Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
Menschen sind verschieden, mein Schatz. Was machen wir nun mit der Truhe?«
»Wir stellen sie dorthin, wo sie immer stand, falls du so viel Kraft aufbringst, sie da hinaufzuhieven und ich den Mechanismus finde, der das Sesam öffne dich bedeutet.«
Das dauerte zwar ziemlich lange, aber er fand ihn, und Susanne riß die Augen weit auf.
»So was gibt es tatsächlich«, staunte sie. »Wenn ich in Romanen davon las, wünschte ich mir immer, daß wir auch so etwas haben könnten, aber Paps hat seine Stahlschränke. Ich finde das toll. Und davon hast du auch keine Ahnung gehabt?«
»Bis heute nicht. Da siehst du mal, wie die Cordes’ ihren Söhnen vertrauten. Es hätte ja auch sein können, daß Vater ganz plötzlich gestorben wäre. Dann hätte ich das nie erfahren. Das Geheimfach wäre dann wohl erst entdeckt worden, wenn das Haus abgerissen worden wäre.«
»Es wird nie abgerissen«, sagte Susanne. »Und bestimmt hätte sich ein Hinweis gefunden, daß es dieses Geheimfach und die Truhe gibt. Bei so viel Tradition denkt doch ein Cordes an alles.«
»Kluges Mädchen«, sagte er jetzt lächelnd.
»Ich habe einen sehr cleveren Vater, im Gegensatz zu dir«, sagte sie. »Ich habe dir doch schon gesagt, daß du keinen besseren Lehrmeister finden kannst.«
»Hoffentlich enttäusche ich ihn nicht.«
»Wenn du ein hoffnungsloser Fall wärest, hätte Paps niemals ja gesagt zu unserer Ehe, das darfst du glauben, Adrian. Ich bin ihm doch mehr wert als ein Seegrundstück und ein paar Wiesen und Felder, und der Name allein macht es auch nicht. Er mag dich.«
»Da habe ich aber wirklich Glück gehabt«, sagte Adrian. »Alles, was nicht gut war, werden wir vergessen.«
»Ganz schnell«, flüsterte sie. »Darin habe ich ein ganz besonderes Talent, liebster Adrian.«
*
Vinzenz war daheim, und im Befinden des Barons war eine erstaunliche Besserung eingetreten. Er war derzeit zufriedener und auch friedlicher als Vinzenz.
Der grollte, weil Melanie jetzt keine Zeit für ihn hatte. »Fang bloß nicht wieder an mit der Meckerei, Paps«, sagte Susanne warnend. »Mami muß die Kleider für Professor Emmrichs Fest fertigbringen. Die Zeit vergeht so schnell.«
Ja, das empfanden sie alle, und der große Tag stand schon vor der Tür. Melanie war nicht zu bewegen gewesen, die Einladung anzunehmen, und Lore hatte Verständnis für ihr Argument. Acht Kleider aus ihrem Salon würden vertreten sein, und die beiden schönsten waren die von Fee Norden und Lore. Die beiden hatten ja auch den besten Geschmack, aber Melanie konnte sich recht gut vorstellen, wie die anderen, die nie genau wußten, was sie eigentlich wollten, dann untereinander tuscheln würden. Es genüge, wenn Susanne und Adrian die Familie vertreten würden. Sie hatte sich für diesen Abend schon etwas anderes vorgenommen, und dabei steckte sie wieder einmal mit ihrer Tochter unter einer Decke.
»Du kannst deinem lieben Paps ja ein bißchen Dampf einlassen«, sagte sie. »Er soll jetzt mal den Weg zu mir finden. Du wirst das schon irgendwie deichseln, Kleines.«
»Er traut sich bloß nicht, Mami. Da ist er wie ein Schulbub. Er hat doch so wahnsinnigen Respekt vor dir, wie du alles so elegant über die Bühne bringst.«
»Bei deinem Schwiegervater scheine ich nicht den besten Tag gehabt zu haben«, sagte Melanie seufzend. »Er war von mir keineswegs beeindruckt.«
»Vielleicht zu sehr, aber bevor er etwas zugab, mußte er erst mal einen Herzinfarkt kriegen. Jetzt kommt
Adrian schon ganz gut mit ihm zurecht.«
»Bevor er dich nicht regelrecht kniefällig um Verzeihung bittet, bin ich zu keinem Zugeständnis bereit«, sagte Melanie.
