Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
anzieht, dich fasziniert, Tim?« fragte er ruhig.
»Sicher spielt das eine Rolle, sonst wäre ich ja nicht sofort auf sie aufmerksam geworden«, gab Tim zu, »aber jetzt kenne ich sie schon besser und weiß, daß wir uns wundervoll ergänzen. Man kann Liebe doch nicht mit Worten erklären, Daniel. Der Verstand ist ausgeschaltet. Man fühlt einfach nur. Du weißt das doch auch.«
Daniel lächelte nachsichtig. »Jetzt wollen wir uns mal darauf konzentrieren, daß Constance Clement sich baldigst einer Untersuchung unterzieht. Du wirst ihr das schon gefühlvoll und behutsam plausibel machen.«
Tim nickte. »Wie lange gibt man ihrer Mutter noch?« fragte er.
»Das ist schwer zu sagen. Das Herz ist schon sehr schwach.«
»Ich möchte, daß sie mich noch kennenlernt, daß sie weiß, daß Constance gut aufgehoben sein wird bei mir.«
Der Junge denkt an alles, ging es Daniel Norden durch den Sinn, aber er empfand Hochachtung vor dem Jüngeren, daß er so konsequent dachte. Nach einer so kurzen Bekanntschaft hätte ein anderer wohl doch Zweifel empfunden.
»Sprich darüber auch mit Constance. Sie kennt ihre Mutter besser als ich.«
»Hätte man Frau Clement helfen können, wenn sie früher richtig behandelt worden wäre?« fragte Tim.
»Die Krankheit selbst ist nicht heilbar«, erklärte Daniel. »Ich kann nichts beschönigen. Man hätte ihr nur manche Schmerzen ersparen können, vielleicht auch das Leben verlängern können, aber ich weiß nicht, ob das für den Patienten selbst gut ist. Wir Ärzte sind auch Menschen, Tim. Uns sind Grenzen gesetzt. Ich muß das leider immer wieder sagen.«
»Und eine Kur auf der Insel der Hoffnung?« fragte Tim.
»In diesem Stadium der Krankheit brächte sie keinen Erfolg. Sie wird in der Behnisch-Klinik gut versorgt.«
Tim blickte ihn voll an. »Für Constance wird jedenfalls getan, was menschenmöglich ist«, sagte er. »Und ich bitte dich, sie nicht zu erschrecken. Ich erinnere dich an unsere Freundschaft.«
*
»Und da redet man von nüchternen Engländern«, sagte Daniel zu Fee, als Tim gegangen war. »Der Junge ist ein Romantiker.«
»Nein, mein Schatz, er liebt dieses Mädchen«, sagte Fee. »Und ich hätte ihm gewünscht, daß seine erste Liebe nicht unter einem ungünstigen Stern steht.«
Solche Gedanken kamen Tim nicht. Daß Constances Mutter todkrank war, war eine traurige Tatsache. Seine Liebe war eine andere.
Er holte Constance ab. »Du mußt erst etwas essen«, sagte er. »Du bist blaß.«
»Jetzt gibt es sowieso nichts mehr«, erwiderte sie.
»Ich habe etwas eingekauft«, erklärte er.
»Du bist lieb, aber vielleicht ist Mama gerade wach.«
Als sie aber zur Klinik kamen, schlief Anita Clement noch. Dr. Jenny Behnisch sagte allerdings, daß eine leichte Besserung eingetreten sei.
»Ich lasse Ihnen Kaffee oder Tee bringen, wenn Sie warten wollen«, sagte sie freundlich. »Sie können sich in mein Zimmer setzen, da sind Sie ungestört.«
Und dort fütterte Tim Constance dann auch mit den appetitlichen Häppchen, die er besorgt hatte.
»Sie sind alle sehr nett hier«, sagte Constance leise. »Ich bin sehr froh für Mama, daß sie nicht wie ein Mensch dritter Klasse behandelt wird. Ich glaube, davor hatte sie immer Angst und wollte deshalb nicht in eine Klinik. Früher ist es uns mal sehr gut gegangen. Nun ja, Not mußten wir beide nie leiden, aber für Mama war es wohl doch bedeutend schwerer, ihre Ansprüche zurückzuschrauben, als für mich. Mama hat den Tod meines Vaters wohl nie verwunden.« Sie dachte nach. »Was ihr jetzt wohl so durch den Sinn geht, daß sie so seltsam redet.« Dann wechselte sie wieder das Thema. »Was hat Dr. Norden gesagt? Bitte, sag mir die Wahrheit, Tim.«
»Er meint, daß da ein Virus dahinterstecken könnte, und deshalb solltest du dich auch untersuchen lassen«, erwiderte er.
