Sophienlust Paket 4 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.
auch sehr viel lieber bei dir«, flüsterte sie in den Apparat. »Leider muss ich gleich in eine wichtige Konferenz. Nachher steht ein Essen mit zwei Herrn aus Paris auf dem Terminkalender, und heute Abend findet bei mir die übliche Party statt.«
»Ich bin auf jedes männliche Wesen eifersüchtig, das mit dir reden darf.«
»Was soll ich da erst sagen? Du bist noch mit deiner Frau verheiratet und zögerst die Scheidung absichtlich in die Länge.«
»Rita – das ist nicht wahr!«
»Schon gut. Ich wollte dir nur klarmachen, dass ich mehr Grund zur Eifersucht und Ungeduld habe als du. Schluss jetzt. Da kommt eben ein Ferngespräch für mich auf der anderen Leitung.«
Sie legte so schnell auf, dass er ihr nicht einmal ein zärtliches Abschiedswort sagen konnte. Es verblüffte ihn immer wieder von neuem, wie blitzschnell sie umschalten konnte, wenn es um ihr Geschäft ging.
Langweilig wird es nicht werden mit Rita, dachte er und brauchte seinerseits volle fünf Minuten, ehe er sich wieder ganz auf seine berufliche Arbeit zu konzentrieren vermochte.
*
Lilo saß unschlüssig beim Telefon und griff mehrmals nach dem Hörer, ehe sie sich entschloss, ihn aufzunehmen. Zögernd wählte sie die Nummer des Hotels, in dem Klaus Magnus wohnte. Schon zweimal hatte sie vergeblich versucht, den Freund zu erreichen.
Ihre Stimme war unsicher, als sie nach Klaus Magnus fragte. Auch diesmal erhielt sie vom Portier die Auskunft, dass Herr Magnus weggefahren sei.
»Wann wird er zurückkommen?«, erkundigte sich Lilo hastig.
Herr Magnus habe nichts Bestimmtes hinterlassen. Dürfe er etwas ausrichten, fragte der Hotelangestellte höflich.
»Nein, danke, das ist nicht nötig. Herr Magnus wird sich direkt mit mir in Verbindung setzen«, stieß Lilo hervor und legte auf.
Die Gedanken gingen ihr wirr durch den Kopf. Was war nur geschehen? Sicherlich kommt er heute Abend, versuchte sie sich zu trösten. Er weiß doch, dass Siegfried nichts dagegen hat. Es muss etwas geben, was ihn im Augenblick voll in Anspruch nimmt. Aber müsste er mich nicht wenigstens verständigen?
Lilo blieb neben dem Telefon sitzen und stützte den Kopf in die Hand. Sie konnte an nichts anderes mehr denken. An dem Abend als Siegfried von Rita Hellmann gesprochen und sie um die Scheidung gebeten hatte, war ihr diese Lösung logisch und gut erschienen. Plötzlich hatte es einen Ausweg gegeben. Sie hatte zu Klaus Magnus gehört, und Siegfried hatte sich für Rita Hellmann entschieden. Nicht einmal wegen Jochen hatte es Unstimmigkeiten gegeben, denn Siegfried hatte freiwillig auf den Jungen verzichtet.
Hätte sie sich darüber nicht freuen sollen? Doch bis heute war sie nicht dazu gekommen, mit Klaus Magnus zu sprechen. Warum bleibt er gerade in diesen Tagen aus, fragte sie sich. Warum ruft er nicht wenigstens einmal an?
Ich möchte ihm schreiben, überlegte sie weiter. Doch sie verwarf diesen Gedanken sogleich wieder. Nein, das sähe aus, als wollte sie Klaus Magnus an sich ketten und eine bindende Erklärung von ihm fordern oder ihn gar erpressen. Es gab keine andere Möglichkeit, als auf eine persönliche Begegnung zu warten.
Warten – warten – warten. Lilo lernte die ganze Qual des Wartens kennen. Außerdem spürte sie, dass ihr Mann auf eine Erklärung von ihr hoffte. Seine fragenden Blicke zehrten an ihren Nerven.
Kein Wunder, dass unter diesen Umständen weder Lilo noch Siegfried dem kleinen Jochen sonderlich Aufmerksamkeit schenkten. Beide waren so intensiv mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie Jochen kaum beachteten. Der Junge aber schlich still und bedrückt durchs Haus. Er aß nicht richtig, sprach nur das Nötigste und ließ seine Blicke immer wieder scheu zwischen den Eltern hin und her wandern. Seine unbekümmerte Fröhlichkeit war wie ausgelöscht. Es war, als habe Jochen die Rolle seines Pflegebruders Klaus übernommen.
