Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
suchte.« Er legte die Zeitungsausschnitte auf den Tisch, die er seinem Aktenkoffer entnommen hatte. »Und ich würde gern lesen, wie es Frau Clement geschildert hat«, fügte er bittend hinzu.
Cindy gab ihm den Brief. Und sie las, was in diesen Zeitungen stand. Sie sah die Fotos von ihrem Vater, von der kleinen Cindy. »Wer kann Auskunft geben über den Aufenthalt von Pieter Lorring und seiner Tochter Cindy«, hieß es da, und später: »Clarissa Lorring sucht ihre Tochter Cindy. Eine hohe Belohnung ist für jeden Hinweis ausgesetzt.«
Dann hieß es: »Pieter Lorring wurde gefunden. Wo aber ist Cindy Lorring. Zehntausend Schweizer Franken Belohnung! Hunderttausend Dollar demjenigen, der Cindy lebend zu seiner Mutter bringt.«
Robert blickte auf, als Cindy leise aufschluchzte. Er ging zu ihr und legte den Arm um sie. »Clarissa wollte es nicht glauben, daß du nicht mehr lebst«, sagte er leise. »Wir haben wirklich alles versucht, um dich zu finden, und ich kann mir nicht vorstellen, daß Frau Clement keine dieser Anzeigen, die auch in allen großen deutschen Zeitungen veröffentlicht wurde, gelesen hat.«
»Doch, ich kann es mir vorstellen«, sagte Cindy. »Sie hat niemals eine Zeitung gelesen, solange ich denken kann. Sie mag wohl Angst davor gehabt haben, so etwas zu lesen.«
»Ihr habt nie mit mir darüber gesprochen«, sagte Tim grollend. »Ich hätte doch auch geholfen, Cindy zu finden.«
»Du hast sie ja gefunden«, sagte Robert. »Du hast sie gefunden, ohne etwas zu wissen. Als du erwachsen geworden warst, hatten wir jede Hoffnung längst aufgegeben, Tim. Es war wirklich eine göttliche Fügung, daß du diesen Buchladen betreten hast.«
»Weil Mummy Bücher haben wollte und Fee sagte, daß ich sie in diesem Laden bekommen kann«, erklärte Tim. »Die gute Fee hat das Wunder bewirkt.«
*
Die gute Fee riß die Augen dann ganz weit auf, als Cindy zwischen den beiden Thornhills ihr Haus betrat. Robert küßte ihr beide Hände.
»Was sagst du nun, Fee, ich bringe dir meine Tochter, die zugleich meine Schwiegertochter wird.«
»Deine Tochter?« fragte sie atemlos.
»Wir haben doch was gegen das Wort Stieftochter«, sagte er, »wie Clarissa nie das Wort Stiefsohn hören wollte. Ihr Kind ist mein Kind, und mein Kind ist ihr Kind. Jetzt brauchen wir nur noch sie zu unterrichten.«
»Aber nicht per Telefon«, rief Fee aus. »Daniel hatte ja gleich solche Ahnungen, nachdem er Cindy untersucht hatte. Darf ich mal schauen, wo bei dir das Muttermal sitzt, Cindy?«
Cindy deutete mit dem Finger darauf. Sie mußte den Kragen etwas zurückschieben.
»Eine raffinierte Stelle«, sagte Fee. »Nicht sofort zu entdecken. Nun, ich muß sagen, daß dies allein kein überzeugendes Kennzeichen wäre.«
»Man braucht Cindy doch nur anzuschauen, um festzustellen, daß sie nur Clarissas Tochter sein kann«, sagte Robert fast beleidigt.
Fee lächelte. »Du kennst Clarissa schon länger als wir. Es kann durchaus sein, daß Cindy in zwanzig Jahren ebenso ausschauen wird wie ihre Mutter, aber jetzt gibt es da noch keine völlige Übereinstimmung. Bis auf die Augen«, räumte Fee dann ein. »Aber wenn man dann genauer hinschaut, dann entdeckt man schon noch mehr.« Ein träumerisches Lächeln verklärte nun ihr Gesicht. »Es wird ein wunderschöner Tag für Clarissa sein, wenn sie ihre verlorengeglaubte Tochter in die Arme schließen kann.«
Cindy ließ ihren Blick in die Ferne schweifen. »Ich muß erst das eine Kapitel hinter mich bringen«, sagte sie leise. »Ich habe sechzehn Jahre zu einer anderen Frau Mama gesagt. Nein, du darfst jetzt nichts sagen, Dad, ich bitte dich. Sie war gut zu mir. Sie war ein armer, bedauernswerter Mensch. Sicher wäre sie glücklicher gewesen, wenn ihr Kind gerettet worden wäre. Dann wäre ich tot. Aber ich darf leben.«
»Gott sei es gedankt«, sagte Robert, und Tim nahm sie in die Arme und küßte sie.
