenmilch, die noch nicht abgelaufen war. Und zwei Betten, in die sie fielen, um sofort einzuschlafen.

      Als sie erwachten, stand die Sonne hoch am Himmel. Sie frühstückten, ohne auf die Uhr zu schauen. Es gab Kaffee und Brot, das sie über der Gasflamme rösteten und mit Butter und Marmelade aßen, vor der Hütte, mit Blick auf den See, der keine hundert Schritt weiter hinter den Bäumen anfing. Es war unwirklich ruhig. Ein paar Vögel keckerten, hier und da knarrte ein Ast im Wind, das war alles. Als gäbe es den Rest der Welt nicht mehr.

      »Ob sie rauskriegen können, wohin wir gefahren sind?«, überlegte Alan. »Mit den ganzen Verkehrskameras und so?«

      Rob schüttelte unbekümmert den Kopf. »Glaub ich nicht. In Boston vielleicht. Aber wir haben die Stadt in Richtung New York verlassen – was haben sie davon, wenn sie das wissen?«

      »Aber wir sind nicht an den Kameras auf der Interstate 90 vorbeigekommen.«

      Rob kaute gemütlich. »Stimmt. Sind wir nicht. Was kann man daraus schließen?«

      »Dass wir nicht nach New York gefahren sind.« Alan überlegte. »Es sei denn, über kleine Seitenstraßen.«

      »Von denen es Tausende gibt.«

      »Okay. Wahrscheinlich wissen sie tatsächlich nicht, wo wir sind.«

      »Sag ich doch.«

      »Aber«, überlegte Alan weiter, »ewig können wir hier nicht bleiben. Irgendwann müssen wir wieder zurück.«

      »Klar. Um nachzuschauen, wie viel Geld uns die KI beschafft hat.«

      Alan schlug die Hände vor die Augen. »Rob, das ist doch Irrsinn. Ein Bankraub, bei dem man die Beute aufs eigene Konto überweist! Noch deutlichere Spuren kann man gar nicht hinterlassen!«

      »Eben«, meinte Rob ungerührt. »Niemand, der imstande ist, eine KI zu programmieren, würde sich so dämlich anstellen. Also waren wir es gar nicht. Wir waren übers Wochenende weg, ausspannen, und irgendein fieser Konkurrent hat sich an unseren Computer geschlichen und das Programm gestartet. Nur, um uns eins reinzuwürgen.«

      »Du denkst echt, wir können uns da rausreden?«

      »Ich hab mich schon aus viel peinlicheren Situationen herausgeredet, möcht’ ich meinen.« Rob kratzte sich die Brust. »Und wer


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