*
Die Katze Heinrich zeigte eine deutliche Vorliebe für Klaus Magnus, der wieder einmal in Sophienlust zu Gast war. Heinrich strich schnurrend um die Beine von Klaus senior, während Klaus junior seine Reitkünste vorführte. Wie gewohnt beaufsichtigte Nick die Übungsstunde.
Von seinem Vater hatte Klaus ein schickes Reitzeug als Geschenk erhalten. Sicher führte er auf seinem Pony die Befehle aus, die Nick ihm erteilte.
»Nun noch ein paar Sprünge über die Stange«, sagte Nick. »Damit du es nicht verlernst, Klaus.«
Klaus nickte und streifte seinen Vater mit einem kurzen Blick. Schaute er auch zu? Dann trabte er an, legte sich vorschriftsmäßig im Sattel nach vorn und nahm das Hindernis mühelos.
»Ausgezeichnet«, lobte Nick ihn. »Nur weiter so. Gleich noch einmal.«
Der Bub kehrte an den Ausgangspunkt zurück und wiederholte den Sprung. Dann wurde der Unterricht beendet.
»Klaus wird einmal ganz große Klasse als Reiter«, äußerte Nick zu dessen Vater.
»Umso besser«, freute sich Klaus Magnus. »In Südafrika bekommt er sowieso gleich ein eigenes Pferd. Da wird ihm dein guter Unterricht noch zustatten kommen.«
Indessen versorgte der kleine Klaus sein Pony, wie es sich gehörte. Sein Vater bückte sich nach der schnurrenden Katze und nahm sie auf den Arm. Gedankenverloren streichelte er das Tierchen, das sich das nur zu gern gefallen ließ.
»Heinrich mag dich«, erklang unvermutet des Buben Stimme neben ihm. Klaus war unbemerkt zu seinem Vater getreten. »Bei jedem bleibt Heinrich nämlich nicht.«
»Nun, ich mag Heinrich auch«, erwiderte Klaus Magnus und vermied es, seinen Sohn anzuschauen, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen oder gar zu verscheuchen. Er war bei Klaus nie ganz sicher, wie er reagieren würde.
Zurzeit bestand zwischen Vater und Sohn eine Art Waffenstillstand. Hin und wieder fanden unverbindliche Unterhaltungen zwischen den beiden statt. Für Klaus Magnus, der nie zuvor einen wirklichen Kontakt zu Kindern gehabt hatte, war es ein besonderes Erlebnis, dass sich des Jungen Herz nach und nach ein wenig für ihn öffnete. Er war so stark mit dem Abenteuer, die Zuneigung seines Kindes zu gewinnen, beschäftigt, dass er in diesen Tagen kaum mehr an Lilo Werner und die langen Abende in ihrem Hause zurückdachte. Dass Lilo verzweifelt auf eine Nachricht von ihm warten könnte, kam ihm nicht in den Sinn.
»Stimmt es, dass ich ein Pferd kriegen würde, wenn ich …, wenn ich nach Südafrika ginge?«, fragte Klaus zögernd, denn er hatte die an Nick gerichtete Bemerkung seines Vaters gehört.
Nick murmelte etwas von ›nach den anderen gucken‹ und verzog sich. Für einen Jungen seines Alters besaß er erstaunlich viel Taktgefühl.
Klaus Magnus beantwortete die Frage seines Sohnes ausführlich. »Selbstverständlich bekommst du ein Pferd, Klaus. Das ist einfach nötig auf der Farm. Die Entfernungen sind sehr groß, und nicht alle Strecken lassen sich mit dem Auto zurücklegen, vor allem dann nicht, wenn der Boden aufgeweicht ist.«
»Hm, da muss ich mich tüchtig anstrengen.«
»Das tust du ja. Ich bin stolz, dass du jetzt schon so gut reitest.«
»Es macht Spaß. Aber was wäre mit Heinrich?« Auch jetzt umging Klaus eine direkte Anrede seines Vaters. So weit war man noch lange nicht.
Klaus Magnus fuhr fort, die Katze zu streicheln, und lächelte dazu. Aber er tat, als gelte seine Freundlichkeit einzig und allein Heinrich.
»Ich habe mich vorsichtshalber schon einmal erkundigt, Klaus«, versetzte er bedächtig. »Man muss Heinrich impfen lassen und sich eine besondere Genehmigung verschaffen. Wenn das alles in Ordnung ist, können wir Heinrich mitnehmen.«
»Das wäre gut.«
»Er würde sich bestimmt wohlfühlen bei uns«, wagte der Vater einen kleinen Vorstoß.
»Heinrich ist ein Mädchen – eine Sie. Dass du das immer wieder vergisst!«
Nun sahen sie einander an und begannen zu lachen.
»Entschuldige,