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Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Paket 4 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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dass Lucie Beatrix’ Tochter war – und das war nun nicht mehr geheimzuhalten –, würde Lucie das Erbe ihrer Mutter zufallen.

      Plötzlich sagte Wendelin: »Was habt ihr eigentlich mit Beatrix gemacht? Ich glaube nicht, dass sie an einer Lungenentzündung gestorben ist. Ich werde eine Exhuminierung beantragen …«

      »Mach dich nicht lächerlich«, unterbrach Lydia ihn ziemlich gleichgültig. »Beatrix ist eines natürlichen Todes gestorben. Uns kann man keine Schuld geben. Sie ist bei Lucies Geburt gestorben.«

      Es dauerte nicht lange, bis ein Polizeiwagen eintraf. Wendelin, der noch immer Lucie in den Armen hielt, erklärte den Sachverhalt. Lydia protestierte lautstark, doch da war der Hundebesitzer, der ihre unbedacht geäußerten Worte über Lucies Betäubung nicht vergessen hatte. Obwohl sich Lydia sträubte, und einen solchen Wirbel inszenierte, dass sich die umliegenden Fenster öffneten und neugierige Leute heraussahen, wurde sie festgenommen.

      Nachdem Wendelin sich ausgewiesen hatte, durfte er den Schauplatz mit Lucie verlassen. Er bettete das Kind, dessen Bewusstlosigkeit in einen sanften Schlaf übergegangen war, vorsichtig auf den Rücksitz seines Wagens. Lucie murmelte ein paar unverständliche Worte und kuschelte sich unter Wendelins Rock.

      Wendelin trat die Heimfahrt an. Er fuhr noch viel langsamer als am Nachmittag, immer darauf bedacht, Lucie nicht zu wecken und zu verängstigen. Doch als er einmal anhielt, erwachte Lucie und brach sofort in schrilles Weinen aus.

      »Lucie, mein kleiner Liebling, warum weinst du?«, fragte er zärtlich.

      Lucie blinzelte. Die Stimme, die sie vernommen hatte, war nicht die gewesen, die sie fürchtete … »Tante Lydia?«, flüsterte sie angstvoll.

      »Tante Lydia ist nicht da. Du wirst sie nie mehr wiedersehen. Das verspreche ich dir«, sagte Wendelin.

      »Da bin ich aber froh.« Lucie seufzte erleichtert auf.

      »Ich bin auch froh«, sagte Wendelin ernst.

      »Tante Lydia ist böse. Großmutter ist nicht so böse, aber sie hat gesagt, wenn ich schlimm bin, kommt Tante Lydia. Aber ich war nicht schlimm. Bei der Huber-Mutter war ich nicht schlimm. Aber Tante Lydia hat mich in ihr Auto gezerrt …«

      »Sie wird es nie wieder tun. Ich werde es ihr nicht erlauben«, beschwichtigte Wendelin das Kind. »Vergiss Tante Lydia und auch deine Großmutter.«

      Doch dazu war Lucie noch nicht fähig. Zu frisch war die Erinnerung an den erlebten Schrecken. »Ich hatte Angst, dass Großmutter mich wieder in das Zimmer einsperrt«, vertraute sie Wendelin an. »Sie hat mich fast immer eingesperrt. Aber das hat mir nicht gefallen. Dann bin ich davongelaufen.«

      »Wie hast du das gemacht?«, erkundigte sich Wendelin behutsam.

      »Ich war im Garten, und Großmutter ist ins Haus gegangen. Im Garten war ein Loch.«

      »Ach, du meinst, in der Hecke war eine Lücke. Oder meinst du die abgebrochenen Gitterstäbe?«

      »Ja«, murmelte Lucie und gähnte.

      »Du wirst nicht mehr eingesperrt werden«, versprach Wendelin. »Jetzt brauchst du dich nicht mehr zu fürchten. Du bist bei mir und in Sicherheit.«

      »Ich will zu Gisela«, verlangte Lucie.

      Wendelin lächelte. »Heute ist das nicht mehr möglich«, sagte er. »Du musst dich mit meiner Gesellschaft zufriedengeben. Aber morgen …, morgen werden wir Gisela fragen …«

      *

      Es war schon sehr spät, aber Wendelin war überzeugt, dass Gisela sich über den Anruf, der sie über Lucies Schicksal aufklärte, freuen würde.

      So war es auch. Gisela fiel ein Stein vom Herzen, als sie erfuhr, dass Lucie bei ihrem Vater war.