»Ich fühle mich aber durchaus nicht krank, nur ein bißchen müde.«
»Vorbeugen ist aber besser, Constance«, sagte er.
Sie nickte. »Ich darf jetzt nicht krank werden«, sagte sie vernünftig.
»Dann bringe ich dich nachher zu Dr. Norden«, sagte er.
Sie lächelte flüchtig. »Ich brauche nichts mehr allein zu entscheiden«, sagte sie. »Ist dein Vater auch so energisch?«
»Wenn es um Mummys Gesundheit geht, schon. Deswegen läßt er sie auch jedes Jahr auf die Insel der Hoffnung fahren, obgleich er sie sehr vermißt. Ich habe heute mit Mummy telefoniert und ihr von dir erzählt. Ich kann mir vorstellen, wie gespannt sie ist, dich kennenzulernen.«
»Oder auch nicht. Vielleicht haben deine Eltern ganz andere Pläne mit dir.«
»Aber nein das darfst du nicht denken. Sie wollen nur, daß ich glücklich werde. Aber ich möchte gern auch mit deiner Mutter sprechen, Constance. Sie soll mich doch wenigstens kennenlernen.«
»Vielleicht begreift sie gar nichts mehr«, sagte Constance leise.
»Du kannst ja auch von mir erzählen, dann wirst du schon sehen, wie sie reagiert.«
Und da kam Schwester Irmgard und sagte, daß Constance kommen solle, da Frau Clement erwacht sei.
»Ich warte«, sagte Tim.
Anita Clement machte einen etwas frischeren Eindruck. »Es ist erst drei Uhr«, sagte sie. »Schwester Irmgard hat es mir gesagt. Du bist schon da, Kind?«
»Ich habe mir freigeben lassen. Das heißt, Herr Korff hat es mir angeboten. Er ist sehr verständnisvoll, Mama. Geht es besser?«
»Ich habe gar keine Schmerzen, kannst du dir das vorstellen? Ich fühle mich richtig wohl. Jetzt glaube ich doch wieder daran, daß ich noch mal gesund werde, mein Kind.«
»Siehst du, Mama, du hättest halt schon früher mal in die Klinik gehen sollen.«
»Dr. Brückner wollte mich in dieses schreckliche Krankenhaus bringen, davor habe ich mich gefürchtet. Hier sind alle so freundlich. Aber wird die Kasse das auch bezahlen?«
»Sicher, jedenfalls hat Dr. Behnisch es gesagt. Die Hauptsache ist doch, daß du gut untergebracht bist, Mama.«
»Aber die dreißigtausend Mark, die auf der Bank für deine Aussteuer liegen, dürfen nicht angegriffen werden, Conny. Das will ich nicht«, sagte die Kranke.
»Sie werden nicht angegriffen, Mama, aber ich brauche das Geld wirklich nicht.«
»Wenn ich es nur noch erleben könnte, daß du einen anständigen Mann bekommst«, flüsterte Anita. »Es würde mich so sehr beruhigen. Aber du bist ja nie unter Menschen gekommen. Immer warst du zu Hause bei mir.«
»Es ist mir nicht schlecht bekommen, Mama«, sagte Constance. »Außerdem kann man auch in einer Buchhandlung einen Mann kennenlernen«, fuhr sie dann mutig fort. »Und ich habe sogar einen besonders netten kennengelernt, der dich auch sehr gern besuchen würde, Mama.«
»Du hast einen Mann kennengelernt«, flüsterte Anita. »Erzähle!«
»Er ist Engländer…«
»Engländer«, flüsterte die Kranke bebend.
»Er heißt Tim Thornhill und hat Bücher bei uns gekauft. Er hat mich gebeten, es dir zu erzählen, Mama.«
»Er meint es ernst«, flüsterte Anita.
»Darf er dich mal besuchen?«
»Morgen vielleicht. Da geht es mir sicher noch besser. Es zeugt von guter Erziehung, wenn ein junger Mann einen Besuch machen will«, mummelte sie. »Früher war das selbstverständlich in unseren Kreisen. Aber ich weiß ja, daß du wählerisch bist. Es beruhigt mich sehr.
Seltsam