Währenddessen wurde Clarissa von einer ihr unerklärlichen Unruhe hin und her getrieben.
Ein paarmal hatte sie versucht, Tim zu erreichen, und wieder war es vergeblich.
Ruhelos lief sie durch den Park, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Dann kam Mario angelaufen.
»Onkel Bob ist am Telefon, Tante Clarissa«, rief er. Da setzte sie sich schnell in Bewegung. Atemlos erreichte sie das Telefon. »Bob?« schluchzte sie fast.
»Was ist denn, Darling?« fragte er.
»Ich bin so schnell gelaufen. Lieb, daß du anrufst. Ich hatte solche Sehnsucht nach dir.«
»Ich bin ja bald bei dir, mein Liebes«, sagte er zärtlich. »Ich bin in München bei Tim. Aber ich fahre jetzt gleich los.«
»Was machst du in München, schon jetzt?« fragte Clarissa noch immer atemlos.
»Ich mußte etwas ganz Dringendes erledigen.«
»Ich habe schon ein paarmal versucht, Tim zu erreichen.«
»Er war mit mir unterwegs und muß jetzt auch noch einiges besorgen. Ich bin bald bei dir, mein Liebstes. Es fehlt dir doch hoffentlich nichts?«
»Du fehlst mir, Bob. Du fehlst mir sehr.«
Ja, nur mit ihm konnte sie über all das, was sie bewegte, sprechen.
So lieb sie Anne hatte, so gut sie sich mit ihr und Johannes Cornelius verstand, manches konnte sie eben doch nur ihrem Mann anvertrauen, mit dem sie in einer so tiefen, innigen Liebe verbunden war.
Für ihn war ihre zittrige Stimme jedenfalls ein Zeichen, sich sofort in Bewegung zu setzen. Einen Leihwagen hatte Tim schnell besorgt. Sie waren bei der Firma schon seit Jahren bekannt.
»Bist du auch nicht zu müde, Dad?« fragte Tim.
»Ach was. Diese kurze Strecke, und ich kenne sie doch«, erwiderte Robert. »Paß nur gut auf dein Schwesterchen auf«, scherzte er dann.
»Denkste, Schwesterchen«, konterte Tim. »Ich bin sehr froh, daß sie nicht meine Schwester ist.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. Wir haben halt den gleichen Geschmack«, meinte Robert schmunzelnd. Aber schnell wurde sein Gesicht wieder ernst. »Es wird Clarissa weh tun, daß Cindy eine andere Frau als Mutter liebgehabt hat«, sagte er.
»Es ist besser so, als wenn Lorring sie verschleppt hätte«, sagte Tim.
»Wirst du mit Cindy zum Friedhof gehen?« fragte sein Vater.
»Selbstverständlich, Dad. Ich lasse sie keine Stunde mehr allein «
»Und dein Studium hängst du an den Nagel?«
»Kommt doch nicht in Frage. Es gibt auch verheiratete Studenten.«
»Wir werden Cindy aber bei uns haben wollen, Tim. Du mußt es Clarissa zugestehen.«
»Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder zieht ihr nach München, oder wir kommen eben nach London.«
»Wir werden schon eine Lösung finden. Ein paar Wochen können wir in München bleiben, und dann… aber jetzt muß ich wirklich zu meiner Frau.«
Herzlich wurde Tim von seinem Vater umarmt. »Mein Junge, mein guter Junge«, sagte Robert, und tiefe Rührung schwang in seiner Stimme.
*
»Nun, was sagst du zu Dad?« fragte Tim, als er wieder oben in der Wohnung war.
»Er ist lieb. Ja, wenn man solchen Vater hat…«
»Dann taugt auch der Sohn etwas«, sagte er ohne zu überlegen.
»Und wie mag mein Vater gewesen sein?«
»Du hast eine sehr liebenswerte Mutter, Cindy«, erwiderte Tim. »Ist es nicht hübsch, daß unsere Eltern gleichzeitig auch unsere Schwiegereltern sind?«
Sie nickte. Dann aber sagte sie verhalten: »Ich weiß jetzt, wie sehr meine Mutter gelitten hat und