Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Wenn du es ablehnst, bekommst du gar nichts, und hier kannst du auch nicht mehr bleiben. Du kannst aber alles, was wertvoll ist, verkaufen und dir damit noch ein hübsches Polster schaffen. Ich denke, daß an die zweihunderttausend Euro dabei herauskommen.«
»Was seit Generationen in unserem Besitz ist?« fragte der Baron erregt. »Jetzt muß ich dich fragen, ob du den Verstand verloren hast!«
»Ich werde dir eine Liste bringen, was Herzöge, Fürsten und andere Adlige, sogar Könige verkauft haben, um überleben zu können«, sagte Adrian ruhig.
»Wie habe ich dich erzogen«, murmelte der Baron.
»Falsch, ganz falsch hast du mich erzogen. Ich bin ja jetzt erst erwachsen geworden. Ja, ich war dir ein gehorsamer Sohn. Ich wußte nicht, was hier vor sich geht. Du hast mir nie Einblick in die Bücher gestattet. Du hast mich immer behandelt wie einen dummen Jungen, und weil ich so erzogen wurde, wagte ich auch keinen Widerspruch. Doch damit ist es vorbei. Und nun bist du an der Reihe. Rede, handele!«
Mit steifen Knien und unsicheren Schritten ging der Baron auf die Wand zu, an der das Bild des ersten Baron von Cordes hing. Ein Raubritter war er gewesen. Aus dem Süden war er gekommen und hatte hier eine Fürstentochter gefreit. Als Adrian ein Kind gewesen war, hatte ihm das gewaltig imponiert. Aber niemals, bis zum heutigen Tage nicht, hatte er erfahren, daß sich hinter dem Bild ein Safe befand.
Die knochigen Finger des Barons tasteten über den Rahmen, und schon öffnete sich dieser wie eine Tür.
Der Baron lehnte sich mit ausgebreiteten Armen vor die Öffnung, als wolle er verteidigen, was sich darin befand.
»Nun sollst du erfahren, warum ich dieses Haus nicht verlassen will, mein Sohn«, sagte er. »Hilf mir, die Truhe herauszuheben. Ich kann es nicht allein.«
Adrian trat näher. Die Truhe war nicht sehr groß und aus Eichenholz, aber sie war schwer. Er brauchte viel Kraft, um sie auf den Boden zu heben, denn sein Vater hatte zu wenig, um das Gewicht auszugleichen.
Der Baron ging zum Schreibtisch und holte ein Schlüsselbund. Vier eiserne Schlösser mußten geöffnet werden, bis der Deckel sich heben ließ, und dann schloß Adrian die Augen, weil sein Vater zu kichern begann, denn obenauf erkannte Adrian das Bild seiner Mutter.
»Immer sind die Frauen der Cordes’ vor ihren Männern gestorben«, sagte der Baron theatralisch, »und immer wurde ihr Schmuck zu dem ihrer Vorgängerinnen gelegt. Das ist Tradition, mein Sohn. Zur Hochzeit hatte jede Cordes ein Diadem getragen, das vorher ihrer Schwiegermutter gehört hatte. Zur Geburt jeden Kindes bekam sie einen Ring, aber wenn sie starb, wurde auch der Schmuck, den sie im Laufe ihres Lebens geschenkt bekam, in diese Truhe gelegt. Aber niemals hat eine Bürgerliche ein Stück davon gesehen.«
Dann kniete er nieder und begann in den einzelnen Kästen zu wühlen. Perlen und Diamantcolliers verstreute er auf dem Teppich, Rubine und Saphire funkelten auf schwerem Gold.
»Du besitzt das und hast alles sonst verkommen lassen«, flüsterte Adrian fassungslos. »Das ist ein Vermögen, Vater. Damit hättest du alles retten können.«
»Nicht ein Stück wird verkauft. Niemand hat das getan. Es bleibt da, wo es ist, und deshalb werde ich dir alles überschreiben. Jetzt weißt du, warum ich es tue. Aber du wirst nicht diese Bürgerliche heiraten.«
»Du bist krank, Vater«, sagte Adrian, »aber dir ist wohl nicht zu helfen. Ich werde Susanne heiraten. Ich verzichte auf alles. Ich will sie nicht überleben, damit dieser Wahnsinn weitergetrieben wird. Und sie wird von all dem auch nichts haben wollen. Du kannst damit machen, was du willst. Hier hat es wahrscheinlich noch nie eine glückliche Frau gegeben, aber ich will, daß Susanne glücklich wird.«
»Du kannst doch nicht mit der Tradition brechen, Adrian!« stöhnte der Baron.