»Stur wie immer«, sagte Susanne. »Ich bin da anders. Warum soll man sich und damit auch andern das Leben schwermachen. Eins habt ihr mit eurer Scheidung erreicht bei mir. Ich bin tolerant geworden. Aber ich bin auch nicht von dem Ehrgeiz besessen, unbedingt emanzipiert zu sein. Ich werde meinem Mann immer das Gefühl geben, daß er der Herr im Hause ist.«
»Adrian läßt sich ja auch von dir um den Finger wickeln. Das hätte ich niemals für möglich gehalten.«
»Gewußt wie«, sagte Susanne mit einem schelmischen Lachen.
»Soll es nun bei dem Hochzeitstermin bleiben?« erkundigte sich Melanie noch, als Susanne schon wieder enteilen wollte.
»Ich denke schon. Es könnte ja sein, daß es mir sonst so geht wie Dotty, und ich in mein Hochzeitskleid nicht mehr hineinpasse. Aber keine Aufregung, Mami, gar so schnell nimmt man nicht zu. Tschüs!«
»Susanne«, rief Melanie atemlos.
»Keine Zeit mehr, Mami. Trink ein Schlückchen Sekt.« So einfach war es bei ihr, und Melanie konnte nicht anders, sie mußte lachen. Daß ihr dabei die Tränen kamen, war nur darauf zurückzuführen, daß eine tiefe Rührung von ihr Besitz ergriff.
Dieses Kind, dachte sie, nie hat sie uns Sorgen bereitet, nie hat sie uns Vorwürfe gemacht. Ihr müßt wissen, was für euch gut ist, hat sie immer gesagt. Und so wird sie auch wissen, was für sie selbst gut ist. Und dann faßte sie einen heroischen Entschluß. Sie rief ihren Mann an.
Sie spürte, wie er den Atem anhielt, wie seine Stimme zitterte, als er ihren Namen aussprach.
»Ich will dir einen Vorschlag machen, Vinzenz«, sagte sie. »Wenn bei den Emmrichs das Fest steigt, könntest du doch mal zu mir kommen, wenn es dich nicht zuviel Überwindung kostet. Dann habe ich den Streß hinter mir, und wir könnten über die Hochzeit reden.«
»Ich komme gern, Melanie«, erwiderte er, nichts weiter. Die Freude schnürte ihm die Kehle zu. Als Susanne heimkam und beim Kaffeetrinken dann ganz beiläufig sagte: »Eigentlich könntest du Mami ja mal einen Anstandsbesuch machen, da sie dich ja auch nicht im Stich gelassen hat«, erwiderte er. »Nett, daß du mich daran erinnerst. Ich werde sie besuchen, wenn ihr auf dem Fest von Emmrich seid.«
»Und die Idee ist deinem weisen Haupt entsprungen?« scherzte sie ungläubig.
»Der Vorschlag kam von Melanie«, gab er ehrlich zu. »Es hat mich sehr gefreut. Ich will mich ja nicht aufdrängen. Es hätte ja auch sein können, daß sie mit euch geht.«
Mami muß es loswerden, daß sie Großmutter wird, ging es Susanne durch den Sinn, und sie lachte leise. »Warum lachst du?« fragte ihr Vater.
»Das wirst du ganz bestimmt von Mami erfahren. Gedulde dich noch den einen Tag, Paps.«
»Habt ihr etwas ausgeheckt? Mit mir könnt ihr es ja machen.«
»Ich möchte Mami nur die Freude nicht verderben, dein Gesicht zu sehen«, sagte Susanne. Und erst recht war sie auf Adrians Gesicht gespannt, aber ihm wollte sie es erst nach dem Fest sagen.
*
Da kam es dann so, wie Melanie es vorausgesehen hatte. Die Schönste war Fee, die Dezenteste und zugleich Vornehmste war Lore. Susanne und Dotty drängten sich nicht in den Vordergrund. Es wurde getuschelt, nachdem die Gratulationscour beendet war, aber dann verkündete Professor Emmrich die Verlobung seiner Tochter mit Jürgen Richter, und da gab es dann noch anderen Grund zum Tuscheln, als über die Roben der Damen. Und natürlich blieben dabei auch Susanne und Adrian nicht unbeachtet. Aber was machte es ihnen aus!
Sie freuten sich mit Dotty und Jürgen, und der taute doch tatsächlich auf und bewies, daß er auch Humor besaß. Er war überglücklich, daß er von seinen Schwiegereltern so herzlich aufgenommen worden war, und daß sie sich gemeinsam auf das Baby freuen konnten. Es wurde ein gelungenes Fest, und als sie heimwärts fuhren, fragte Adrian: »Ob deine Eltern auch so tolerant wären, wenn wir sie schon vor der Hochzeit mit einem Baby beglücken würden?«
»Das werden wir sehr bald erfahren, mein Schatz«, lachte Susanne. »Ich nehme an, daß dies das Gesprächsthema zwischen ihnen am heutigen Abend gewesen sein wird.«
Adrian