Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
»Das kann man jetzt noch nicht sagen. Es stürmt jetzt ziemlich viel auf Sie ein, Fräulein Dittmar.«
»Es wäre schlimmer, wenn meinem Vater so etwas passiert wäre«, sagte Susanne leise. »Wenn etwas mit dem Baron ist, rufen Sie bitte mich an.«
Und das so kurz vor der Hochzeit, dachte Jenny Behnisch.
*
Franz und Erna sagten gar nichts mehr, als Susanne mit dem jungen Baron kam und sie ihn gleich zu ihrem Zimmer führte.
»Du legst dich jetzt erst mal hin, Adrian«, sagte Susanne energisch.
»Ich bin nicht krank. Ich muß es dir sagen, Susanne. Ich hätte gar nicht mit dir kommen dürfen.«
»Du tust geradeso, als wärest du an diesem Herzinfarkt schuld«, sagte sie.
»Das bin ich auch. Ich habe ihm einige Wahrheiten gesagt, die schlimm für ihn waren. Aber was ich erfahren habe, ist auch schlimm. Er ist nicht normal. Ich glaube, die Cordes’ waren alle nicht normal, und wenn du alles weißt, wirst du dankend darauf verzichten, den Letzten dieses Stammes zu heiraten.«
»Ich finde, daß du sehr normal bist«, erklärte sie.
»Es war gespenstisch«, flüsterte er. »Wie er da zwischen all den Juwelen saß… grauenhaft.«
»Juwelen?« fragte Susanne. »So rede doch, Adrian. Erzähle, was geschehen ist.«
Stockend begann er zu erzählen, und Susanne lauschte mit angehaltenem Atem.
»Er saß inmitten eines riesigen Vermögens, Susanne, und in seinen Augen brannte der Wahnsinn.«
»Oder nur die Angst, auch das zu verlieren, Adrian«, sagte sie nachdenklich. »Denk doch mal an die Kunstsammler. Sie geben auch ein riesiges Vermögen aus, wenn sie etwas haben wollen, und dann sperren sie es ein, keinem zugänglich, und denen ist es sogar egal, ob das Zeug geklaut ist oder nicht. So was billige ich nicht, Adrian, aber in bezug auf diesen Familienschmuck denke ich doch ein wenig anders. Nimm jetzt um Himmels willen nicht an, daß ich ihn haben will, aber ich sehe das so: Auch einfache Menschen hängen an gewissen Dingen, und die behüten und bewahren sie und möchten sie weitervererben. Ich weiß jetzt soviel über deinen Vater, daß mir klar ist, daß er nie eine richtige Beziehung zum Geld als Zahlungsmittel hatte. Als er jung war, hatte man eine ganz andere Einstellung.
Da gab es diese Standesunterschiede, Herren und Diener. Ich habe mich sehr viel damit befaßt, als ich dich kennenlernte, und viel darüber gelesen. Die Dittmars haben auch einen langen Stammbaum, aber sie waren immer Handwerker, bis Paps dann den Trend der Zeit erfaßte und aus dem, was er ererbt hatte, etwas machte. Aber dein Vater dachte wohl, es geht immer so weiter, und er bekam dann nicht mehr die treudienenden Arbeitskräfte, die alles in Schwung hielten und froh waren, ihr täglich Brot zu bekommen. Er sah dann alles unter seinen Fingern verrinnen, und nur etwas blieb ihm dann, wovon er sich nicht trennen wollte. Eigentlich ist das ein Zug an ihm, der mir außerordentlich sympathisch ist.«
»Der dir sympathisch ist?« staunte Adrian.
»Es gibt doch so viele, die alles vergeuden, denen nichts heilig ist.«
»Er hat aber in früheren Jahren auch munter drauflos gelebt, Susanne.«
»Als er noch bares Geld zur Verfügung hatte. Aber er hat bewahrt, was ihm wohl am wichtigsten erschien. Und das wollte er an dich weitergeben, damit du es auch bewahrst.«
»Aber du solltest es nicht bekommen, nicht meine bürgerliche Frau«, begehrte Adrian auf.