»Doch, das kann ich. Ich habe ein Recht auf mein Leben. Ich weiß jetzt, was du vorhattest. Ich sollte Susanne nur heiraten, damit der Besitz erhalten bleibt, und dann hättest du mit Hilfe von Tatjana alles getan, um sie wieder von mir zu trennen. Mein Gott, wie erbärmlich bist du. Verkauf dieses Zeug, und bezahle deine Schulden damit. Ich möchte nicht wissen, wieviel Frauentränen an diesem Schmuck kleben.«
Er ging zur Tür, und dort drehte er sich noch einmal um. Sein Vater kniete noch immer zwischen den verstreute Schmuckstücken am Boden, aber plötzlich warf er die Arme hoch und fiel rückwärts. Kein Laut war dabei über seine Lippen gekommen.
Es ist meine Schuld, dachte Adrian, als er zurückging und neben dem Bewußtlosen niederkniete. Er fühlte den Puls, aber der war nur ganz schwach. Er ging zum Telefon und wählte eine Nummer.
»Ich bitte dringendst um den Notarzt«, sagte er, als eine Stimme sich meldete. Er gab hastig die Adresse durch und legte den Hörer auf, dann ging er ganz mechanisch zu seinem Vater zurück, sammelte den Schmuck ein und schloß die Truhe. Er drückte auch das Bild an die Wand zurück. Die Truhe stand jetzt genau darunter, aber er sah das Bild seiner Mutter, das unter dem Arm seines Vaters lag. Er vermeinte, das irre Kichern zu vernehmen, und ein eiskalter Schauer rann ihm über den Rücken. Er steckte das Bild in seine Jackentasche, und da wurde schon geläutet.
Joseph hatte es natürlich nicht gehört, aber die Köchin Zenta kam angelaufen. Sie schlug die Hände klagend ineinander, als die Sanitäter die Trage ins Haus brachten. Sie war so alt und wunderlich wie Joseph, und Adrian hatte plötzlich das Gefühl, als sei das Haus ein einziges Grab.
»Was sollen wir denn jetzt tun«, jammerte Zenta.
»Ich komme zurück«, erwiderte Adrian, und doch hatte er den Wunsch, dieses Haus nie mehr betreten zu müssen.
*
Adrian war dem Krankenwagen nachgefahren, aber er hatte keine Annung, daß es die Behnisch-Klinik war, vor der dieser hielt.
Der Fahrer sprang heraus und sagte: »Es ist die nächste Kiinik, und Sie wollen doch sicher eine Privatklinik, Herr Baron.«
Adrian nickte wortlos, aber seine Augen wurden weit, als jetzt Susanne aus der Tür trat.
»Adrian, was ist?« rief sie entsetzt.
»Mein Vater ist zusammengebrochen«, erwiderte er rauh. »Wieso bist du hier?«
»Paps liegt doch hier, aber er wird morgen entlassen. Was ist mit deinem Vater?«
Geistesabwesend blickte Adrian an ihr vorbei. »Was ist das für ein seltsamer Zufall!«
»Was ist mit dir?« fragte sie ängstlich.
»Ich bin schuld, daß es soweit gekommen ist«, mumelte er. »Aber mir kommt es vor, als sei es nur ein böser Traum. Er ist wahnsinnig, sie müssen alle wahnsinnig gewesen sein, Susanne. Ich kann dich nicht heiraten, es wäre ein Frevel.«
»Willst du mir nicht sagen, was geschehen ist, Adrian?« fragte sie, sich zur Ruhe zwingend.
»Ich kann es nicht, jetzt nicht. Ich müßte wenigstens jetzt Mitleid mit ihm haben und vermag es nicht. Ich wollte doch nur, daß du glücklich wirst. Aber die Cordes bringen Unglück, Susanne.«
»Wir fahren jetzt heim, und du wirst dich beruhigen, Adrian«, sagte sie, tapfer die aufsteigenden Tränen unterdrückend.
»Ich muß mich doch erkundigen, was mit ihm ist«, sagte er gequält. »Man wird es erwarten.«
»Ich kenne die Ärzte, ich werde mich erkundigen«, sagte sie. »Setz dich, Adrian. Möchtest du etwas trinken?«
»Du bist so lieb, viel zu lieb und viel zu schade für einen Cordes«, flüsterte er.
»Ich liebe dich, und daran wird sich nichts ändern«, sagte sie leise, aber sehr bestimmt. Dann holte sie ihm ein Glas Wasser.
Sie setzte sich neben ihn und nahm seine Hand. »Später kannst du mir alles erzählen, Adrian. Ich frage jetzt Dr. Behnisch, was mit deinem Vater ist.«
Sie erfuhr, daß es ein Herzinfarkt war. Jenny Behnisch sagte es ihr.
»Er muß schon lange Herzbeschwerden gehabt haben«, erklärte die