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Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag. Marcus X SchmidЧитать онлайн книгу.

Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag - Marcus X Schmid


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      Information Office de Tourisme, über­aus freundliches Personal, Auskünfte über die ge­samte Umgebung. Ostern bis Sept. 10-18 Uhr. Rue du Château, 24800 St-Jean-de-Côle, Tel. 05.53.55.12.50, [email protected].

      Feste Floralies, großer Blumenmarkt an ei­nem Wochende zwischen Mitte April und Mitte Mai. Das ganze Dorf erstrahlt im Blumen­dekor, einschließlich der alten romanischen Kirche. Ein­tritt ca. 4 €.

      Restaurant Le Saint-Jean, das frühere Ho­tel hält, seit der Sohn das Haus über­nom­men hat, nur noch den Restau­rant­be­trieb aufrecht­. Klassische périgour­di­ni­sche Kü­che, einladende Terrasse. So/Mo Ruhetag. Bourg, Tel. 09.70.35.57.20.

      Von allen Périgord-Schlössern ist das mit­ten im Grünen gelegene Schloss Puy­guil­hem (16. Jh.) sicher das ver­spiel­tes­te. Als Lustschlösschen in Auf­trag gegeben, brauch­ten die Renais­san­ce-Architekten auf militärische Zweck­mäßigkeit keine Rück­sicht zu neh­men und konnten ihrer Kreativität freien Lauf lassen: hier ein okto­gonales Türm­chen, dort ein pentagonales, dort ein Rundturm mit Kegeldach, aus dem ein hübscher Erker ragt ... und eine Fas­sa­de, die jeden Besucher bezaubert. Das Innere ist im Stil der Epoche ein­ge­rich­tet; besondere Aufmerksamkeit ver­die­nen die skulptierte Wendeltreppe und die Renaissance-Cheminées.

      ♦ April und Sept. tägl. 10-12.30/14-17.30 Uhr. Mai-Aug. tägl. 10-12.30/14-18.30 Uhr. Okt.-März Mi-So 10-12.30/14-17.30 Uhr. Eintritt 6 €, unter 25 J. für EU-Bürger gratis. An­fahrt: Von St-Jean-de-Côle über die D 98 nach Villars, von da noch ca. 600 m (gut ausgeschildert). Park­vorschrift beachten und die letzten 100 m zu Fuß gehen (keine Wendemöglichkeit vor dem Schlosstor).

      Zwei Flussarme der Dronne um­spülen die Stadt, am nordwestlichen Ufer erhebt sich vor dem Kalkfelsen die ge­waltige Benediktinerabtei. Hier zeigt sich Brantôme von seiner fotogensten Seite: Abtei, Brücken, Häuser direkt am Wasser und die Dronne, die alles zu­rück­spiegelt - man wünschte sich eine 360°-Panorama-Ka­me­ra. Lange war das hübsche Städtchen vom Tou­ris­mus über­sehen worden. Tempi pas­sa­ti, un­ter dem Felsen der Abtei und auf den zwei Hauptsträßchen im Ortskern ha­ben sich in den letzten Jahren zahl­rei­che Souvenirshops ein­gerichtet.

      Von Wasser umspült: Brantôme

      Stadtgeschichte: Knochen- und Werk­zeugfunde in der Umgebung ver­raten die alt­steinzeitliche Besiedlung. Der Dol­men von Peyrelevade an der Straße nach Thiviers (→ Se­henswertes) belegt, dass auch in der Jungsteinzeit Men­schen hier siedelten.

      In den Religionskriegen kamen die Brantômais mit dem Schrecken davon (→ Kas­tentext „Pierre de Bourdeille“ ). Später verscheuchte die Französische Re­vo­lu­tion zwar die Mönche, nicht aber die Bevölkerung. Tiefe Spuren hin­ter­ließen erst die beiden großen Kriege des 20. Jahrhunderts in Bran­tôme. Zahl­reiche Männer der Stadt fan­den 1916 in Verdun den Tod, und der Zweite Welt­krieg wurde buch­stäb­lich vor den Haus­türen ausgetragen. Wider­ständler aus Brantôme töteten im März 1944 am Stadt­ausgang zwei deutsche Offiziere. In den folgenden Tagen räch­ten sich die Na­zis mit einer überaus brutalen Strafexpedition: Häuser wurden ge­plün­dert und in Brand gesteckt, Men­schen gefoltert und erschossen. Bran­tôme hatte 56 Tote zu be­kla­gen.

