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Das gefallene Imperium 8: Auf Leben und Tod. Stefan BurbanЧитать онлайн книгу.

Das gefallene Imperium 8: Auf Leben und Tod - Stefan Burban


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      Cest fixierte durch das einseitig durchsichtige Glas den Mann unter ihnen. Der Häftling, der von sich behauptete, Daniel Red Cloud zu sein, tigerte in der Zelle auf und ab. Er wirkte von Kopf bis Fuß wie der Soldat, der sie kurz nach dem Ende des Drizilkrieges verlassen hatte. Und dennoch fiel es jedem schwer, dies auch nur ernsthaft in Betracht zu ziehen.

      »Die Gentests sprechen eine eindeutige Sprache«, meinte Cest schließlich. »Es ist Daniel Red Cloud. Genetisch gesehen.«

      Der letzte Einwand veranlasste Carlo, sich dem Professor zuzuwenden. Er runzelte die Stirn. »Sie haben Zweifel?«

      »Sie nicht?«, fragte Cest, ohne Carlos Blick zu erwidern. Die Augen des wissenschaftlichen Genies blieb weiterhin fest auf den Mann unter ihnen gerichtet. »Faszinierend«, erklärte Cest schließlich nach einigen Augenblicken. Er sprach in so sanftem Tonfall, dass Carlo schnell klar wurde, dass der Mann nicht länger zu ihm redete, sondern vielmehr Selbstgespräche führte, um seine Gedanken in eine für ihn selbst verständliche Form zu bringen. »Hier haben wir ein äußerst spannendes Rätsel. Eines, wie ich es schon sehr lange nicht mehr entschlüsseln durfte. Ein Mann, der vor über dreißig Jahren verschwunden ist und nun in einem Jäger des Feindes zurückkehrt.« Cest wandte sich endlich Carlo zu. »Einem gestohlenen Jäger, wie er selbst behauptet.«

      Carlo nickte nachdenklich. »Wo war er all die Jahrzehnte? Was hat er getan? Warum kommt er ausgerechnet jetzt zurück? Und warum ausgerechnet in einem Hinradyjäger?«

      »Das sind die Fragen, die es zu ergründen gilt«, stimmte Cest zu.

      Carlo straffte seine selbst im Alter noch muskulöse Gestalt. »Ich will mit ihm sprechen.«

      Cests Kopf zuckte so ruckartig zu ihm herum, dass Carlo sich einbildete, die Nackenwirbel des Wissenschaftlers knacken zu hören. »Das halte ich für eine schlechte Idee. Wir haben keine Ahnung, wer – oder was – das dort unten ist.«

      »Ein Grund mehr, mit ihm zu sprechen.«

      Cests Miene verkrampfte. »Er könnte ein Spion sein. Oder schlimmer noch: ein Attentäter. Nach allem, was wir über die Nefraltiri wissen, ist es sehr gut möglich, dass er nicht einmal selbst weiß, zu welchem Zweck er zu uns geschickt wurde.«

      Carlos Miene verdüsterte sich. »Sie glauben also, dass die ihn uns zurückgeschickt haben.«

      »Es gibt dafür keinerlei Beweise, aber … ja, mein Gefühl sagt mir, dass unsere Widersacher dahinterstecken. Es ist das Einzige, was wirklich Sinn ergibt. Und das Timing ist sehr verdächtig.«

      »Ein Grund mehr, um mit ihm zu sprechen.«

      Cest öffnete den Mund, um aufzubegehren. Carlo erstickte jedoch jeden Einwand bereits im Keim, indem er schlicht die Hand hob. »Falls er als Attentäter hier ist, dann sicher nicht, um mich umzubringen. Für die Kriegsanstrengungen bin ich nicht nur entbehrlich, sondern sogar völlig unwichtig.«

      Ohne ein weiteres Wort drehte sich Carlo um und stapfte durch die Tür. Bevor er sie hinter sich schloss, hörte er noch Cests Stimme. »Sie haben Ihren Wert schon immer unterschätzt, alter Mann.«

      Die Bemerkung zauberte ein schmales Lächeln auf sein Gesicht. Carlo schritt die Treppe hinab, bis er vor einer verstärkten Stahltür stand. Vor dieser hielt ein Feuertrupp der 18. Gardelegion in voller Kampfmontur stille Wacht.

      Carlo nickte dem Truppführer zu. Dieser öffnete nach kurzem Zögern die Tür. Er erlaubte dem ehemaligen Legionsgeneral allerdings erst dann, die Quarantänezelle zu betreten, nachdem sein kompletter Feuertrupp bereits eingetreten war.

      Carlo folgte in einem entsprechenden Sicherheitsabstand. Ihm fiel auf, dass die Legionäre ihre Waffen entsichert hatten. Fünf Nadelgewehre zielten auf Daniel Red Clouds Kopf und Brust. Ganz egal, wer oder was er war beziehungsweise aus welchem Grund er gekommen war, diese Feuerkraft würde der Mann nicht überleben, falls er sich irgendwelche Schwachheiten einbildete.