      Später mischte sich jedoch ein wenig Trauer in ihre Erleichterung. Gewiss, Lucie war bei ihrem Vater geborgen und in Sicherheit, aber sie selbst hatte das Kind so lieb gewonnen, dass ihr der Verzicht auf Lucie nun schwerfiel. Doch daran gab es nichts zu rütteln. Lucie gehörte zu ihrem Vater. Sie selbst hatte in Lucies Leben nichts mehr zu suchen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zurückzuziehen und zu vergessen. Und was Wendelin betraf …

      Gisela zog die Decke über den Kopf und zwang ihre Gedanken in eine andere Richtung. Da die Sorge um Lucie gegenstandslos geworden war, hätte sie eigentlich beruhigt schlafen können. Sonderbarerweise war das jedoch nicht der Fall. Sie lag ruhelos in ihrem Bett und fand erst gegen Morgen ein wenig Schlaf.

      Anja wunderte sich beim Frühstück über das schlechte Aussehen ihrer Kusine. »Du hast Ringe unter den Augen«, stellte sie besorgt fest.

      »Ich habe schlecht geschlafen«, erwiderte Gisela leise.

      »Aber wieso? Mit Lucie ist doch alles in Ordnung. Herr Schulte hat mitten in der Nacht angerufen, um dich zu beruhigen.«

      »Ja«, bestätigte Gisela. Dann verfiel sie in ein trübsinniges Schweigen.

      Anja beobachtete sie nachdenklich, sagte jedoch nichts mehr.

      Am Vormittag kam Wendelin Schulte mit Lucie. Das Kind warf sich in Giselas Arme und rief glücklich aus: »Jetzt bin ich wieder bei dir, meine liebste Gisela.«

      Gisela geriet in Verlegenheit. Was sollte sie Lucie antworten? »Die Huber-Mutter war auch sehr besorgt um dich«, murmelte sie schließlich ausweichend. »Wollen wir sie aufsuchen, damit du dich von ihr verabschieden kannst?«

      »Verabschieden?«, fragte Lucie verständnislos.

      »Ja. Nun hat sich doch alles geändert, und du …«

      »Darüber müssen wir noch ausführlich sprechen«, fiel Wendelin Gisela hastig ins Wort. »Ich bin jedoch wie du der Meinung, dass wir zuerst einmal die Huber-Mutter aufsuchen sollten. Sie soll sich davon überzeugen, dass Lucie gesund und munter ist.«

      Sie machten sich also zu dritt auf den Weg nach Sophienlust. Lucie hatte ihre kleine Hand in Giselas Hand geschoben, während sich die beiden Erwachsenen bemühten, ihre Schritte denen des Kindes anzupassen.

      Wendelin räusperte sich, doch als er dann sprach, klang seine Stimme trotzdem ein wenig belegt. »Ich will eigentlich nicht, dass sich Lucie schon heute von der Huber-Mutter verabschiedet«, sagte er. »Ich habe vor, sie noch in Sophienlust zu lassen, bis …«

      »Bis?«, fragte Gisela leise.

      »Bis zu unserer Hochzeit«, platzte er heraus.

      Gisela blieb entgeistert stehen.

      »Soll …, soll das ein Witz sein?«

      »Nein, nein«, versicherte er schnell. »Glaubst du, ich würde über ein derart ernstes Thema Witze machen? Gisela, willst du meine Frau werden?«

      »Ich …, ich habe nie die Absicht gehabt, zu heiraten. Ich habe nie gedacht das …«

      Verwirrt brach sie ab.

      »Ich habe auch nicht die Absicht gehabt, mich in dich zu verlieben«, erwiderte er etwas schroff. »Aber es ist trotzdem geschehen. Und ich habe angenommen … Es hat so ausgesehen … Du wirkst immer so freundlich und mitfühlend …« Wendelin kam fast ins Stottern. »Vielleicht habe ich das missverstanden, und du verhältst dich zu jedem so.«

      »O nein. Nicht zu jedem«, entgegnete Gisela empört. »In Wirklichkeit zu keinem.« Sie fühlte, wie ihr abwechselnd heiß und kalt wurde. Warum benahm sie sich so töricht?

      Wendelin bereitete dem ein Ende, indem er Gisela in seine Arme nahm und küsste. Lucie beobachtete den Vorgang voll Interesse, ohne etwas dagegen einzuwenden. Sie selbst hatte Gisela schon oft genug geküsst, warum sollte Wendelin nicht das Gleiche tun?

      Gisela befreite sich schließlich aus seiner Umarmung und seufzte vorwurfsvoll. »Wendelin! Mitten auf der Straße!

      Er ließ sie los, bat jedoch: »Du bist doch damit einverstanden, dass wir bald heiraten? Lucie hat drei Jahre lang die Geborgenheit eines Elternhauses vermissen müssen. Sie soll nun bald eine Mutter und einen Vater


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