      Abtei Saint-Sicaire: Die sich am Dron­ne-Ufer an die Kalkfelsen schmie­gende Be­ne­dik­tinerabtei (heute Sitz der Stadt­verwaltung) wurde angeblich von Karl dem Großen ge­gründet. Im Ge­spräch sind aber auch Pippin der Kleine (Vater Karls) und Pippin der Aquitanier (ein En­kel Karls). Die erste urkundliche Er­wähnung der Abtei jedenfalls datiert aus dem Jahr 817 und schließt damit kei­nen der drei als mög­lichen Gründer­vater aus. Vermutlich hat Karl der Gro­ße bei den Le­gen­den­schrei­bern das Ren­nen deshalb gemacht, weil er das größ­te geschichtliche Gewicht hat.

      Die Kirche, in der angeblich die Ge­beine von Sicarius, einem der Opfer des beth­le­he­mitischen Kindermords unter Herodes, bestattet wurden, hat im Lauf ihrer über 1000jährigen Ge­schich­te viele Zerstörungen und Res­tau­rie­run­gen ertragen. Eine kom­plette Neu­ges­tal­tung erfuhr sie im 19. Jahr­hundert unter dem französischen Ar­chi­tekten Abadie, der schon der Kathe­drale von Périgueux eine Renovierung an­ge­dei­hen ließ und seine kirchen­archi­tek­to­nischen Vorstellungen dann mit Sacré-Coeur auf dem Pariser Mont­martre realisieren durfte. Im 20. Jahr­hundert wur­den die Abadie’schen Än­de­run­gen wie­der rückgängig gemacht. So hat die Kirche ihr grobes, früh­mittel­alterliches Aus­sehen wieder zurück­bekommen.

      Alle Kriege und die Abadie’sche Re­novierungswut unbeschadet über­stan­den hat der Glockenturm (wie in Pé­rigueux zollte Abadie auch hier der Ge­schichte Res­pekt). Er gilt als einer der äl­testen Frank­reichs, die frühesten Par­tien im Unterbau dürften aus der Grün­dungszeit der Abtei stammen. Auch wenn es beim Anblick des Gesamt­kom­plexes nicht so aussieht: Der Glocken­turm steht frei. Eine der Grotten be­fin­det sich übrigens direkt darunter.

      Relief in der Grotte der Abtei

      Die Grotten im Kalkfelsen neben der Abtei sind erst seit jüngster Zeit wieder zu­gäng­lich. Hier und da sind noch die alten klösterlichen Taubenschläge zu se­hen. Vogelmist war, als man den zwei­felhaften Segen der chemischen Pro­dukte noch nicht kannte, ein be­lieb­ter Dünger. In einem Teil der Grotten wird eine Forellenzucht betrie­ben. Größ­te Attraktion aber ist zweifellos die Grot­te des Jüngsten Gerichts. Ein gro­ßes Wandrelief zeigt einen über­mäch­tigen Gott, der über Gut und Böse zu Gericht sitzt. Der Meister dieses Werks, das ins 15. Jahrhundert datiert wird, ist un­be­kannt. Ein zweites Re­lief - mit mit­tel­al­terlichen Türmen im Hin­tergrund - stellt die Kreuzigung Christi dar.

      ♦ Eine Besichtigung der Grotten ist nur mit der Eintrittskarte zum Musée Desmoulin (s. u.) mög­lich - empfohlen!

      Pierre de Bourdeille, genannt Brantôme (1539-1614)

      Er gehört zu den illustren Figuren seiner Zeit: Pierre de Bourdeille, so genannt, weil er im Schloss von Bourdeilles (→ Bourdeilles) gebo­ren wurde, oder Brantôme, wie er sich selber nannte, weil Bran­tôme ihn mit der Verwaltung der Abtei betraute und ihm so zeit sei­nes ungeregelten Le­bens zu einem geregelten Ein­kommen ver­half.

      Aus gutem Haus und zur Theologie erzogen, wurde Pierre schon früh mit dem Titel eines „Abbé commanditaire“ der Benedik­ti­nerabtei von Brantôme aus­gezeichnet und damit zum stillen Teil­haber der klösterlichen Einkünfte. Doch die Zeit war viel zu stür­misch, als dass er das religiöse Leben zu seiner Sache hätte ma­chen können. Er zog es vor, in allerhand Kriegen mit­zu­mi­schen, königstreu und stets auf der Seite der Katholiken.


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