      Bei seinem Eintreten hatte sich Daniel Red Cloud bereits der Tür zugewandt. Sobald er Carlo Rix erkannte, stand er stramm und salutierte mit einem Schlag der geballten rechten Faust auf die linke Brustseite. Ein fast unmerkliches Lächeln zog die Mundwinkel des ehemaligen Legionärs nach oben.

      Carlo blieb im Türrahmen stehen und musterte sein Gegenüber eingehend. Seine Miene blieb ernst, auch wenn sein Herz beim Anblick des Mannes vor ihm zu jubilieren begann. Es war schwer, sich der Magie dieses Augenblicks zu erwehren. Hier stand ein Mann, den er lange gekannt und mit dem er einen langen Weg zurückgelegt hatte.

      Ganz egal, wer ihn geschickt hatte und zu welchem Zweck, ihm gegenüber stand Daniel Red Cloud. Carlo erinnerte sich noch gut an die Schlachten, die sie zusammen geschlagen hatten. Sein Herz wurde schwer vor Trauer. Gut möglich, dass die Nefraltiri ihn gerade deshalb wieder zurückgeschickt hatten. Um nostalgische Gefühle bei den Menschen auszulösen, die Daniel Red Cloud gekannt hatten. Wer ihn kannte, würde vielleicht zögern abzudrücken, sodass Daniel zuerst zuschlagen konnte.

      Carlo stutzte innerlich. Instinktiv hatte er gerade die Frage, die er Cest gestellt hatte, selbst beantwortet. Im Prinzip glaubte er nicht daran, dass hier wirklich Daniel vor ihm stand. Die Nefraltiri nutzten alle Waffen, die sie besaßen. Und menschliche Gefühle gehörten dazu. Sie wussten vielleicht selbst nicht viel mit ihnen anzufangen, aber sie verstanden sich darauf, sie zu manipulieren. Carlos Miene versteinerte. Nein, hier stand nicht Daniel Red Cloud vor ihm. Es war ihm egal, was die Gentests über die DNS des Wesens aussagten, das sich im selben Raum mit ihm befand. Die Nefraltiri besaßen sicherlich die Möglichkeit, derartige Tests zu verfälschen. Das war nicht Daniel Red Cloud. Er konnte es nicht sein. Es war schlichtweg unmöglich. Unter dieser neuen Prämisse näherte sich der Exgeneral dem Häftling. Trauer drohte für einen Augenblick ihn fortzuspülen, denn im Umkehrschluss bedeutete dies, dass Daniel tot war.

      Carlo schluckte. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte in diesem Moment den Feuerbefehl gegeben, damit die Legionäre das Wesen vor ihm einfach niederstreckten. Die Versuchung war groß. Stattdessen zwang er sich zu einem freundlichen Lächeln. »Bitte lassen Sie uns allein.«

      »Sir? Sind Sie sicher?« Der Truppführer der Gardelegionäre wandte sich ihm zu. Der Helm war geschlossen, sodass Carlo dessen Mimik nicht sehen konnte, aber die Stimme verriet genug. Der Mann war überzeugt, Carlo würde einen Fehler machen. Vielleicht hatte er recht.

      Carlo nickte. »Schließen Sie bitte die Tür hinter sich«, wies er die Legionäre abschließend an. Die Männer zögerten immer noch. Es war ihnen zuwider, einen Mann, den sie für eine lebende Legende hielten, mit einer potenziellen Bedrohung allein zu lassen. Sie hatten aber einen eindeutigen Befehl erhalten. Langsam und gemächlich zogen sie sich aus dem Raum zurück. Die Tür blieb jedoch unverschlossen und lediglich angelehnt. Es würde ein Ruf genügen und die Legionäre stünden wieder im Raum, um das Wesen mit Projektilen zu spicken. Der Gedanke war beruhigend. Auch wenn sich Carlo sicher war, dass für ihn im Bedarfsfall jede Hilfe zu spät kommen würde.

      »General«, grüßte Daniel, den Kopf respektvoll neigend.

      »Nur Carlo«, bot der ehemalige General an. »Meine Militärzeit ist lange vorbei.« Er deutete auf eines der bequemen Sofas, mit denen die Quarantänezelle ausgestattet war. »Wollen wir uns setzen?«

      Daniel nickte und setzte sich auf eines der Möbelstücke, Carlo auf das diesem gegenüberstehende. Auch nachdem er sich gesetzt hatte, kam er nicht umhin, das Gesicht seines Gesprächspartners eindringlich zu mustern. Er suchte nach Anzeichen des Mannes, den er vor so langer Zeit gekannt hatte. Irgendeinem Anzeichen. Carlo lehnte sich zurück. Er fand zu viele davon. Das war das Problem.

      »Ich bin es«, erklärte der Mann schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit.

      Carlo machte eine verkniffene Miene. »Das würde ich zu gerne glauben.«

      Daniel senkte den Blick. »Ich kann Ihr Misstrauen sehr gut nachvollziehen. Gibt es eine Möglichkeit, meine ehrenvollen Absichten zu beweisen?«

      Carlo rutschte auf dem Möbelstück unbehaglich hin und her. »Nun, Sie könnten damit anfangen, mir von Ihrer Reise zu berichten.


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