»Nun, vielleicht dachte er dabei, daß Paps schon genug von seinem Besitz hätte. Ich nehme das nicht so tragisch. Er war in einem desolaten Zustand, da redet man wohl manches daher. Wir können ja mal Professor Emmrich fragen, was er dazu meint.«
»So nüchtern siehst du das, Susanne?«
»Soll ich mich aufregen? Du hast dich doch schon genug aufgeregt. Ich kann es doch nicht hinnehmen, daß du erblich belastet sein sollst. Jeder Mensch hat seine Eigenheiten. Es
gibt Geizkragen und Verschwender, Arbeitstiere und Faulpelze, Großzügige und Kleinliche, es gibt Optimisten und Pessimisten. Ich gehöre zu den
Optimisten. Ich ärgere mich manch-
mal sehr, aber ich bin nicht nachtragend. Ich habe an dir gezweifelt,
Adrian, das gebe ich zu, aber nun zweifle ich nicht mehr. Wir werden alles gemeinsam durchstehen. Vielleicht kommt dein Vater doch noch zur Einsicht, wenn er die Krise überwunden hat.«
»Wenn er überlebt«, sagte Adrian leise.
»Er ist zäh«, sagte Susanne.
Ja, er war zäh, der Baron Aribert. Schon am Abend kam er zu sich und fragte nach seinem Sohn. Jenny Behnisch rief Susanne an, und sie begleitete Adrian zur Behnisch-Klinik. Sie wußte, daß sie die Stärkere war, daß Adrian sie brauchte. Und besser konnte sie ihm ihre Liebe auch nicht beweisen.
Vinzenz Dittmar hatte währenddessen schon von Dr. Jenny Behnisch gehört, was sich zugetragen hatte. Er wanderte in seinem Zimmer umher und dachte nach. Dann stand er lange Zeit in Gedanken versunken am Fenster. Er sah Adrian und Susanne vom Parkplatz herüberkommen, zog seinen Hausmantel an und ging ihnen entgegen.
»Du solltest schlafen, Paps«, sagte Susanne etwas stockend.
»Ein bißchen viel verlangt, bei allem, was mir durch den Kopf geht«, brummte er. Er drückte Adrian die Hand. »Wir haben deinem Vater wohl ein bißchen zu sehr zugesetzt. Ist er ansprechbar?«
Adrian nickte. »Man ließ mich rufen.«
»Dann sag ihm, daß er wohnen bleiben soll, aber er muß sich einverstanden erklären, daß das Haus renoviert wird. Für euch wird sich schon eine andere Bleibe finden lassen. Wir werden das in Ruhe überlegen.«
»Danke«, sagte Adrian, dann küßte er Susanne schnell auf die Stirn. »Du kannst dem Paps alles erzählen, Liebes. Ich komme dann nachher und hole dich.«
*
Das Gesicht des Barons schien nur aus Haut und Knochen zu bestehen, wie eine Maske lag es auf dem Kopfkissen.
»Ich weiß nicht, wie es passieren konnte«, flüsterte er schleppend. »Das Herz will nicht mehr, Adrian. Es ist müde.«
»Es wird schon wieder besser, Vater. Vinzenz läßt dir sagen, daß du wohnen bleiben kannst. Du wirst eine längere Kur machen, und dann wird das Haus renoviert. Du willst doch, daß es erhalten bleibt.«
»Ich werde es wohl nicht mehr brauchen. Du bist der letzte Cordes, Adrian, daran will ich dich erinnern. Du darfst den Namen nicht ablegen. Versprich mir, daß du es nicht tun wirst.«
»Ich verspreche es dir, Vater. Es sind harte Worte gefallen, aber…«
»Auch von mir«, fiel ihm der Kranke ins Wort. »Bring die Truhe in Sicherheit. Wenn ich nicht mehr bin, kannst du damit machen, was du willst. Eine neue Zeit ist angebrochen. Ich habe es endlich begriffen. Das wollte ich dir sagen.«
»Und vielleicht kommt nun eine bessere Zeit für dich, wenn du dich dem Fortschritt nicht mehr verschließt, Vater.«
»Ist es nicht schon zu spät? Ich habe zu viele Fehler gemacht. Meine törichte Einstellung…«
»Sprich nicht so viel. Du brauchst Ruhe.«
Da kam auch schon Dr. Behnisch mit einer Injektion.
»Jetzt soll unser Patient wieder schlafen«, sagte er freundlich. »Dann geht es morgen bestimmt gleich noch besser.«
Er nickte Adrian aufmunternd zu, und selbst auf dem eingefallenen Gesicht des Barons erschien ein schattenhaftes Lächeln.
»Ein optimistischer Doktor«, murmelte er. »Dann kommst du morgen wieder, Adrian?«
»Ja, gewiß, Vater. Schlaf gut.« Aber der Kranke war schon eingeschlafen.
»Wir